13.18

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, Sie haben vorhin gesagt, Sie freuen sich über diese Reform. – Ich kann das nicht sonderlich nachvollziehen, ich weiß aber, wer sich mit Ihnen freut: Das ist der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz, denn das, was Sie heute hier beschließen wollen, ist nichts anderes als die Sicherungshaft, die sich Sebastian Kurz so dringend gewünscht hat. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was besonders skurril ist, ist – das haben Sie jetzt gerade selbst hier gesagt; Sie haben sich hier hingestellt und haben Folgendes gesagt –: Na ja, die ist eh EMRK-konform! – Na ja, es wäre ja noch schöner, wenn es nicht so wäre! Ich er­warte mir doch von einer Justizministerin, dass sie Gesetze vorlegt, die den Menschenrechten entsprechen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das zu betonen ist so skurril, das ist unfassbar.

Es gibt, Sie haben es richtig ausgeführt, da einen Paragrafen über die soge­nannten gefährlichen Rückfallstäter, der im Übrigen de facto totes Recht ist. Ich erinnere an unsere Konversation im Ausschuss: Ich habe das gesagt, Sie ha­ben den Kopf geschüttelt und haben später, um den Beweis anzutreten, dass das nicht totes Recht ist, gesagt, es gebe momentan eine Person, die nach die­sem Paragrafen in Haft sitzt. – Na gut, das ist ein einigermaßen schlechter Be­weis, um zu sagen, dass es nicht totes Recht ist.

Niemand versteht, wieso Sie den erweitern: Nicht nur ich nicht, sondern auch alle Expertinnen und Experten verstehen es nicht – Sie haben die Stellung­nahmen sicher gelesen. Die Richter:innenvereinigung sagt, sie versteht das nicht, Professoren der Universität Wien sagen, sie verstehen das nicht, Professoren der Universität Innsbruck sagen, sie verstehen das nicht, die Rechtsan­waltskammer sagt, sie versteht das nicht, die Vereinigung der Strafverteidi­ger:innen versteht das nicht und, und, und.

Eine dermaßen fakten- und wissensfreie Politik habe ich von den Grünen so noch nicht erlebt. Ich habe immer gedacht, es ist Ihnen wichtig, dass Sie Politik in Bezug auf Fakten und Wissen machen. Es ist offensichtlich nicht so. Ich habe mich da getäuscht. (Abg. Prammer: Das hätte ich von euch auch erwartet!)

Was auch noch skurril ist: Das, was Sie machen, ist reine Anlassgesetzgebung. Ich habe auch da einen ehemaligen Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, im Ohr, den ich sehr geschätzt habe und der in Bezug auf das Strafrecht gesagt hat: Wir dürfen keine Anlassgesetzgebung machen. – Das, was Sie tun, ist reine Anlassgesetzgebung.

Ich sage Ihnen aber etwas: Es kommt noch besser. Der Anlass, weswegen wir hier überhaupt über diese ganze Sicherungshaft diskutieren, ist das grauenhafte Attentat vom 2. November in Wien. Ohne dieses Attentat hätte es diese Debatte nie gegeben. Sie suggerieren, dass Sie dieses Attentat mit Ihrer Reform hätten verhindern können. Das ist aus zwei Gründen sehr skurril. Der erste ist: Wir wissen, das Attentat wäre zu verhindern gewesen. Wir wissen, wenn der Verfassungsschutz auf das gehört hätte, was die slowakischen Behörden ihm geschickt haben, wäre es unproblematisch gewesen, jemanden, der schon einmal verurteilt war, wegen einer terroristischen Straftat auch entsprechend ins Gefängnis zu bringen. Es war reines Behördenversagen. (Beifall bei den NEOS so­wie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Das ist auch genau das, was die Kommission, die Sie eingesetzt haben, gesagt hat. Es gibt einen Bericht der Zerbes-Kommission, der nichts anderes sagt. Man muss sich ja immer die Frage stellen: Wieso setzen wir solche Untersu­chungskommissionen ein, wenn wir nachher nicht auf sie hören? Die Kommis­sion kommt übrigens auch zu einem Schluss, der im Gegensatz zu ihrem steht. Die sagt nämlich explizit, es braucht keine Unterbringung von irgendwel­chen Gefährdern.

Der zweite Grund ist aber noch skurriler: Mit dem, was Sie da vorschlagen, hät-ten Sie überhaupt keine Handhabe gegen diesen Attentäter gehabt. Sie haben es vorhin ausgeführt: Es braucht zwei Taten – es braucht eine Vortat und es braucht eine Anlasstat. Der Attentäter von Wien hatte davor eine Tat begangen. Er ist wegen einer terroristischen Straftat verurteilt worden, weil er sich auf den Weg nach Syrien zum IS gemacht hat. Es gab aber keine Vor­tat. Sie hätten ihn mit dem, was Sie da vorschlagen, nie einsperren können. Das ist doch total skurril, dass Sie eine Anlassgesetzgebung machen, mit der Sie den Anlass, über den Sie sprechen, nicht einmal hätten verhindern können. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist eine Anlassgesetzgebung, eine Symbolgesetzgebung in einem so sensiblen grundrechtlichen Bereich, und all das, ohne dass Sie damit gegen den konkreten Anlass irgendetwas hätten tun können. (Abg. Loacker: Ich glaube, sie will zur ÖVP wechseln!) Das ist vollkommen faktenbefreit. Das ist vollkommen sinnbefreit und ein Abgesang auf das, wofür die Grünen einmal gestanden sind, nämlich dafür, evidenzbasierte Politik zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

13.22

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.