15.21

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Es war Andrij Jermak, der Kanzleichef des ukrainischen Präsidenten, der diesen neuen Begriff des Cholodomor – mit Ch – verwendet hat. Es geht ihm darum, diesen Tod durch Erfrieren, wie es Wladimir Putin gerade versucht, dieses Verbrechen am ukrainischen Volk irgendwie neu einzufassen. Die ganze Art und Weise, wie Putin diesen Krieg führt, ist deswegen so besonders perfide, weil das – und deswegen debattieren wir das hier 90 Jahre nach dem Holodomor, nach dem Tod durch Hunger – eben zusammenfällt.

Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, hier fraktionsübergreifend einen Antrag zustande zu bringen, der den Holodomor – also historisch gesehen – als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet und dazu aufruft, dass wir uns als Österreich dafür einsetzen, dass solche Verbrechen – wenn man versucht, Menschen mit Hunger zu töten – in Zukunft nicht mehr passieren.

Ich wäre aber auch davon überzeugt gewesen, dass wir den Holodomor als das hätten bezeichnen sollen, was er eigentlich war, nämlich ein Völkermord. Das haben andere Parlamente, wie Kollege Engelberg schon gesagt hat, schon gemacht. Explizit hat heute das Europäische Parlament den Holodomor als das bezeichnet, was er war, nämlich ein Völkermord.

Jetzt kann man sagen, wenn man sich das historisch anschaut, ist das ein sym­bolischer Akt, wenn wir uns zusammenstellen und sagen: Das, was vor 90 Jahren war, war das oder jenes. Es hat aber deswegen so große Relevanz, weil es diese großen Parallelen zur jetzigen Situation hat. Kollege Brand­stätter hat das, glaube ich, schon sehr eindrucksvoll gesagt, wie in der Ukraine momentan gegen die Ukraine Krieg geführt wird. Genau deswegen hat es so große Relevanz, weil es für uns als westliche Demokratie die Möglichkeit gibt, zu zeigen, auf wessen Seite wir stehen, wenn wir hier Dinge klar einordnen. Und ich bin überzeugt davon: Es kann in der Situation nur eine Seite geben. Das ist auf der Seite des Friedens, auf der Seite der Freiheit, auf der Seite der Demokratie, und das heißt natürlich auf der Seite der Ukraine. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner.)

Die Parallelen sind so evident, weil dieser Hungermord eben nicht irgendwelche Naturgewalten waren, sondern weil Stalin das ganz bewusst eingesetzt hat, um ein Volk, um Mitglieder einer Bevölkerung in der Ukraine durch Hunger zu töten. Jetzt ist es halt Wladimir Putin. Er macht nicht genau das Gleiche, er macht es ein wenig anders. Er beginnt, Energieinfrastruktur zu zerbomben und Leute durch Erfrieren umzubringen.

Ich glaube, es ist relevant, dass wir aus der Geschichte lernen. Es ist relevant und wichtig, dass wir das, was wir aus der Geschichte lernen, auch entsprechend benennen; und es ist umso relevanter, dass wir es in Zeiten benennen, in denen die Parallelen zu dem, was jetzt passiert, so offensichtlich sind. Deswegen wäre ich der Meinung gewesen, dass wir es als das hätten bezeichnen sollen, was es war, nämlich ein Völkermord. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Steinacker.)

15.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gerstl. – Bitte sehr.