14.11

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Ich möchte in meiner Rede den Bautenausschuss vom 23. Februar nachbilden. Das Maklergesetz hat dort keine allzu große Rolle gespielt. Zusammenfassend möchte ich festhalten – oder kann man auch festhalten –, dass es mehr ein Tropfen auf den heißen Stein der Wohnkosten ist, wenn auch ein heiß umstrittener, das gebe ich zu, der sich auch am schlechten Verhal­ten mancher Makler entzündet. Wir werden dem Entwurf zum Maklergesetz auf jeden Fall unsere Zustimmung erteilen.

Vielmehr hat sich aber die Debatte – Kollege Lercher hat es ja schon angespro­chen – zu Recht um das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gedreht. Wir sprechen da von mehr als 700 000 Wohnungen, die in Gefahr sind, an Immobi­lienspekulanten verscherbelt zu werden – dagegen war ja selbst die Buwog eine Kleinigkeit. Die Frage betreffend Anlegerwohnungen im Bereich der Woh­nungsgemeinnützigkeit sorgt daher aus gutem Grund für erhebliche Aufre­gung. ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher sieht sich diesbezüglich auch mit der Kritik der SPÖ und der NEOS konfrontiert. Das heißt, die FPÖ steht dies­bezüglich alles andere als alleine da.

Doch worum geht es, meine sehr verehrten Damen und Herren? – Martin Kocher und leitende Angestellte aus dem Ministerium haben den größten An­schlag auf den sozialen Wohnbau in der Geschichte der Zweiten Republik zu verantworten. Ja, es ist der größte Anschlag, denn leider sind die Auswirkun­gen wesentlich umfangreicher und gefährlicher als jene des unsäglichen Buwog-Verkaufes.

Man will im ÖVP-Wirtschaftsministerium, dass Anleger, Spekulanten, Banken und Versicherungen den gemeinnützigen Wohnbau aufkaufen. Leistbare Wohnungen gibt es dann nur noch für Investoren, nicht aber für Mieter. (Abg. Steinacker: Man kann auch Angst machen!) Wenn es nach Martin Kocher und leitenden Mitarbeitern seines Hauses geht, dann dürfen Investoren So­zialwohnungen zum Sozialtarif kaufen und sie dann frei an die Men­schen vermieten. Da hilft auch die Abschaffung der Maklergebühr nicht. (Abg. Steinacker: Das stimmt ja nicht! Das stimmt nicht!)

So sieht die Lage jetzt aus. Das ist Wohnpolitik gegen die Menschen. Das ist Wohnpolitik für Superreiche. Das ist ein Gesetzesputsch (Zwischenruf bei den NEOS) gegen den gemeinnützigen Wohnbau. (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Steinacker: Du kennst dich besser aus!) Das ist ein politisches Geschenk an jene, die in Krisenzeiten enorme Gelder gewinnbringend veranlagen wollen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ein Drittel der Haushalte geht davon aus, sich die Miete in den kommenden Monaten nicht mehr leisten zu können. Was ist die Antwort des Wirtschaftsministeriums auf diese Krise? – Es schafft die Voraussetzungen dafür, dass der gemeinnützige Wohnbau an Investoren verscherbelt wird. (Abg. Steinacker: Also schön langsam Themaverfehlung! – Abg. Disoski: Schön langsam, ja!)

Vor den Folgen dieser unsozialen und verantwortungslosen Politik, dieses wohnpolitischen Raubzugs mahne aber nicht nur ich. Vor den Folgen warnen die Sozialpartner in Gestalt der Arbeiter- und der Wirtschaftskammer. Bitte bei der ÖVP einmal nachlesen, was die Wirtschaftskammer letzte Woche für eine Aussendung herausgegeben hat! Der genossenschaftliche Dachverband, GBV, fordert rasche gesetzliche Gegenmaßnahmen. Die SPÖ-Wohnbaustadt­rätin Kathrin Gaál kritisiert die Regelung. Oberösterreichs FPÖ-Wohn­baulandesrat Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner kritisiert die Regelung und ruft den Gesetzgeber zum Handeln gegen Anlegerwohnungen in der Wohnungsgemeinnützigkeit auf. (Abg. Haubner: Eine neue Achse tut sich auf!)

Der Niederösterreichische Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren der ÖVP, hat auf eine FPÖ-Initiative einstimmig, also auch die ÖVP, einen Resolutionsantrag gegen diese Politik der Bundesregierung angenommen. ÖVP-Wohnbaulandesrat Martin Eichtinger stemmt sich laut einer Anfragebe­antwortung ganz klar gegen die Regelung aus dem Hause von Martin Kocher. Es heißt wieder einmal ÖVP-Niederösterreich gegen ÖVP-Wirtschaftsministerium.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen eines: Wenn Martin Kocher in der Frage der Anlegerwohnungen länger auf die Expertise seines Hauses vertraut, so wie er es im Ausschuss bekundet hat, dann wird es politisch langsam grob fahrlässig. Selbst der ÖVP-Bautensprecher Hans Singer hat im Bautenausschuss gemeint, dass das Thema besser in der Hand von Experten aufgehoben wäre.

Eben diese Experten haben sich aber bereits eindeutig, nämlich ablehnend, geäußert. Ich bringe nur wenige Beispiele: Verfassungsrichter Michael Holoubek spart nicht mit Kritik daran, ebenso wie der renommierte Wohnrechtler und Anwalt Christian Prader. Du siehst, lieber Hans, die Experten kommen bereits zu einem eindeutigen Ergebnis, dem Ergebnis, dass die Regelung falsch und verpfuscht ist, weil Anlegerwohnungen im sozialen Wohnbau keinen Platz haben.

Jetzt wäre es daher dringend an der Zeit, entsprechend dieser Expertise politisch-gesetzgeberisch zu handeln. Die Expertise ist verfügbar, sie steht in Gesetzeskommentaren, sie wurde in Fachjournalen abgedruckt. Eine Lö­sung wäre alles andere als eine Hexerei. Aber Martin Kocher und sein Haus stemmen sich gegen diese Expertise und gegen den vereinten politischen Druck der Opposition. Es fragt sich nur, warum das so ist. Daher sage ich von die­ser Stelle eines: Es muss klar sein, Gesetze werden hier im Nationalrat beschlos­sen und nicht von Perspektivengruppen bestellt.

Wenn ich mir die sonderbare Genese zu den Erläuterungen zum Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetz 2022, die uns jetzt beschäftigen, ansehe, dann muss ich sagen, diese Genese wirft dramatische Fragen auf. Wir reden da über eine Dreistigkeit, die selbst dem berüchtigten Chatman Thomas Schmid die Spra­che verschlagen würde. Es muss auch für die Zukunft klar sein, dass die für das WGG zuständige Abteilung im Wirtschaftsministerium letztlich nicht dafür da ist, einzelfallspezifische Auskünfte an Unternehmen zu erteilen. Es muss in Zukunft klar sein, dass diese Bereiche sauber zu trennen sind. Es kann nicht sein, dass die Aufsichtsbehörden in den Ländern von einer Anwalts­kanzlei in Wien mit der Expertise der für das WGG zuständigen Abteilung im Wirtschaftsministerium hinsichtlich einer Regelung, die vom Gesetz her nicht gedeckt ist, in die Zange genommen werden.

Und es kann nicht sein, dass hier im Nationalrat Unwahrheiten verbreitet wer­den, wonach die WGG-Novelle 2022 (Zwischenrufe der Abgeordneten Für­linger und Jachs) dem Schutz vor Spekulation dienen soll. Leider ist das Gegenteil wahr. Das belegt beispielsweise auch ein Fachbeitrag; dessen Autor schreibt ganz klar, dass seit der WGG-Novelle 2022 Wohnungen im Neubau ohne Selbstnutzung im Hauptgeschäft an Dritte veräußert werden können.

Ich weiß, Sie glauben es nicht. Vielleicht glauben Sie mir nicht, aber ich werde Ihnen nachher mehrere Kommentare von führenden Wohnrechtlern vorlegen, in denen das ganz klar belegbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich appelliere vor allem an die ÖVP: Bitte hören Sie auf, den Falschen Glauben zu schenken! Hören Sie auf Verfassungsrichter, die Sozialpartner, den genossenschaftlichen Dachverband, Ihren eigenen Landesrat in Niederösterreich, alle sagen das­selbe! Machen Sie es schnell, denn sonst wird es zu spät sein! Über 700 000 Wohnungen sind in Gefahr. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.19

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter.