19.11

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist spät, ich weiß, wir sind nach zwei Tagen im Plenarsaal auch schon ein bissel müde, und ich bin schon der vorletzte Redner. Nichtsdestotrotz: Bevor wir heute Feierabend machen, würde ich noch gerne über ein Thema reden, das immer, zu jeder Tages- und Abendzeit, wichtig ist, und das ist die Bildung.

In zwei Berichten hat sich der Rechnungshof nämlich die Prozesse bei der Besetzung der Leitungen an über 500 steirischen Pflichtschulen von 2015 bis 2020 angeschaut. Wie soll ich es zusammenfassen? – Das Ergebnis ist eigentlich sehr besorgniserregend: von mangelnden Qualifikationen über eine besonders niedrige Bewerbungsrate bis hin zu Lücken in der Nachvollziehbarkeit und zu intransparenten Vorteilen für Wunschkandidaten durch sogenannte Betrauun­gen. Vor allem Letzteres ärgert mich dann schon, denn solche Betrauungen, wenn die scheidenden Schulleitungen - -

Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich würde Sie ersuchen, den allgemeinen Lärmpegel ein wenig zu senken und das Ohr ein wenig dem Redner zu leihen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­ruf des Abg. Kucher.)

Abgeordneter David Stögmüller (fortsetzend): Bitte? (Ruf bei der SPÖ: ... pole­misch!) Es geht um diese Betrauungen. Das ärgert mich wahnsinnig, wenn die scheidende Schulleitung einen Wunschkandidaten, eine Wunschkandidatin interimistisch mit dem Amt der Leitung betraut, bevor die Bewerbung ausge­schrieben wird. Das ist eindeutig problematisch.

Meine Damen und Herren, ich will nicht von parteilichen Postenbesetzungen reden – das haben wir im Untersuchungsausschuss sehr oft gesehen, das ist es nicht; ich will es auch nicht verharmlosen, denn da geht es wirklich um partei­politische Besetzungen –, auch der Rechnungshof hat keine Beweise für eine direkte Einflussnahme aus Parteigründen gefunden. Diesen Betrauungen liegen aber keine objektiven Auswahlkriterien zugrunde, sie verschaffen den Kandi­daten aber einen großen Vorteil in der Bewerbung, und das hat zumindest in der Steiermark System. Jetzt hat der Kollege schon die Steiermark so hervorge­hoben, vielleicht hat auch das dort System.

Laut Rechnungshof gingen bei mehr als der Hälfte aller Besetzungen von 2015 bis 2018 solche Betrauungen voraus. In knapp 60 Prozent dieser Fälle fanden sich beim Bewerbungsprozess in weiterer Folge dann keine weiteren Bewerber:innen. Das System ist klar: Dem Wunschkandidaten ohne große Begründung das Amt anvertrauen, bis der Vorsprung dann so groß ist, dass sich quasi eine Bewerbung für die Konkurrenten einfach nicht mehr rentiert.

Das Problem ist aber noch größer und noch struktureller: Mehr als die Hälfte der Schulleiter:innen ist älter als 56 Jahre, ein Fünftel ist älter als 60 Jahre, steht also kurz vor der Pensionierung. Wenn man dann noch bedenkt, dass es im Prüfungszeitraum, nämlich zwischen 2015 und 2020, durchschnittlich zwischen 1,3 und 1,7 Bewerbungen pro Stelle gab und dass Neubesetzungen aufgrund von Pensionierungen durchschnittlich 396 Tage dauerten, merkt man langsam das Ausmaß des Problems, vor dem unser Bildungssystem steht.

Es geht um unsere Pflichtschulen, die unsere nächsten Generationen auf die herausfordernde, unsichere und immer komplexere Welt von morgen vorbereiten sollen. Wir können uns das einfach nicht mehr leisten, mit unserer Zukunft, mit dieser nächsten Generation zu spielen. (Beifall bei den Grünen.)

Da herrscht dringender Handlungsbedarf, denn wir werden das Problem erst richtig zu spüren bekommen, wenn es zu spät ist. Der Rechnungshof empfiehlt eine Überarbeitung des Bewerbungsprozesses, eine Steigerung der Transparenz im Betrauungsverfahren und dass geeignetes Lehrpersonal proaktiv zur Bewerbung für Leitungsstellen motiviert wird.

Das Problem ist aber größer, daher brauchen wir auch größere Lösungen. (Ruf bei der FPÖ: Wir brauchen Neuwahlen!) Wir müssen den Lehrberuf wieder attraktiver machen und das Leiten von Pflichtschulen nicht zur Pflicht werden lassen, sondern verdeutlichen, wie wichtig, wie essenziell, wie lebens­notwendig das Ausbilden der kommenden Generation wirklich ist. Ich glaube, es ist notwendig, das auch zu zeigen.

Ich möchte abschließend noch eines sagen: Wir haben jetzt diesen Fall des Kollegen Waldhäusl aus dem Niederösterreichischen Landtag. Ich möchte zu diesem Thema hier auch noch sagen: Ich finde es beschämend, wenn Österreicherinnen und Österreicher, wenn Schülerinnen und Schüler derartig schlechtgestellt werden, denn es sind sehr wohl alle Österreicherinnen und Österreicher willkommen. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir da ein klares Zeichen setzen. Solche Aussagen – so eine rassistische Positionierung – haben da nichts zu suchen.

Ich bin sehr froh, dass es hier – außer mit der FPÖ – einen breiten Schulter­schluss gibt, denn solche Meinungen sind nur eine Einzelmeinung und nicht die überwiegende Meinung in Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

19.16

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. –Bitte.