17.48

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses und auch Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich verfolge schon den ganzen späteren Nachmittag und frühen Abend die außenpolitische Debatte, und es ist uns ja gelungen, diesen Brasilienantrag zumindest über die Geschäftsordnung auch ins Plenum zu bekommen, letztlich im Ausschuss auch darüber abzustimmen, und deswegen sind wir auch in der Lage, heute hier darüber zu diskutieren.

Es ist eigentlich schade, dass man vonseiten des offiziellen Österreichs, des Außenministeriums, die 200-Jahr-Feier oder die Unabhängigkeit Brasiliens mehr oder weniger vergessen hätte, angenehm einschlafen lassen hätte. Ich erin­nere daran, dass man schon seit Jahren darauf vergessen hat, nicht erst wegen Bolsonaro, ja, denn ich kann mich erinnern, dass Ihr Vorgänger (in Richtung Bundesminister Schallenberg) ja auch auf Lateinamerika vergessen hat, insbeson­dere darauf, auf den Big Player zu schauen. Damals war dort noch ein ganz anderer Präsident und man hat betreffend diesen Punkt relativ wenig gemacht.

Wir haben das eben durch das Einbringen eines sehr wohldurchdachten, wohltemperierten, würde ich sagen, ausgewogenen Antrages konterkariert, der im Vorfeld auch mit vielen Stakeholdern besprochen worden ist. Man kann, glaube ich, mir und meiner Fraktion in diesem Punkt überhaupt nicht den Vor­wurf machen, wir hätten uns nicht um eine gemeinsame Lösung, einen gemeinsamen Antrag bemüht. Ich habe bilaterale Gespräche mit Vertretern der Grünen geführt, ich habe oftmals mit Vertretern der ÖVP gesprochen, ich war im Ministerium, ich habe auch mit Freunden aus der Sozialdemokratie ge­sprochen, auch mit Vertretern der NEOS. Immer wieder wurde zugesagt, dass man etwas Gemeinsames auf die Reise bringen wird, und dann ist ein Schwälblein entstanden, das man uns ein paar Stunden vor der Abstim­mung zur Konterkarierung unseres Antrages vorgelegt hat. Weil man schon wusste, dass er im Plenum zur Abstimmung kommt, wollte man sich keine Blöße geben und hat so einen mehr oder weniger nichtssagenden Antrag seitens der Regierungsparteien eingebracht, in dem der Herr Bundesminister er­sucht wird, weiterhin alle möglichen Dinge in Bezug auf Menschenrechte zu unternehmen, aber eben überhaupt nichts Konkretes drinnen steht.

Was haben wir im Gegenzug vorgeschlagen, das man machen sollte? – Wir ha­ben uns daran angelehnt, was Österreich anlässlich der 200-Jahr-Jubiläums­feier der Unabhängigkeit der USA damals unter einem Bundeskanzler Kreisky mit seiner Alleinregierung gemacht hat. Ich füge hinzu, dass man damals als Pendant einen republikanischen Präsidenten gehabt hat, also nicht un­bedingt einen Gesinnungsfreund, nämlich Gerald Ford, der Nixon beerbt hat. Das ist damals also eine Skandalpartei im tiefsten Sumpf gewesen, aber man hat die Größe gehabt, da etwas zu machen. Man hat Crowdfunding mit massiven Spendenaufrufen gemacht, die Regierung hat die Spendensumme verdop­pelt, um einen Lehrstuhl an der Universität in Stanford nachhaltig zu installieren. Der wird aus den Zinsen bis heute bedient; wir haben da einen Stellen­wert. In Minnesota wurde ein Zentrum österreichischer Forschung gegründet. Es wurde eine eigene Briefmarke aufgelegt und vieles andere mehr. Man hat sich erkenntlich gezeigt und eine gute, freundschaftliche Beziehung gepflogen.

Wir haben Ähnliches vorgeschlagen. Man sollte einen wissenschaftlichen Preis ausloben, im Zusammenhang mit dem wahrscheinlich größten Player be­treffend Umwelt und Zukunft und so weiter. Zu dotieren wäre das mit einmalig 50 000 Euro, haben wir vorgeschlagen. Das hätten wir diskutieren können. Wir haben angeregt, ein Kulturinstitut in diesem Land zu implementieren, und das alles immer mit Österreichbezug, damit wir auch unsere Position dort stärken – dazu noch viele andere kleinere Dinge, die sehr stimmig gewesen sind. Dem sind Sie als Regierungsparteien und als Minister leider nicht nähergetreten.

Sie haben vorhin, in der vorletzten Debatte gesagt – Herr Bundesminister, ich habe aufmerksam zugehört –, es ist Ihnen bei Amerika und auch bei Israel vollkommen egal, wer gerade Regierungschef oder Präsident ist, das sind unsere Partner. Weil wir nur mehr 20 Prozent der Staaten im Zeichen der westlichen Werte vereinigen können, müssen wir schauen, dass wir mehr Partner gewinnen. Wie wollen wir die aber gewinnen, wenn wir keinen Schritt auf die Staaten zugehen, die an der Schwelle stehen, wenn wir nicht versuchen, mögliche Part­ner aus anderen Blöcken, wie zum Beispiel die Demokratien in Latein­amerika und allen voran auch Südamerika, an uns zu binden oder auch nur zu assoziieren?

Ursula von der Leyen beschwört gerne: The West Against the Rest. Das ist ungefähr das, was Sie heute hier gesagt haben: Wir müssen schauen und Doktrinen verabschieden und, und, und. Da teilen wir schon Ihre Sicht. Warum ist es aber eigentlich bei Brasilien nicht wurscht gewesen, wer Präsident in einer Demokratie ist? Jetzt ist der Zustand eingetreten, dass die Wahlen ohnehin anders ausgegangen sind. Ich hoffe, dass Lula mit seinem Regime – jetzt ein linkes Regime – nicht wiederum in die Korruptionsfalle der Vergangenheit tritt. Uns ist es vollkommen egal, wer Präsident ist. Es geht um die Menschen, es geht um die Möglichkeiten, um den Ausbau der Beziehungen, den Öster­reich da vielleicht erzielen kann, darum, da etwas zu machen.

Wir werden entgegen dem, was wir im Ausschuss gemacht haben, auch dem Antrag der Regierungsparteien zustimmen, und zwar nicht, weil wir glauben, dass der über Nacht besser geworden ist, sondern weil wir sagen: Okay, wenn schon das kleinste Flämmlein, die schwächste Flamme gezündet worden ist, wol­len wir sie wenigstens nicht schwächen, sodass es wenigstens ein Allpar­teienbeschluss wird, damit ein bissel ein Gewicht dahinter ist. Wir werden aber auch über unseren Antrag abstimmen lassen. Am liebsten hätte ich eine namentliche Abstimmung gemacht, um zu sehen, wer wirklich dauerhaft ein Freund Brasiliens ist und wer nicht. Das werden wir auch unterlassen. Wir wollen das Gute, Herr Außenminister und Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, aber wir werden den Finger draufhalten. Auch im Jän­ner, Februar und März gibt es noch Chancen, konkrete Projekte im Sinne der Ökologie, im Sinne der Ökonomie und auch im Sinne guter partnerschaft­licher Zusammenarbeit mit einem Big Player umzusetzen, der sehr wohl verdient, dass man ihm Respekt zollt, zumal wir auch historisch mit der Unabhängigkeit Brasiliens tief verbunden sind und im Jahre 1822 einen Gutteil dazu beigetragen haben.

Ich nehme es als Startschuss und nicht als Endkapitel, Herr Minister. Wir werden Sie und Ihre Regierungsparteien beim Wort nehmen und nicht aufhören, da aktiv zu werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.56

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli zu Wort. – Bitte.