Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Morgen, Frau Ministerin! Das Kinderbetreuungsgeld ist ohne Frage eine der wichtigsten Familienleistun­gen, die wir haben, gerade für Jungfamilien. Es ist so, dass ja einerseits bereits eine neue EU-Richtlinie vorliegt, die klare Regelungen vorsieht, wie bei­spielsweise, dass beide Elternteile nicht übertragbare Anteile beim Kinderbetreu­ungsgeld haben sollen, dass andererseits 2024 aber auch – das wissen wir heute auch schon – die Geldleistungen entsprechend angepasst werden sollen. Da ist in Bezug auf das Kinderbetreuungsgeld – das ist ganz wesentlich – auch nicht vorgesehen, was es in Österreich gibt: dass Elternteile gleichzeitig dieses Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen können, also dass Mutter und Vater oder beide Elternteile zugleich beim Kind zu Hause sind.

Meine konkrete Frage ist:

233/M

„Welche konkreten Maßnahmen sind aus Ihrem Ressort angedacht die EU Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie angemessen umzusetzen und bis wann können wir mit einer Vorlage rechnen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Unsere Einschätzung ist etwas anders als Ihre, Herr Abgeordneter. Unser Haus hat sich das sehr genau angesehen: Das jetzige österreichische Modell im Bereich des Leistungsrechts – ich rede nicht vom Arbeitsrecht, sondern vom Bereich des Leistungsrechts, also Kinderbetreuungsgeld – geht eigentlich über die Anforderungen der EU-Richtlinie hinaus.

Gerne können wir uns noch einmal zusammensetzen und das, was Sie jetzt gesagt haben, noch einmal fachlich und inhaltlich prüfen. Wir sehen einen Handlungsbedarf im Bereich der arbeitsrechtlichen Karenzthematik. Daran arbeitet auch der Arbeitsminister, und er wird das sicherlich – natürlich in Absprache mit mir und im Rahmen der koalitionären Abstimmungen – zeitnah vorlegen. Da liegt aber die Zuständigkeit eben beim BMAW. Im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes und des Familienzeitbonus sehen wir keinen Anpassungsbedarf an die Richtlinie.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Ministerin, unterschiedlicher Meinung waren wir ja auch bei der indexierten Familienbeihilfe, und ich habe dann am Ende des Tages glücklicherweise Recht behalten.

Ich möchte aber beim Kinderbetreuungsgeld bleiben: Selbst wenn Sie bei der Richtlinie jetzt keinen Umsetzungsbedarf sehen – Themen einer modernen Familie, wie dass beide Elternteile gemeinsam, aber natürlich kürzer zu Hause bleiben können oder auch dass die Modelle so unkompliziert sind, dass man keine Familienberatungsleistung staatlich finanzieren muss, um die Leistung richtig zu erklären, zeigen ja, dass es einen grundsätzlichen Handlungsbedarf gibt.

Teilen Sie diese Einschätzung und haben Sie grundsätzlich, unabhängig von der Richtlinie, vor, das Kinderbetreuungsgeld in irgendeiner Form anzupassen, zu modernisieren, zu reformieren?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sie sehen ja, dass ich laufend auch Schritte setze, um Erleichterungen beim Kinderbetreuungsgeld vorzuneh­men. Grundsätzlich möchte ich also nur sagen, dass – das zeigt auch der letztjährige Familienbericht – die Familien grundsätzlich mit dem Kinderbetreu­ungsgeld zufrieden sind. Ja, es gibt viele verschiedene Varianten, was be­dingt, dass das System insgesamt ein bisschen komplex ist – da gebe ich Ihnen recht –, aber durch diese unterschiedlichen Varianten werden halt auch alle Familienkonstellationen irgendwie gut abgedeckt. Das ist die Rückmeldung aus den Zahlen über die Familien.

Wir haben ja gerade auch Reformen des Kinderbetreuungsgelds, des Familien­zeitbonus und so weiter auf den Weg gebracht, wobei Sie uns ja auch teil­weise – vielen Dank dafür – unterstützt haben. Ich bin immer bereit, dass wir Nachschau halten, wo wir moderner und flexibler werden können. Zwei kleinere Reformen haben wir ja jetzt auf den Weg gebracht. Ich bin gerne auch offen für Ihre Anregungen für die Zukunft, wo wir da noch besser werden können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Disoski. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Frage von Kollegen Bernhard bezog sich ja auf die EU-Richtlinie zur Ver­einbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben in der letzten Gleichbehandlungs­ausschusssitzung den Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft debattiert, den wir auch später noch im Plenum behandeln werden. Da sind fünf Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft gelistet. Diese Umsetzung der EU-Richtlinie ist eine Forderung, weitere Forderungen sind unter anderem auch das Verbandsklagerecht, eine bessere personelle Aufstockung der Gleichbehandlungsanwaltschaft, auch das Levelling-up.

Wir Grüne unterstützen alle Forderungen, die die Gleichbehandlungsanwalt­schaft in diesem Bericht erhebt. Gemeinsam haben wir schon einiges geschafft, insbesondere bei der Aufstockung der Planstellen für die Gleichbehand­lungsanwaltschaft.

Ich will Sie aber gerne fragen, Frau Ministerin: Die langjährigste und wichtigste Forderung der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist das Levelling-up. Was planen Sie denn da, um diese Forderung möglichst rasch und bundesweit umzu­setzen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich bin immer in ganz engem Kontakt mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Gleichbehandlungskommission. Ich habe deren Mittel jetzt auch personell und finanziell aufgestockt, weil ich de­ren Arbeit sehr schätze. Selbstverständlich prüfen wir immer auch die Vor­schläge, die in diesem Bereich natürlich sehr zentral im Bereich des Arbeits- und Wirtschaftsministers liegen, der ja letztens im Gleichbehandlungsausschuss auch Stellung dazu bezogen hat.

Es gibt auch auf EU-Ebene dahin gehend Überlegungen und Vorschläge, aber solange sozusagen auf EU-Ebene die Richtlinien oder die Überlegungen zwischen den europäischen Mitgliedstaaten nicht weiter gediehen sind, so auch der Arbeitsminister, wird es da keinen konkreten Vorstoß geben. Selbst­verständlich, das hat auch der Arbeitsminister gesagt, ist man aber immer offen für eine gesamtgesellschaftliche Diskussion.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Herr. – Bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Er­stellung des Nationalen Aktionsplans zur EU-Kindergarantie und dessen Präsentation wurden ursprünglich für März 2022 terminisiert. Bis heute ist uns dazu keine Fertigstellung oder keine sonstige Information bekannt. (Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Raab.) – Ich wiederhole es gerne: Der Na­tionale Aktionsplan zur EU-Kindergarantie war für März 2022 terminisiert.

Ich mache die Frage kurz: Was ist passiert? Warum verzögert sich diese Fertigstellung? Wir glauben, dass es eher dringlich notwendig ist, diesen fertig­zustellen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich weiß, dass da auch mit ande­ren Ressorts schon eine Kontaktaufnahme stattgefunden hat, weil es ja eine kompetenzüberschreitende Maßnahme oder eine Querschnittsmaterie ist. Das ist auch weiterhin in der Verwaltung in der Prüfung, auch in Abstimmung mit der EU-Kommission, weil das ja sozusagen etwas Europäisches ist, das nicht nur aus Österreich heraus fertiggestellt werden kann.

Gerne werde ich diesbezüglich noch einmal in der Verwaltung nachfragen und Ihnen eine Antwort nachreichen. (Abg. Herr: Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Jachs. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Schönen guten Morgen, Frau Bundesministerin! Alle Eltern wissen es: Der Spagat in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist oft ein sehr, sehr schwieriger. Wir haben jetzt auch schon über die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen.

Mich würde jetzt noch interessieren: Welche Maßnahmen – und ich weiß, das sind viele – setzen Sie auf nationaler Ebene, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, wir brauchen sozusagen den Rahmen im Bereich der rechtlichen Möglichkeiten, aber wir brauchen auch das Bewusstsein und wir brauchen auch die Wirtschaft auf unserer Seite, das halte ich für sehr wichtig.

Ich sehe auch, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer sehr viel auf dieses Thema setzen, weil sie alle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten wol­len. Daher haben wir gemeinsam mit den Unternehmen auch viele Maßnahmen gesetzt, beispielsweise das Netzwerk Unternehmen für Familien, den Staats­preis Familie und Beruf. Es gibt die Zertifizierung von familienfreundlichen Unternehmen, Gemeinden, Universitäten, mit der eben auch speziell auf die Ver­einbarkeit von Familie und Beruf abgestellt wird. Die 15a-Vereinbarung habe ich bereits genannt.

Wie gesagt war es ja ein Herzensanliegen von mir, dass wir im Eltern-Kind-Pass auch eine Art Familienberatung mit Vereinbarkeitsfokus einführen, damit man sich, wenn man das erste Mal in dieser Situation ist, auch einfach einmal als Familie gemeinsam mit einer Familienberaterin zusammensetzt und über­legt: Wie kann man es denn gemeinsam gut schaffen, die Familie in den Fokus zu stellen? – Das Gemeinsame ist mir wichtig, und das werden wir im neu­en Eltern-Kind-Pass auch tun.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Totter. – Bitte sehr.