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Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Kollegin Fiedler wirklich doppelt und dreifach gratulieren, und zwar nicht nur zu diesem Antrag, den wir heute einstimmig beschließen wer­den. Ihr ist nämlich etwas ganz, ganz Seltenes gelungen. Die Kolleginnen und Kollegen, die nicht im Gesundheitsausschuss sind, werden das nicht wissen, aber es gibt wahrscheinlich keinen Ausschuss hier im Parlament, in dem derart viel und leidenschaftlich vertagt wird wie im Gesundheitsausschuss. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Im letzten Gesundheitsausschuss sind 25 Anträge der Oppo­sitionsparteien vertagt worden. Kennen Sie andere Ausschüsse, in denen ähnlich viel vertagt wird?

Jetzt könnte man sagen – wie es uns Grüne und ÖVP immer wieder weismachen wollen –: Die Gesundheit in Österreich ist Weltklasse unterwegs, man braucht nichts zu tun, wir haben keinen Ärztemangel, in der Pflege gibt es über­haupt keine Probleme (Ruf bei der ÖVP: Lei-lei!), im Bereich der Prävention brauchen wir nichts zu tun. – Zumindest da haben wir heute einen ersten kleinen Schritt gemacht.

Wenn man sich die Herangehensweise der Regierung ansieht, könnte man glauben, dass alles, das die Opposition einfordert, in Wahrheit nicht notwendig ist, weil das österreichische Gesundheitssystem wirklich so Weltklasse unter­wegs ist. (Abg. Zarits: Fasching ist vorbei, Philip!) 25 vertagte Anträge – ein spannender Zugang!

Kollege Schallmeiner, weil du so kritisch herausschaust: Man könnte auch den Mut haben, Nein zu sagen, man könnte sagen: Wir haben eine bessere Idee! Oder noch schöner: Wenn es Vorschläge der SPÖ betreffend Behebung des Ärztemangels gibt, könnte man ja sagen: Die brauchen wir nicht, wir sind perfekt unterwegs, es gibt schon Maßnahmen, die die Regierung setzt!

So geht es nicht! Die Opposition wird immer wieder irgendwie abgekanzelt, ihre Anträge werden nicht einmal zur Abstimmung gebracht, 25 Anträge wurden vertagt, und das nach einer riesengroßen Gesundheitskrise, die wir alle miteinan­der erleben mussten. Das zeugt davon, dass ihr die Lehren, die wir alle aus der Coronakrise ziehen sollten, nicht gezogen habt. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Die SPÖ auch! – Abg. Haubner: Deine Vorgänger haben immer ver­tagt! – Ruf: Sie haben sogar verachtet!)

Auf uns wartet Arbeit! Wir haben dem Gesundheitsminister sehr oft Unterstüt­zung angeboten. Vielleicht ist es auch möglich, dass der Gesundheitsminis­ter endlich auch die Unterstützung der Regierungsfraktionen bekommt, dass die Grünen und die ÖVP den Gesundheitsminister auch unterstützen und Anträ­ge nicht nur vertagen oder ablehnen. Erst dann bringen wir in Österreich etwas weiter.

Wir werden den Antrag betreffend Prävention unterstützen. Ich glaube, es wäre auch wichtig, eine ganzheitliche Präventionsstrategie – da haben wir sehr viel Luft nach oben – und entsprechende Sozialversicherungsmaßnahmen für Öster­reich zu forcieren, aber auch das, was die Länder machen und was die Bun­desregierung selbst tut, alles offensiv in eine gesamte Strategie zu gießen. Die Datengrundlage ist das absolute Minimum. Wir werden das jetzt auch hier einfordern.

Da der Gesundheitsminister gleichzeitig auch Sozialminister ist, darf ich ihn persönlich noch einmal erinnern: Eine der ganz, ganz zentralen Determinanten für Gesundheit in Österreich sind die sozioökonomischen Verhältnisse, das ist die Armut von Menschen.

Wir erleben es, dass Menschen in Österreich sich das Leben nicht mehr leisten können, sich den Einkauf nicht mehr leisten können, sich die Wohnung nicht mehr leisten können. Da gibt es auch aus gesundheitspolitischer Sicht sehr viel beizutragen. Menschen, die in Armut leben, sterben früher, sind deutlich häufiger von Krankheiten betroffen, und ich glaube, es ist eine wichtige Aufgabe hier, dass wir nicht nur Anträge produzieren, sondern dass auch der Ge­sundheitsminister in seiner Funktion als Sozialminister im Bereich der Armutsbekämpfung aktiver wird. (Beifall bei der SPÖ.)

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