Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Serbien und Kosovo haben eine sehr schwierige Beziehung. Die EU und Österreich versuchen, zu vermitteln und eine Annäherung zu fördern. Sie haben da auch einen sehr großen Anteil. Herzlichen Dank dafür!

2023 soll das Jahr werden, in dem Kosovo und Serbien ihre Beziehungen normalisieren. Meine Frage an Sie lautet:

253/M

„Wie ist Ihre Einschätzung hinsichtlich der nächsten Schritte in der Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Vielen Dank für die Frage, weil das tatsächlich ein Thema ist, das uns massiv im Außenministerium – auch mich persönlich – betrifft, nämlich alles, was in Wirklichkeit Südosteuropa, den Westbalkan betrifft. Ich hatte gerade in Doha wieder die Gelegenheit, mit Präsident Vučić darüber zu sprechen.

Wichtig ist, einmal zu sagen: Das Glas ist halb voll. Es gibt diesen Rahmen der Normalisierung, auf den sich beide geeinigt haben. Der Teufel steckt natürlich im Detail, weil es jetzt sozusagen um den Umsetzungsfahrplan geht. Da gab es vor Kurzem in Ohrid eine über 12 Stunden dauernde Verhandlung, und beide Seiten tun sich schwer, das ist ganz klar, auch aus innenpolitischen Gründen.

Ich glaube aber, was einmal gelungen ist, ist, dass es eine Grundsatzeinigung gibt. Jetzt müssen wir schauen, dass sie Schritt für Schritt umgesetzt wird. Es gibt auf der einen Seite für den Kosovo natürlich Zugang und Beitritt zu internationalen Organisationen – das ist eines der sichtbaren Elemente –, für die Serben geht es auf der anderen Seite um die Anerkennung der serbischen Communities und Gemeinden im Norden des Kosovo. Das sind beides sehr heiße Eisen.

Ich kann nur sagen, der Sonderbeauftragte der EU, Miroslav Lajčák, leistet echt Titanenarbeit in diesem Zusammenhang. Ich hatte letzte Woche den serbischen Außenminister, Ivica Dačić, hier in Wien zu Gast und habe ihm, damit kein Missverständnis aufkommt, auch ganz klar auf gut Englisch gesagt: This is the only show in town! Das ist die einzige Möglichkeit, es gibt keine Alternative zu diesem Normalisierungsweg. Das ist das Nadelöhr, durch das die ganze Region gehen muss. Serbien wird sich mit einer Annäherung an die Europäische Union auch schwertun, solange die Kosovofrage nicht einer Normalisierung zugeführt wurde.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Minnich? – Bitte.

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Werter Herr Bundesminister! Kosovo ist das jüngste Land Europas mit der jüngsten Bevölkerung. Die Frage lautet: Unterstützen Sie die Beitrittsanträge des Kosovo zur EU beziehungsweise zum Europarat in der derzeitigen Situation?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Ganz klare Antwort: Ja! Wir haben in Thessaloniki vor 20 Jahren – wenn ich sage wir, dann meine ich nicht Österreich, sondern die gesamte Europäische Union – das Versprechen abgegeben, dass jeder Staat dieser Region – und ich spreche lieber von Südosteuropa, weil es eben Europa ist, der Westbalkan ist umgeben von EU-Mitgliedstaaten – die Option und die Perspektive hat, eines Tages Vollmitglied der Europäischen Union zu werden. Dieses Versprechen müssen wir einhalten. Das ist eine geostrategische Aufgabe und eigentlich der geostrategische Litmus Test für die Europäische Union.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Bayr. – Bitte sehr.