13.04

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Das Jugendvolksbegehren zum Thema Mental Health ist so wichtig und vor allem so zeitgemäß wie noch nie zuvor. Es wurde bereits gesagt, man muss es aber noch einmal sagen, damit auch jeder hier versteht, wie wichtig dieses The­ma ist: Jeder zweite Jugendliche leidet an psychischen Problemen oder unter psychischen Belastungen, und jeder sechste Jugendliche hat bereits darü­ber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen.

Trotzdem wird mentale Gesundheit leider häufig immer noch stark stigmatisiert, und Betroffene leiden lieber still, als sich Hilfe zu suchen. Oftmals ist es aber auch so, dass Personen, die psychisch an ihre Grenze geraten, erstens nicht wissen, wo sie Hilfe suchen können, und zweitens vor allem nicht wissen, wie sie das bezahlen sollen. Gerade wenn es um Jugendliche oder um Kinder geht, werden diese Probleme nur noch gravierender. Zahlreiche Betroffe­ne wissen nicht einmal, dass sie Hilfe brauchen würden, oder trauen sich oftmals nicht, offen zu sagen, wie es um ihre psychische Gesundheit steht. Gerade in Zeiten, in denen sich zahlreiche Krisen immer mehr zuspitzen, wird es immer wichtiger, aufeinander Rücksicht zu nehmen und aufeinander zuzugehen, auch aufeinander zu achten, Hilfe anzubieten, wo Hilfe gebraucht wird.

Und ja, es gibt einige Initiativen, aber die sind immer noch nicht flächendeckend ausgerollt. Es ist schlicht zu wenig, was an Angebot da ist. Mütter und Väter, die abgewiesen werden oder auf eine Warteliste gesetzt werden, müssen, obwohl sie Hilfe für ihr Kind brauchen würden, warten – und das darf es nicht geben. Es muss in unserer Gesellschaft eine breite Akzeptanz dafür ge­schaffen werden, dass ein Besuch bei einem Psychologen genauso normal ist wie jeder andere Arztbesuch.

Was passiert, wenn wir weiterhin so tun, als wäre alles okay? – Betroffene werden weiterhin zu wenig oder zu spät Hilfe in Anspruch nehmen, und das wird bestenfalls in einer schlichten Zwangsstörung enden. Das können und dürfen wir nicht zulassen. Nur weil man uns nicht vorgelebt hat, was es heißt, Rücksicht auf seine Seele und seine Psyche zu nehmen, müssen wir jetzt nicht nahtlos damit weitermachen.

Ich bin den Initiatorinnen und den Initiatoren dieses Volksbegehrens sehr dankbar, denn je mehr man über das Thema spricht, umso mehr bekommt dieses Thema Aufmerksamkeit und umso mehr wird es alltäglicher, darüber zu sprechen; vor allem deswegen, weil gerade Offenheit bei diesem Thema ein ent­scheidender Faktor auf dem Weg zur Heilung ist, denn Betroffene müssen nicht nur oft selbst erkennen, dass sie Hilfe brauchen, sondern auch den Mut fin­den, offen darüber zu sprechen. Umso mehr man darüber spricht, umso all­täglicher wird es also, Hilfe in Anspruch zu nehmen, ohne dabei ausgegrenzt zu sein oder sich ausgegrenzt zu fühlen. Und das ist etwas, das uns allen ein Anliegen sein sollte: dass mentale Gesundheit enttabuisiert wird, denn Scham gefährdet in diesem Fall die Gesundheit.

Es liegt an uns, zuzuhören, wenn wir jemandem die Frage stellen: Geht es dir gut?, auch darauf zu achten, was denn die Antwort ist, die dahinter steckt. Dafür muss man jetzt nur noch einen Rahmen schaffen, damit auch jedes Kind und jeder Jugendliche, die Hilfe bekommen wollen, diese Hilfe auch bekom­men können. Das klingt leichter, als es ist. Im Jahr 2021 stand es 1 : 6 100, heißt: Auf 6 100 Schülerinnen und Schüler entfiel ein Schulpsychologe. Es wurde nachgerüstet, aber nur marginal. Das ist immer noch nicht so bewältigbar, wie es sein müsste. Vor allem online gibt es da definitiv noch Ausbaupotenzial.

Eines muss ich noch anmerken: Auch im Bereich der mentalen Gesundheit sind die Zahlen der betroffenen jungen Frauen und Mädchen deutlich höher. Vier von zehn jungen Frauen schätzen sich als mental krank ein. Es wäre dringend an der Zeit, zumindest Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen den Alltagsstress von den Schultern nehmen. Das fängt schon bei Dingen wie einer lückenlosen Kinderbetreuung an.

Oftmals fällt gerade jetzt der Satz, dass diese Generation ja viel mehr Chancen als vorangegangene Generationen hat. Diese Aussage ist ganz klar mit Ja zu beantworten, ja, sie hat viel mehr Chancen, aber gleichzeitig steht sie auch viel mehr Herausforderungen und Belastungen gegenüber, die nicht mehr allein bewältigbar sind. Daher ist es mehr als zeitgemäß, dass man hier reagieren muss, und diese Zeit, hier zu reagieren, war eigentlich schon gestern. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.09