Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Iran ist ja doch immer wieder für Überraschungen gut. Die Zustände, die wir jetzt erleben: Ich darf da von Barbarei sprechen. Das sind die jüngsten Anschläge auf Mädchenschulen, das Resultat sind Hunderte vergiftete Mädchen, ein unglaublicher Terrorakt gegen die Menschlichkeit, aber auch gegen Frauenrechte; die gezielten Schüsse auf die Augen von Menschen, die ihre demokratischen Rechte einfordern – unbewaffnet!

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„Welche Schritte setzen Sie, um die Demokratiebewegung im Iran, die sich insbesondere auch für die Rechte der Frauen einsetzt, zu unterstützen?“

Sie haben von scharfen Kanten gesprochen. Das würde mich konkreter interessieren. – Danke.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Ja, ich meine, ich habe auch schon hier im Hohen Haus sagen können, wie sehr ich eigentlich bedauere, was für eine Art von Politik wir gegenüber dem Iran führen müssen.

Das, sozusagen der Staat, ist immerhin auch Persien. Das ist ein Kulturvolk, das der Menschheit in Wirklichkeit sehr viel gebracht hat und mit dem wir als Österreich jetzt seit fast 300 Jahren diplomatische Beziehungen haben. Wir haben diese Tür nie zugeschlagen, aber das, was wir jetzt erleben, hat es in dieser Form und in dieser Ansammlung sicher seit den Achtzigerjahren nicht gegeben. Sie habe ja einige Elemente schon genannt.

Ich glaube, man muss an mehreren Ebenen ansetzen. Das eine ist einmal, dass wir Druck erzeugen, dass wir klare Kante zeigen. Das sind Sanktionspakete. Wir haben jetzt eine ganze Reihe von Sanktionen verhängt. Die Problematik ist natürlich, dass wir schon Sanktionen in Kraft hatten. Das heißt, wir haben in Wirklichkeit schon weite Bereiche der iranischen Wirtschaft und Personenkreise unter Sanktionen gestellt.

Wir haben aber jetzt beim letzten Rat zum ersten Mal ein neues Instrument verwendet. Wir haben nämlich im Rahmen des Menschenrechtsanktionsregimes genau das Thema Unterdrückung von Frauen als Ziel genommen und haben zum allerersten Mal ein iranisches Frauengefängnis und die Führung unter Sanktionen gestellt.

Leider Gottes, muss man sagen, beginnen wir also, Neuland zu betreten, was unsere Politik im Iran betrifft. Österreich unterstützt die momentan laufende Diskussion zur Mandatsverlängerung der Factfindingmission des UN-Menschen­rechtsrates zum Iran sehr stark. Wir werden da weiterhin – sei es als Unterstüt­zung der Diaspora und der entsprechenden Menschenrechtsverteidiger:innen in Österreich – auch Vertreter:innen für unser Symposium im Juni zum 30. Jubiläum der UN-Weltmenschenrechtskonferenz einladen. Gleichzeitig gilt aber auch: Sanktionen, Kante und Druck, wo notwendig.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Troch.

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Wir bleiben in der Region: Afghanistan. Auch da gibt es höchst unerfreuliche Entwicklungen seit dem Abzug der internationalen Streitkräfte. Wie beurteilen Sie da die Situation, was humanitäre Hilfe und ganz konkret auch Hilfe für die Frauen in Afghanistan betrifft?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Also man muss sagen, dass sich das Talibanregime ja gerade ins Knie geschossen hat, wenn es glaubt, dass es mit seinem Dekret, mit dem es sagt, dass Frauen und Mädchen nicht teilhaben können, 50 Prozent der Bevölkerung ausschließen kann – vor allem bei der Arbeit von NGOs. Nun sind diese aber essenziell.

Ich hatte sowohl bei der Sicherheitskonferenz in München als auch beim World Economic Forum in Davos die Gelegenheit, mit der Präsidentin des IKRK, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, und dem Präsidenten des UNHCR darüber zu sprechen. Von unserer Warte ist ganz klar: Dort, wo dieses Dekret umgesetzt wird, gibt es auch keine Hilfe.

Ich kann sagen: Unsere Arbeit, die wir mit österreichischen NGOs, mit UN Women, machen, funktioniert noch, weil Frauen da noch mitmachen können. Es kommt auf die Provinz an. Es wird sozusagen nicht überall unisono und gleichmäßig angewandt.

Es gibt aber gerade Bemühungen von der UNO, auf die Taliban einzuwirken, dieses Dekret zurückzunehmen. Worauf ich besonders baue – das war ein Teil meiner Gespräche, die ich in Doha geführt habe –, ist die Einwirkung der muslimischen Länder – nicht nur aus dem Nahen Osten, sondern auch aus Asien –, die sagen: Wir haben selber muslimische Gesellschaften, wir haben zum Teil selber die Scharia in der Verfassung, aber wir diskriminieren Frauen nicht. Nehmt euch ein Beispiel an uns! – Vielleicht hören die Taliban zumindest auf diese Stimmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Bitte, Frau Abgeordnete Brandstötter.

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Guten Morgen, Herr Bundes­minister! Auch anknüpfend an das Gleichstellungsthema: Uganda ist ja ein Fokusland von Österreich. Vor Kurzem hat sich dort die Situation für LGBTIQ-Personen dramatisch verschlechtert, nämlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes, das drakonische Strafen bis hin zur Todesstrafe ausspricht. Von 389 Abgeordneten haben nur zwei dagegengestimmt. Die anderen haben anschließend auch geklatscht, gejubelt und gefeiert.

Weil Sie gerade in Bezug auf den Iran gemeint haben, man muss auch klare Kante zeigen, ist meine Frage dahin gehend: Welche klare Kante werden Sie bei Uganda zeigen? Was wird Österreich tun, um seinen Einfluss da geltend zu machen – nicht zuletzt auch deswegen, weil wir ja auch Legal-Aid-Projekte dort haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Also es ist ganz klar, dass wir in Gesprächen mit ihnen völlig klarstellen, wie wir zu diesem Gesetz stehen, und den Präsidenten auffordern, es sofort zurückzunehmen.

Ich muss nur etwas ganz Grundsätzliches anmerken: Ich merke ja manchmal, dass gewisse Parteien ein Problem haben, wenn wir im Zusammenhang mit EZA von Konditionalität sprechen. Wenn man sie jetzt aber im Zusammenhang mit Verbotsgesetzen zu Homosexualität wünscht, dann soll man sie bitte auch akzeptieren, wenn es zum Beispiel darum geht, Konditionalität auch im Zusammenhang mit Rückübernahmeabkommen und Migration anzuwenden.

Ich bin also dafür, dass wir sämtliche Hebel einsetzen. Dazu gehört auch die Entwicklungszusammenarbeit. Da ist Uganda keine Ausnahme.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage ist jene des Herrn Abgeordneten Kassegger. – Bitte.