15.06

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie! Werte Kollegen und Kolleginnen! – „Das sind Wahnsinnige, die gerne töten“, sagte gestern ein russischer Deserteur. Diese Aussage erschreckt uns, weil sie uns vor Augen führt, dass es tatsäch­lich Menschen gibt, die imstande sind, bei vollem Bewusstsein anderes Leben nicht nur zu bedrohen, sondern auch auszulöschen.

Da geht es nicht nur um die Brutalität und die Bestialität dahinter, sondern was uns besonders erschreckt, ist die Systematik dieser Vernichtung. Sie wer­den wissen: Mehr als 450 Menschen wurden allein in Butscha brutal umgebracht, und die Situation in der Ukraine ist gerade jetzt wirklich eine tra­gische. Die Freundschaftsgruppe war dort und hat mit eigenen Augen gesehen, wie man systematisch versucht, Menschen auszuhungern, Menschen zu vertreiben, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und sie vor allem auch aus ihren Häusern zu vertreiben, aus ihrer Heimat zu vertreiben – und ja: Es gibt eine gewisse Kontinuität.

Wie vor 90 Jahren Millionen Menschen ihr Leben durch Hunger verloren haben, so versucht der neue Stalin – Putin – auch wieder, die Ukrainer zu vertreiben, zu vernichten, und spricht ihnen schlicht die Existenz ab. Deswegen diskutieren wir ja auch den Holodomor heuer besonders: nicht nur aufgrund des 90-jäh­rigen Jubiläums, sondern, wie Sie richtig gesagt haben, weil wir jetzt vor Augen geführt bekommen, dass diese Geschichte sich wiederholt.

Der Holodomor war sicherlich ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, aber aus meiner Sicht, historisch-politisch gesehen, auch ein Völkermord an diesen Millionen von Menschen. Der Europarat hat gerade erst heute das auch als Völkermord anerkannt – eben mit dem Verweis, dass vieles im Archiv verschlossen ist, dass vieles gerichtlich nicht verurteilt werden konnte, wir das aber politisch klar einordnen müssen.

Ich freue mich sehr, weil wir hier um die Worte gerungen haben, aber das Verständnis ist ein gemeinsames: dass es sich um ein Verbrechen handelt und dass wir dieses Verbrechen jetzt, 90 Jahre danach, nicht zulassen dürfen und auch nicht zulassen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

15.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.