16.31

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Es freut mich, dass es jetzt auch viele Zuseherinnen und Zuseher live auf ORF III gibt, die sich für die Nationalratssitzung entschie­den haben, die jetzt neben der Liveübertragung der Snowboard- und Ski-Free­style-WM auf ORF 1 und auf der anderen Seite der „Barbara Karlich Show“ mit dem Titel „Mut zur Veränderung“ auf ORF 2 zu sehen ist.

Mut zur Veränderung braucht es auch hier im Hohen Haus, Mut zur Verände­rung braucht es auch hier in der Debatte und natürlich auch beim ORF, und da sind wir, glaube ich, alle gefordert, diese Veränderung im Sinne des öffentlichen Auftrages weiterzuentwickeln. Das ist unsere Aufgabe. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der ORF besteht aber nicht nur aus drei Sendern, sondern – es ist heute schon oftmals gesagt worden – 6,4 Millionen Menschen nutzen das Angebot des öffentlichen Rundfunks täglich, ob das die Radiosender sind, ob das FM4 ist, ob das Interviews, Hörspiele, Ö1, Ö3, zeitgenössische Schwerpunkte, Doku­mentationen sind – eine Reihe von Dingen, von denen ich glaube und davon überzeugt bin, dass sie genau in diesen öffentlichen Auftrag hineinspielen.

Der ORF, insbesondere auch ORF III, ist ein Bilderbuch der österreichischen Ge­schichte, der österreichischen Gesellschaft, der österreichischen Identität. Gerade gestern konnte ich am Abend eine sehr interessante Folge der Serie „Er­be Österreich“ mitverfolgen, bei der es um historische Plätze, um histori­sche Gebäude gegangen ist. Der öffentliche Rundfunk stärkt unser kulturelles Österreich. Der ORF stärkt unser Kulturbewusstsein, macht Österreich auch interessant für den Tourismus aus aller Welt – insbesondere auch durch die Sportsendungen –, stiftet Identität, gerade im Bereich der Landesstudios, der regionalen Schwerpunkte; hier wird auch Volkskultur gelebt, übertragen und den Menschen nähergebracht.

Werte Abgeordnete, der ORF hat auch eine ganz klare Aufgabe in der Vermitt­lung und als Sprachrohr für die Volksgruppen in unserer Republik, einen klaren Auftrag in der Bildung. Das ist zu unterstützen, da haben wir, glaube ich, zusammenzuhalten und den ORF und unseren öffentlichen Auftrag auch zu stützen.

Werte Abgeordnete – und das sage ich jetzt als Zuschauer für alle Zuschau­er:innen –, natürlich hat es auch eine Qualität, einen Film im ORF ohne ständige Werbeunterbrechungen anzuschauen. Auch das ist ein Wert eines öffentli­chen Rundfunks; ebenso wie ein Radio-Symphonieorchester mit internationalem Renommee zu haben – ausgebucht, gefragt und weltweit geschätzt. An die­ser Stelle auch Gratulation an das Dirigat Marin Alsop, an sie als erste Frau am Pult, und auch Gratulation an ihr gesamtes Team! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Heinisch-Hosek.)

Die Radiosymphonie ist für die Zukunft abzusichern. Das muss gemeinsame Aufgabe sein, unabhängig davon, wie viel hier auch der ORF mitspielt. Ich glaube aber, dass die Radiosymphonie auch dem ORF guttut und auch für den ORF einen Mehrwert bedeutet.

Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und hier im Haus! Das, was uns lieb geworden ist – und das festzuhalten ist, glaube ich, ganz wich­tig, weil wir heute so einige Beiträge der FPÖ gehört haben –, will die FPÖ zerschlagen. Das muss man hier ganz deutlich auch zur Sprache bringen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das, was unserer Heimat guttut, was unsere Heimat ausmacht, wollt ihr verscherbeln, will die FPÖ auf Grundlage von Kooperationen, von spendenfreudigen Firmen verscherbeln und diesen öffentlichen Auftrag unterminieren. – Das wollen wir nicht!

Wir unterstützen diesen öffentlichen Auftrag. Solange es Grüne in der Regierung gibt, wird es auch ein klares Ziel für uns Grüne sein, diesen öffentlichen Auftrag des unabhängigen ORF zu erhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Werte Abgeordnete, der ORF hat gespart, der ORF hat in den letzten fünf Jah­ren gespart: circa eine halbe Milliarde Euro, 200 Millionen Euro beim Per­sonalaufwand – niedrigster Lohnabschluss (Abg. Belakowitsch: Sind die großartig!); in den letzten 15 Jahren wurden 25 Prozent der Mitarbeiter:innen nicht mehr nachbesetzt. Es wurde da viel getan, das muss man ganz klar und deutlich sagen. (Abg. Belakowitsch: Bei den jetzigen prekären Verhältnissen arbeiten ...!) Natürlich gibt es auch weitere Potenziale, und ich glaube auch, dass wir über Ga­gen und Strukturen im ORF auch transparent und öffentlich diskutieren und reden müssen.

Ja, liebe NEOS, der ORF gehört in einigen Bereichen auch noch viel mehr ent­politisiert, da gebe ich euch vollkommen recht (Beifall der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff, Krisper und Scherak), aber trotzdem braucht es eine politische Verantwortung – eine politische Verantwortung in einem öffentlichen Auftrag. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Aber die politische Verantwortung heißt ...!) Das ist keine alleinige Expertenfrage, sondern das ist eine politische Aufgabe, genauso wie auch die Finanzierung letztendlich eine politische Aufgabe ist. (Abg. Scherak: Wo ist ... eine politische Aufgabe?)

Weder die Österreicherinnen und Österreicher noch der Stiftungsrat noch die Politik haben etwas davon, dass wir den ORF zerschlagen. Und schon gar nicht kann es darum gehen, ihn einem Wettbewerb auszusetzen und anderen Privatsendern anzugleichen, sodass wir alle dann im selben Teich fischen. Wir wollen, glaube ich, nicht mehr Soap-Operas aus Übersee, und wir brauchen nicht noch mehr Talkshows und andere Verkaufssendungen.

Entweder budgetfinanziert oder auf der Grundlage einer Haushaltsabgabe, wie auch die Ministerin heute bereits erwähnt hat: fair, günstiger, einfach und für alle. Wir leben auch alle hier in Österreich, und das tun wir gerne, das tun wir mit Freude (Abg. Deimek: Und zahlen auch gerne für die ...!) und auch mit ein wenig Stolz auf unser Land der Kulturen, auf unsere Künstler:innen und Sport­ler:innen. Auf jeden Fall: Glück auf – auf einen öffentlichen, rechtlich unab­hängigen ORF! Ich wünsche ihm das Allerbeste, und wir alle sind gefordert, alles daranzusetzen, dass wir den ORF auch dementsprechend erhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte sehr.