16.46

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem vor den Fernsehgeräten, die Sie uns jetzt via ORF zusehen! Es ist eine Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und ich möchte klarstellen: Als Freiheitliche Partei haben wir uns immer zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekannt, weil er natürlich Teil unserer Identität ist. Als Milliardenunternehmen ist der ORF aber gleichzeitig auch ein Millionengrab. Das muss man hier so offen und so deutlich ansprechen.

Wir haben in den letzten 20 Jahren mehr als einmal davor gewarnt, dass es beim ORF zu einem Seherschwund kommt. Das hängt natürlich zu einem Teil damit zusammen, dass sich das Seherverhalten verändert hat – wir wissen, viele konsu­mieren jetzt Streamingdienste –, aber zu einem größeren Teil ist dieser ORF-Seherschwund natürlich hausgemacht.

Es bräuchte ganz, ganz dringend eine Strukturreform in diesem ORF, aber die fehlt beziehungsweise lässt auf sich warten, und das ist das Problem. Wir bräuchten eine Struktur für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem 21. Jahrhundert gerecht wird. Man hat manches Mal, und das hat man auch heute bei der Debatte wieder gesehen, den Eindruck, die Denkart ist wie in den 1970er- und 1980er-Jahren. Die sind aber eben vorbei, die Zeiten haben sich geändert. Damals gab es nur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Da­mals – für all jene, die sich noch erinnern können – gab es FS 1 und FS 2, und das war es! Es gab noch nicht einmal einen Teletext in den Siebzigerjahren.

Beim ORF gibt es Luxuspensionen. Es gibt Luxuspensionsvereinbarungen, allerdings nur für die selbsternannte Anchor-Elite. Der Kollege von den Grünen hat vorhin gesagt, es ist viel an Personal eingespart worden. Das mag ja gut klingen, aber gleichzeitig gibt es dann Leistungen, die von außen erbracht werden, von Personen, die in prekären Verhältnissen arbeiten müssen. Das lehnen wir zutiefst ab! Wir wollen keinen Dreiklassen-ORF haben, beste­hend aus einer selbsternannten Elite mit den Millionengagen, aus ein paar Mitarbeitern aus dem Altbestand, und der Rest arbeitet in prekären Verhältnis­sen. Das ist nicht der ORF der Zukunft! Das ist nicht der ORF, wie wir ihn uns vorstellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister! Jetzt komme ich zu Ihnen, denn Sie sind ja die Medien­ministerin, sind also und waren auch in den letzten Jahren für den ORF zuständig. Ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Sie haben heute unter anderem gesagt, Sie möchten gerne, dass der ORF österreichischer wird. Das höre ich sehr gerne. Was heißt das jetzt für die Zuseherinnen und Zuseher? Heißt das, dass man ORF 1 endlich abstößt, dass man diese amerikanischen Sitcoms, die kein Mensch braucht, den Gebührenzahlern nicht mehr aufbrummt? Diese Sitcoms können Sie sich über jeden deutschen Privatsender wahrscheinlich besser anschauen. Um ein solches Programm zu bieten, braucht es keine Zwangsgebühren. Da fangen die Probleme des ORF an.

ORF III ist wahrscheinlich der einzige Sender, der tatsächlich dem Auftrag des ORF-Gesetzes nachkommt, nämlich dem Bildungs- und Informationsauftrag. Ein bisschen problematisch ist der ORF natürlich beim Objektivitätsauftrag, das haben wir in den letzten drei Jahren gesehen. Also von Objektivität im ORF, von Meinungsausgleich im ORF war gerade während der Coronapandemie nichts zu sehen. Da sind die Seher, die Zwangsgebührenzahler vom ORF be­schimpft worden, da wurden vom ORF Fakenews verbreitet, wobei sich bis zum heutigen Tag kein Mensch aus der ORF-Riege dafür entschuldigt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann geht der ORF her und versucht einmal, mehr Gebühren zu bekommen. Jetzt gibt es ein Gerichtsurteil, das besagt, dass es dem Gleichheitsgrund­satz widerspricht, wenn manche ORF-Gebühren zahlen, andere nicht. Und jetzt kommen Sie ins Spiel, Frau Medienministerin, jetzt sind Sie dran. Es gibt meh­rere Möglichkeiten. Man hätte auch sagen können: Dann lassen wir die GIS-Gebühren eben sein, und zwar für alle in Österreich. Dann schaffen wir die GIS-Gebühren ab. Diesen Weg haben Sie nicht beschritten. Sie gehen den Weg und sagen: Na gut, dann machen wir halt eine Haushaltsabgabe, dann müssen jetzt alle zahlen, egal, ob sie den ORF haben oder ob sie den ORF nicht haben. Das ist dann deren Pech. Zahlen muss man auf jeden Fall.

Frau Minister, das ist eine ORF-Steuer, die aufgebrummt wird, ohne dass man den ORF konsumiert, und das geht sich nicht aus, das geht nicht zusammen! Und selbst in der Gruppe der ÖVP-Wähler ist es nur eine ganz knappe Mehrheit, die sagt: Ja, das ist eine gute Idee. Das sind halt diejenigen, die sozusagen dann irgendwie Ihnen zuliebe sagen: Das machen wir.

Unterm Strich, Frau Minister, wird mit dieser Haushaltsabgabe dem ORF dann mehr Geld gegeben, als er jetzt bekommt. Es ist schon richtig: Für die, die jetzt bezahlen, wird es ein bisschen billiger, aber es müssen sehr viele mehr be­zahlen. Und: Einsparen beim ORF, das geht sich sowieso nicht aus, das haben die noch nie gemacht. Würden Sie es mit der Aufforderung an den Öster­reichischen Rundfunk ehrlich meinen, dass dort endlich einmal gespart wird, dann schauen wir doch in all diese Pensionsrückstellungen rein! Machen wir doch beispielsweise einmal eine Sonderprüfung der Personaldoku­mentationsblätter! Schauen Sie sich doch an, wie viele Millionen Euro für die Pension von Herrn Wrabetz zurückgestellt sind! Sind es tatsächlich die 2,2 Millionen Euro, wie in den Medien kolportiert wird, oder sind es nicht vielmehr bis zu 7 Millionen Euro, die nur für Herrn Wrabetz zurückge­stellt worden sind? Warum tun Sie das nicht, Frau Minister, wenn Sie es mit dem Einsparen ernst meinen?

Sie haben heute überhaupt nichts gesagt, was irgendwie ernst zu nehmen war. Sie sind mit ein paar Floskeln hergekommen: Der ORF soll österreichi­scher werden, dafür stehen Sie, und Sie möchten jetzt, dass der ORF spart, weil die GIS-Gebühr wegfällt. Dafür machen wir eine Haushaltsabgabe, und in den Medien wird kolportiert, die soll in etwa 16,50 Euro betragen. 16,50 Euro werden dann monatlich automatisch abgezogen. Bei rund vier Millionen Haushalten würde das eine Summe von 792 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. Frau Bundesminister, das sind 130 Millionen Euro mehr, die Sie dann jähr­lich dem ORF und Ihrem neuen Generaldirektor Weißmann geben werden. Und da muss ich Ihnen sagen: Das haben die Österreicher nicht verdient, dass sie von Ihnen auch noch hinters Licht geführt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte mir nach all den Skandalen, die wir im ORF in den letzten Monaten erlebt haben, mehr erwartet. Ich erinnere nur an den ORF-Niederöster­reich, Herrn Ziegler, der auf Bestellung Programm geliefert hat und weich ge­fallen ist - - (Abg. Steinacker: In Wien gibt es das auch! Und auch in Kärnten!) Da mögen Sie schon recht haben, Frau Kollegin aus Niederösterreich, wenn Sie sagen, das gibt es in Wien auch. Ja, ganz bestimmt! Aber Herr Ziegler ist halt jetzt vor der Landtagswahl in Niederösterreich aufgefallen, und das müssen Sie sich halt auch gefallen lassen. Es tut mir leid für Sie, dass das jetzt gerade in Wien nicht aufgepoppt ist, aber in Niederösterreich eben sehr wohl. Damit müssen Sie leben.

Und die Bestellungen: Der neue Leiter der ORF-Hauptabteilung Sport, nach welchen Kriterien wurde denn der ausgewählt, Frau Minister? Auch diese Antwort sind Sie uns jetzt schuldig geblieben.

Das alles ist einfach zu viel, und vor diesem Hintergrund stellen die unterfer­tigten Abgeordneten den folgenden Entschließungsantrag:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt wird gemäß Art. 74 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“

*****

Frau Bundesministerin, Sie sind dafür verantwortlich! Sie sind dafür verantwort­lich, mit den Skandalen im ORF adäquat umzugehen, die auch aufzuklären. Es ist nicht Ihre Aufgabe, diese Skandale zuzudecken. (Beifall bei der FPÖ.)

16.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

Gem. § 26 iVm § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Dr. Dagmar Belakowitsch und weiterer Abgeordneter

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt

eingebracht in der 202. Sitzung des Nationalrates am 1. März 2023 im Zuge der Debatte zum dringlichen Antrag des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA und weiterer Abgeordneter betreffend Nein zur ORF-Steuer!

Wie in dem freiheitlichen Entschließungsantrag betreffend „Nein zur ORF-Steuer!“ im Detail ausgeführt, stellt sich aus vielerlei Gründen die Frage, ob der ORF noch zu retten ist. Die Österreicherinnen und Österreicher haben diese Frage für sich laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique-research für die Zeitschrift Profil eindeutig beantwortet. Demnach lehnen es 58 % der Bevölke­rung ab, dass in Zukunft alle Haushalte – und nicht nur jene mit einem Emp­fangsgerät – für die ORF-Programme zahlen sollen. Nur 33 % sprechen sich für das neue Finanzierungsmodell aus. Am größten ist der Widerstand unter FPÖ-Wäh­lern, von denen 83 % die Haushaltsabgabe ablehnen. Unter SPÖ-Wählern sprechen sich 52 % gegen das neue System aus. Bei ÖVP-Wählern findet die Einführung einer Haushaltsabgabe mit 58 % hingegen eine Mehrheit.

Quelle: https://www.profil.at/oesterreich/umfrage-mehrheit-gegen-orf-haus­haltsabgabe/402342123

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen erscheint es geradezu grotesk, wenn die Medienministerin einer Bundesregierung, die laut Umfragen hinter sich kaum ein Drittel der Wähler versammeln kann, nun dennoch eine ORF-Steuer bzw. ORF-Haushaltsabgabe einführen möchte. Auch ihr Appell an sich selbst, es brauche eine „ORF-Rabatt für Österreich“ oder gar einen „Raab-Rabatt“, mag nicht darüber hinwegtäuschen, dass die türkis-grüne Bundesregierung zehn Monate vor dem Ende der Reformfrist nichts vorweisen kann. Statt sich tatsächlich um Einsparungen im ORF zu bemühen, liegt die Priorität wie gewohnt bei Selbstvermark­tung und Inszenierung. Statt echte Lösungen zu finden, wird das 320 Millionen Euro Finanzloch im ORF mit Steuergeld behelfsmäßig zugeschüttet.

Im Ergebnis wird der ORF für die Österreicherinnen und Österreicher in Zeiten einer ungekannten Teuerung aber weder billiger, noch am Küniglberg auch nur im entferntesten an Einsparungen gedacht. 16,50 Euro soll die monatlich automatisch vom Gehalt eingezogene Haushaltsabgabe laut Medienberichten betragen. Das macht bei rund vier Millionen Haushalten 792 Millionen Euro pro Jahr – von Einsparungen kann daher gar keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Der ORF darf sich damit über ein jährliches Plus von rund 130 Millionen Euro freuen.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanz­leramt wird gemäß Art. 74 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Natio­nalrats das Vertrauen versagt.“

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