16.01

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt den Antrag der Regie­rungsparteien betreffend den Schutz aller ethnischen, kulturellen und religiösen Minderheiten auf der ganzen Welt. Jetzt denkt man sich wahrscheinlich: Man kann gegen so einen Antrag eigentlich nichts haben, wir alle wünschen uns ja wirklich von Herzen den Weltfrieden.

Wir sind aber doch der Meinung, dass man in solche Anträge, wenn sie einen gewissen Sinn haben sollen, wenn sich jemand angesprochen fühlen soll, wenn jemand unterstützt werden soll, konkrete Anliegen einbauen muss, sich für eine bestimmte Region oder eine bestimmte Minderheit entscheiden muss, die man auch im Antrag erwähnt.

Wir gehen bei diesem Antrag nicht mit, wir bringen einen eigenen Antrag ein und greifen ein Thema auf, das Sie in Ihrem Antrag auch drinnen hatten. Wir sprechen uns in unserem Antrag gegen die Christenverfolgung aus. Das ist leider ein großes Thema, gerade in der islamischen Welt nimmt die Verfol­gung der Christen von Jahr zu Jahr zu.

Das ist eigentlich auch ein Thema im aktuellen Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen. Dort steht drinnen, man werde sich dem „Kampf gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten, insbesondere christlicher Minderheiten“, widmen. Dieses Thema wollen wir hier ausdrücklich aufgreifen, wir wol­len das Kind beim Namen nennen, und das tun wir in unserem Antrag, weil uns die Christen besonders am Herzen liegen, weil sie uns besonders nahe sind und weil sie in Ländern wie – viele davon sind die Herkunftsländer der Einwanderer nach Europa – Afghanistan, Somalia, Eritrea oder Nigeria sehr gefährlich leben. Sie müssen unter unfassbarer Unterdrückung leiden, und das wollen wir hiermit thematisieren.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auftreten gegen Christenverfolgung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich sowohl auf EU-, als auch auf bi- und multilateraler Ebene und insbesondere nationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christen einzusetzen.“

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Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Auftreten gegen Christenverfolgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14., Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung (1855 d.B.), in der 191. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. Dezem­ber 2022.

Der Weltverfolgungsindex (WVI),1 eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen der stärksten Verfolgung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens ausgesetzt sind, wird jährlich von Open Doors, einem internationalen, überkonfessionellen und christ­lichen Hilfswerk, veröffentlicht. Das österreichische Regierungsprogramm ver­spricht zwar den „internationalen Beitrag im Kampf gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten, insbesondere christlicher Minderheiten“ als inhaltlichen Schwer­punkt, es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern dieses Versprechen eingelöst wurde. Um entschieden gegen Christenverfolgung auftreten zu können, braucht es einen klaren Fokus und entschiedenes Auftreten, statt unverbindlicher Mehrdeutig­keiten.

Gemäß Open Doors gab es im letzten Jahr eine starke Zunahme der Verfolgung und Diskriminierung von Christen weltweit. 360 Millionen Christen seien im vergan­genen Jahr aufgrund ihres Glaubens in hohem Maß von Unterdrückung, Kon­trolle und Gewalt betroffen gewesen; das sind um 20 Millionen mehr als im Jahr da­vor. Die Zahl entspricht einem von sieben Christen weltweit. Dieses Jahr ver­zeichnet die höchste Verfolgungsrate seit der Veröffentlichung der ersten Liste vor 29 Jahren.2

Im Berichtszeitraum wurden 5.898 Christen wegen ihres Glaubens ermordet. Das bedeutet eine Zunahme von 1.137 Morden gegenüber dem Vorjahr und einen Anstieg um 24 %. Außerdem wurden 6.175 Gläubige ohne Gerichtsverfahren festgenommen, verurteilt oder inhaftiert sowie 3.829 entführt. Es wurden zudem 5.110 Kirchen und andere christliche Gebäude (Schulen, Klöster usw.) ange­griffen und entweiht. Wenn man diese Zahlen zu Tagesdurchschnitten zusam­menrechnet, bedeutet die obige Statistik, dass jeden Tag rund um die Welt mehr als 16 Christen wegen ihres Glaubens ermordet wurden; 27 wurden entweder von nichtchristlichen Behörden rechtswidrig festgenommen und inhaftiert oder von nichtchristlichen Akteuren entführt; und 14 Kirchen wurden zerstört oder entweiht.

Zum ersten Mal seit Veröffentlichung des WVI ist Afghanistan für Christen der ge­fährlichste Ort der Welt. Außerdem wurden zehn weitere Staaten ob der vor­herrschenden „extremen Verfolgung“ in dieser gefährlichsten Kategorie verortet: Nordkorea (#2), Somalia (#3), Libyen (#4), Jemen (#5), Eritrea (#6), Nige­ria (#7), Pakistan (#8), Iran (#9), Indien (#10) und Saudi-Arabien (#11). Es ist eine beunruhigende Entwicklung, dass die Zahl der weltweit verfolgten Christen jährlich ungebrochen zunimmt:

•     2017 wurden 215 Millionen Christen verfolgt.

•     2018 wurden 245 Millionen Christen verfolgt. (+14 %)

•     2019 wurden 260 Millionen Christen verfolgt. (+ 6 %)

•     2020 wurden 340 Millionen Christen verfolgt. (+ 31 %)

•     2021 wurden 360 Millionen Christen verfolgt. (+ 6 %)

Raymond Ibrahim formuliert für das Gatestone Institute eine darauf basierende pointierte Kritik: „Bemerkenswert ist, dass die „extreme Verfolgung“, der Christen in neun dieser 11 schlimmsten Nationen ausgesetzt sind, entweder von islami­scher Unterdrückung herrührt oder in Nationen mit muslimischer Mehrheit stattfin­det. Diese Situation bedeutet, dass 82 % der absolut schlimmsten Verfolgun­gen im Namen des Islam stattfinden. Dieser Trend wirkt sich auf die gesamte Liste aus: Die Verfolgung, die Christen in 39 der 50 Nationen auf der Liste erfahren, kommt entweder von islamischer Unterdrückung her oder tritt in Nationen mit mus­limischer Mehrheit auf. Die überwältigende Mehrheit dieser Nationen wird von irgendeiner Form von shari'a (islamisches Recht) regiert. Sie kann entweder direkt von der Regierung oder der Gesellschaft oder häufiger von beiden durchgesetzt werden, obwohl Gesellschaften – Familienmitglieder, die insbesondere über konver­tierte Verwandte empört sind – tendenziell eifriger in ihrer Anwendung sind.“3

Das Ausmaß der Christenverfolgung befindet sich jedoch auch in Westeuropa auf einem Allzeithoch. Laut dem jüngsten Bericht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 16. November 2021 war mindestens ein Viertel aller im Jahr 2020 in Europa registrierten und auf Vorurteilen basierende Ver­brechen gezielt antichristlich motiviert – was einem Anstieg von 70 % im Vergleich bis 2019 entspricht.4

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich sowohl auf EU-, als auch auf bi- und multilateraler Ebene und insbesondere nationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christen einzusetzen.“

1      https://www.opendoors.de/sites/default/files/copyright_open_doors_2022_wvi_bericht_signiert.pdf

2       https://www.opendoors.at/index

3       https://de.gatestoneinstitute.org/18370/christen-weltweit-verfolgt

4       https://hatecrime.osce.org/anti-christian-hate-crime, https://www.intoleranceagainstchristians.eu/publications/top-5-report-2020#c73

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.