12.22

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Ministerinnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt an Frauen und Kindern hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Frauen, aber eben auch Kinder, leiden meist im Stillen in einem – oftmals familiären – gewalttätigen Umfeld.

Vielen Frauen fehlt aber der Mut und auch die Kraft, sich an jemanden oder eben an eine Stelle, die hilft, zu wenden. Es ist aber nicht nur der Mut, der fehlt, sondern es ist schlicht die Angst, die diese Frauen lähmt. Es ist die psycho­logische Komponente der Frauen, die sich selbst die Schuld an der ihnen zuge­fügten Gewalt geben, die denken, sie hätten es verdient, und dem Tä­ter leider auch Glauben schenken, wenn er sagt, er tut es nie wieder. Es ist die Schuldfrage, die Kinder nicht differenzieren können, folglich wissen sie nicht, dass es falsch ist, dass ihnen Gewalt angetan wird.

Fangen wir bei uns an! Wenn wir heute von häuslicher Gewalt hören, denken wir daran, betroffene Frauen und Kinder nicht im Stich zu lassen. Gerade die jetzt so besinnlichen Feiertage sind für viele Frauen und Kinder alles andere als besinnlich. Sie sind erfüllt von Zorn, Wut und Schlägen. Helfen wir! Oder hören wir zumindest auf, darüber zu urteilen, diese Frauen und die Gewalt, die ihnen angetan wird, zu verurteilen.

Was meine ich damit? – Oftmals, wenn ich mit jemandem darüber spreche, fallen relativ rasch Sätze wie: Na selber schuld, sie geht ja nicht!, oder: Es liegt ja an ihr, denn sie hätte es ja in der Hand, zu gehen! – Nein, diesen Frauen wurde die Kraft genommen. Sie fühlen sich machtlos, erbärmlich und sind oftmals be­schämt. Es ist eine gesellschaftliche Pflicht, zu sagen: Diese Frauen und Kinder brauchen Hilfe!, und: Ich helfe! Eben deswegen braucht es eine breite Offen­sive, die nicht nur Betroffenen eine Hilfeleistung bietet, sondern auch Menschen darauf aufmerksam macht, zu sagen: Ich halte mich da nicht raus, ich leiste Hilfe, ich habe genau diesen Mut, der diesen Frauen genommen wurde, und helfe!

Wenn wir jetzt den Umstand haben, dass jede dritte Frau schon einmal Opfer von häuslicher Gewalt geworden ist, ist alleine hier in diesem Hohen Haus schon einmal jeder von uns damit konfrontiert worden, dass Frauen und Kinder Hilfe brauchen. Schauen wir daher nicht weg, schauen wir hin und helfen! Ich bin wirklich der festen Überzeugung, dass gerade Frauen mit Kindern kaum selbstständig Hilfe in Anspruch nehmen und daher darauf angewiesen sind, dass man ihnen von außen hilft. Sonst bleiben sie bei ihrem Partner, da diese Menschen oftmals unheimlich manipulativ sind und mehr Macht über diese Frauen haben, als ein Außenstehender denken mag. Ja, das zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten.

Bei allem, was heute an Positivem genannt wurde, fehlt mir einmal mehr die psychologische Komponente. Frauen müssen nicht nur davon überzeugt werden, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen, sondern sie müssen auch dabei unterstützt werden, nicht mehr zum gewalttätigen Partner zurückzukehren. Nicht nur die sichtbaren Wunden müssen heilen, sondern auch die See­len der Frauen, aber auch die Seelen der Kinder. Dieser Aspekt darf nicht ver­nachlässigt werden. Mit häuslicher Gewalt aufzuwachsen macht etwas mit einer Kinderseele, daher darf der psychologische Aspekt neben dem Ausbau der Gewaltambulanzen nicht vernachlässigt werden.

Ich kann es nur noch einmal sagen: Auch wenn man es von außen nicht sieht, zieht es sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Gewalt kennt keine gesellschaftlichen Schichten. Gewalt kennt eben nur Gewalt, daher liegt es an uns, an uns als Zivilpersonen, zu handeln, damit Gewalt an Frauen und Kindern kein Tabuthema und auch keine Stigmatisierung mehr ist.

Ich denke, man wird nicht jede von Gewalt betroffene Frau mit einer Notfall­nummer oder einer Informationskampagne erreichen können. Daher ist es wichtig, Bewusstsein zu schaffen, wie viel jeder Einzelne von uns tun kann, um kein von Gewalt betroffenes Kind oder keine von Gewalt betroffene Frau im Stich zu lassen, mit der Gewalt – oftmals im eigenen Zuhause – alleinzulassen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

12.26

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.