Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Ein weiteres außenpolitisches Pulverfass, könnte man meinen, ist zweifelsohne die Situation im Iran. Sie werden wissen, die Repression, die offene Gewalt bis hin zu Folter in den Gefängnissen beschäftigen natürlich auch die internationale Staatengemeinschaft.

Meine Frage an Sie ist, ob Sie die Einstufung der iranischen Revolutionsgarden, das heißt des militärischen Armes des Regimes, als Terrororganisation unter­stützen und welche weiteren Maßnahmen auch aus Ihrer Sicht auf bilateraler, europäischer, aber auch internationaler Ebene sinnvoll wären, um all den Menschenrechts- und Frauenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten. – Vielen Dank.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 257/M, hat folgenden Wortlaut:

„Befürworten Sie eine Einstufung der Iranischen Revolutionsgarden als Terrororgani­sation bzw. welche weiteren Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht auf bilateraler, europäischer und internationaler Ebene sinnvoll, um gegen die massiven Verletzungen der Menschen- und Frauenrechte im Iran vorzugehen?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Vielen Dank für diese Frage, Sie haben vollkommen recht, wir dürfen nicht Gefahr laufen, dass wir vor lauter Fokus auf die Ukraine auf andere Krisenherde auf diesem Planeten vergessen, und der Iran gehört leider Gottes dazu. Ich formuliere immer, das ist ein Staat, der sozusagen auf Überholspur im Konfrontationskurs mit der eigenen Bevölkerung und mit der internationalen Staatengemeinschaft ist. Als Europäische Union haben wir jetzt schon eine Reihe von Sanktionspaketen verabschiedet.

Zur Frage der Revolutionsgarden: Die sind de facto schon seit 2010 von der Europäischen Union sanktioniert, und wir haben seit der Niederschlagung noch einmal Teilorganisationen unter Sanktionen gestellt. Was die Einstufung als Terrororganisation betrifft, bedarf es – und das hat der juristische Dienst des Rates klar etabliert – eines Urteils eines Gerichtes eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, das diesen Akt setzt, erst dann hätten wir auf europäischer Ebene die rechtliche Möglichkeit dazu.

Wir haben bei der letzten Tagung der EU-Außenminister eine lange Diskussion dazu gehabt, nämlich auch darüber, ob wir das Gutachten des juristischen Dienstes veröffentlichen können, damit auch für Sie sichtbar ist, was die logische, sozusagen stringente juristische Argumentationslinie ist. Leider Gottes konnten wir uns darauf nicht einigen. Wichtig ist aus meiner Warte, dass wir den Druck aufrechterhalten, dass wir klare Kante zeigen, weil das leider Gottes momentan gegenüber dem Iran notwendig ist. (Abg. Dziedzic: Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Keine.

Zusatzfrage: Abgeordneter Gerstl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Vorrednerin hat schon auf die Menschenrechts­verlet­zun­gen hingewiesen, die im Iran immer wieder passieren, und dass wir die aufs Schärfste verurteilen. Was wir aber beim Iran nicht vergessen dürfen, ist, dass es der ehemalige amerikanische Präsident Trump war, der das Atomabkommen aufgekündigt hat und somit die Iraner in die Hände der Russen und in die Hände der Chinesen getrieben hat.

Der Iran spielt eine ganz besondere Rolle im Nahen und Mittleren Osten, diese Rolle kommt jetzt immer mehr in den Einfluss Russlands und Chinas. Wir kennen das Abkommen jetzt auch mit Saudi-Arabien.

Wie sehen Sie daher diese Rolle, die dem Iran in Zukunft zukommt? Wie sehen Sie das Atomabkommen? Sehen Sie eine Möglichkeit, dass man beim Atomab­kommen noch ein Stück weiterkommt, solange auch noch die Regentschaft Bidens in Amerika ist?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Ich muss ganz offen sagen, auch meine persönliche Enttäuschung, was die Regierung, das Regime in Teheran betrifft, ist enorm. Österreich hat sich in diese Atomverhandlungen in Wien sehr eingebracht. Ich habe jedes Mal, wenn die Delegationen hier waren, auch den amerikanischen und den iranischen Chefverhandler getroffen. Und ja, Sie haben es richtig gesagt, es gab ein Vertrauensdefizit, auch auf iranischer Seite, wo wir gesagt haben, wir haben uns schon auf einen Deal eingelassen und dann wurde er gekündigt.

Ich hatte letzte Woche ein längeres Telefonat mit meinem iranischen Amtskollegen Amirabdollahian – dieses Telefonat war nicht leicht –, in dem ich auch ganz klar gesagt habe, das Mondfenster ist aus meiner Warte zu. Im nächsten Jahr finden Wahlen in den Vereinigten Staaten statt. Ich glaube nicht, dass die jetzige Administration willens ist, und ich glaube auch nicht, dass von Berlin, Paris oder anderen der E3 momentan die Bereitschaft da ist, zu verhandeln, angesichts der Handlungen, die vom Iran gesetzt werden: Drohnen­lieferungen an Russland, vielleicht sogar Raketenlieferungen, brutale Niederschlagung der Proteste.

Es gibt aber auch immer wieder – das Bild ist nie nur schwarz-weiß – positive Signale. Denken wir nur an die Entspannung mit Saudi-Arabien, die von meinem saudi-arabischen Kollegen schon im Vorfeld angekündigt wurde! Das ist, glaube ich, sehr wichtig. Momentan ist es aber so: Der Iran hat ganz klar zu hoch gepokert, hat den Bogen überspannt – und jetzt zahlt er die Zeche.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 5. Anfrage ist jene des Abgeordneten Brandstätter. – Bitte sehr.