16.23

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Wir diskutieren jetzt den Außen- und Europapolitischen Bericht des Jahres 2021. Ich werde jetzt weniger auf diesen eingehen, aus einem einfachen Grund: weil natürlich die Themen, die im Außenpolitischen Be­richt 2021 von Relevanz sind, auch in das Jahr 2022, in die Zukunft ausstrahlen und ich mich auf ein spezielles Thema – es wird jetzt nicht verwunderlich sein, welches das sein wird – fokussieren möchte, nämlich das Sanktionsregime aus Anlass des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.

Einleitend möchte ich auf etwas eingehen, was Sie sicher sehr gut kennen, nämlich das im November 2022 präsentierte „Handbuch Außenpolitik Österreichs“, ein 791 Seiten dickes Werk, vorgestellt auf der Diplomatischen Akademie. Da sind mir ein paar interessante Zitate aufgefallen, insbe­sondere jenes, dass die österreichische Außenpolitik – das steht sogar in dem Handbuch selbst – nicht von einer Gesamtstrategie geleitet ist: Öster­reich verfügt „über kein grundlegendes Strategiedokument, das sich mit der Priorisierung von Interessen und Zielen, mit der Evaluation von Heraus­forderungen und Möglichkeiten sowie mit der Gestaltung von Maßnahmen für die gesamte Außenpolitik befasst“.

Es gibt also keine Gesamtstrategie, die sich damit befasst, Interessen zu ver­treten. Nach unserem Selbstverständnis ist Außenpolitik prioritär Inter­essenpolitik: Verteidigung auf allen Ebenen, Verteidigung oder Wahrung der Interessen der österreichischen Bevölkerung, Wirtschaft et cetera. Da herrscht offensichtlich ein Mangel an Strategie.

Ich glaube aber schon, dass das Ganze nicht völlig strategielos ist. Wenn ich Sie bei Ihrem Antrittsstatement richtig verstanden habe – bitte korrigieren Sie mich, wenn ich das jetzt gänzlich falsch wiedergebe! –, fußt Ihre Außenpolitik auf drei Säulen, nämlich der ersten Säule – unbedingtes Bekenntnis zum trans­atlantischen Bündnis –, der zweiten Säule – Kampf für die Umsetzung der Men­schenrechte – und der dritten Säule – Kampf gegen jede Form des Antisemi­tismus. Ich denke, ich habe das inhaltlich doch einigermaßen erfasst.

Ich möchte feststellen, dass Sie es bei dem unbedingten Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis aus unserer Sicht etwas übertreiben. Jeder von uns Freiheitlichen mag die USA, die Republikaner vielleicht etwas mehr als die Demokraten. Grundsätzlich mag die Freiheitliche Partei, mag jeder Freiheitliche die Vereinigten Staaten von Amerika. Noch viel mehr mögen wir allerdings Europa, und am meisten mögen wir die Republik Österreich. Da gibt es mögli­cherweise Zielkonflikte, und darauf möchte ich jetzt aus Anlass der Sank­tionspolitik eingehen.

Das ist ja das, was Sie machen: Sie beteiligen sich unter Missachtung der verfas­sungsrechtlich vorgegebenen Neutralität der Republik Österreich mit Ih­rem Sanktionsregime ganz intensiv und einseitig an diesem Wirtschaftskrieg. Sie beteiligen sich massiv an den Milliardenzahlungen. 18 Milliarden Euro sind jetzt wieder beschlossen worden – offensichtlich hat man jetzt die Ungarn auch in die Knie gezwungen, dass sie diesem Paket zustimmen. Sie erzählen uns, dass damit in keinster Weise etwa militärisches Gerät oder Ähnliches finanziert wird. Da müssen Sie es schon uns überlassen, ob wir Ihnen das glauben oder nicht. Sie erzählen uns auch, dass die Ausbildungsmissionen in der Ukraine für das Militär, die wir als Republik auch mit 3 Millionen Euro sponsern, mit der Neutralität vereinbar sind. Das sind sie nicht!

Die „Highlights“ – unter Anführungszeichen –, die negativen Highlights dieser wirtschaftlichen Sanktionen sind das Ölembargo, wirksam mit 5. Dezember, und das Dieselembargo, wirksam mit 5. Februar 2023; da wird es dann wahr­scheinlich ganz finster werden.

Der Herr Bundeskanzler erzählt uns, dass unsere Abhängigkeit von russischem Öl und fossilen Brennstoffen von 80 auf 20 Prozent gesenkt wurde. Da sagt der scheidende Generaldirektor der Energie AG in Oberösterreich, Werner Steinecker, etwas ganz anderes. Jetzt bleibt es einem unbenommen, wem man da eher glaubt – ich glaube dem Experten eher. Er sagt, die Senkung auf 20 Prozent stimmt so nicht, es sind bestenfalls 40 bis 50 Prozent. Wa­rum? – Weil da Etikettenschwindel betrieben wird. Über andere Länder werden Öl und Gas nach Europa transferiert, über die Türkei, Indien und so weiter – und dann ist es schon kein russisches Gas mehr. Selbstverständlich ist es russi­sches Gas! Sie belügen sich da in Wahrheit selbst. Das wäre noch nicht so dramatisch, aber gegenüber der Bevölkerung sollten Sie schon bei der Wahrheit bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Und dann wundern Sie sich, dass Russland Gegenreaktionen macht – na ja, selbstverständlich! –, die im Übrigen eh noch sehr harmlos ausfallen, und wundern sich, dass der Gaspreis durch die Decke geht, weil Sie nicht in der Lage sind, da etwas zustande zu bringen. Wenn ich „Sie“ sage, meine ich Sie als Außenminister, aber selbstverständlich auch den letztverantwortlichen Bundeskanzler Nehammer, weil die Außenpolitik ja – das steht auch im „Handbuch Außenpolitik Österreichs“ und wird in diesem auch kritisiert – nicht nur vom Außenministerium gemacht wird, sondern von verschiedenen Minis­terien, in letzter Zeit sehr vermehrt auch vom Klimaministerium. Selbstverständlich liegt die Letztverantwortung beim Bundeskanzler.

Sie schaffen es seit einem halben Jahr nicht, diese Entkoppelung von Gas- und Strommarkt – Stichwort Meritorder – zustande zu bringen, verweisen immer darauf, die Kommission wird im Jänner einen Vorschlag machen. Das bringt uns alles nichts: Die Gaspreise explodieren.

An die Grünen sei vielleicht ein Nebensatz gerichtet: Bitte hören Sie auf mit Ihrer Geschichte, dass es möglich sei, Kohle, Öl, Gas – die fossilen Brennstoffe – kurz-, mittel- oder gar langfristig durch Erneuerbare zu ersetzen, wenn Sie mei­nen, das mit Wind und PV mit Masse zu schaffen – mit der Wasserkraft haben Sie ja ein Problem, weil Sie Wasserkraftwerke verhindern, siehe Graz, siehe Schwarze Sulm, siehe was auch immer. Das ist ganz schwierig.

Ich will jetzt nicht wie Kollege Hauser ein Taferl herzeigen, sondern ich werde Ihnen ein paar Zahlen sagen: Bruttoinlandsverbrauch - - (Abg. Stögmül­ler: ... Redeminuten ...!) – Bitte? (Abg. Stögmüller: Solange die Redeminuten hinun­terrasseln, ist alles okay!) – Ja, machen Sie sich bitte keine Sorgen über un­sere Redeminuten!

Inlandsenergieverbrauch: ungefähr 400 Terawattstunden. Wie viel Prozent da­von werden von Ihren Windrädern und Fotovoltaikanlagen abgedeckt? – 1,7 und 0,7 Prozent. Selbst wenn Sie das verdreifachen – dann müssten Sie aber ganz Österreich mit Windrädern und Fotovoltaikanlagen zupflastern – sind wir bei 5 Prozent. Kohle: 8 Prozent, Öl: 35 Prozent, Gas: 22 Prozent. Erzählen Sie uns bitte nicht, Sie können das mit Erneuerbaren kompensieren! Hören Sie auf mit dieser Geschichte! (Beifall bei der FPÖ.)

Da aber Kollege Stögmüller sich schon um unsere Redezeit Sorgen macht, komme ich zum Schluss: Wie gesagt ist für uns Freiheitliche Außen­politik zuallererst Interessenpolitik – Interessenspolitik für unsere Menschen, für unsere Bevölkerung, für unsere Wirtschaft, für unsere Industrie. Was ich hier (in Richtung Regierungsbank weisend) sehe: Ich sehe keinen Bundeskanzler und ich sehe auch keinen Außenminister, der eine Außenpolitik im prio­ritären Interesse der Republik Österreich, seiner Bürger, seiner Industrie und seiner Wirtschaft macht.

Was ich in vielen Bereichen sehe, nämlich im Sanktionsregime, im Migrations­bereich, in Ihrer Migrationspolitik, in Ihrer Klimapolitik, in Ihrer Erweite­rungspolitik – bei der Sie nun sagen, wir nehmen jetzt den ganzen Balkan und die Ukraine auf und so weiter; das wird sich am Ende so nicht ausgehen –, ist eine Außenpolitik, die eben nicht diese Interessen vertritt, die aus unserer Sicht verkehrt ist, die falsch ist und die auf die Österreicher vergisst und die Österreicher ökonomisch und sozial im Regen stehen lässt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopat­ka. – Bitte.