Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Bundesminister! Österreichs Bundesregierung, aber auch wir im Nationalrat pflegen einen permanenten und direkten Austausch mit Südtirol auf allen politischen Ebenen. Gerade letzte Woche hat eine Südtiroler Landtagsdelegation das Hohe Haus besucht, und es gab intensive Gespräche zu aktuellen Themen, zum Beispiel zu den Themen Autonomie, Schutzfunktion, zu den Themen Verkehr, Bildung, aber auch zum Thema Recht auf Muttersprache. Auch die Tiroler Landesregierung ist bemüht, laufend gerade das Thema Europaregion Tirol zu positionieren.

Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

254/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie im Hinblick auf die Wiederherstellung der Autonomiekompetenzen Südtirols durch die neue italienische Regierung?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Also ich muss sagen, dass ich eigentlich von der sehr deutlichen und positiven Haltung der neuen italienischen Regierung unter Meloni sehr positiv überrascht bin. Ich habe mehrere Gespräche mit meinem italienischen Kollegen Antonio Tajani gehabt, der im Dezember da war und auch Worte gewählt hat, die man in der Vergangenheit in dieser Form von italienischer Seite nicht gehört hat. Also ich glaube, die Voraussetzungen sind ehr gut.

Wir sind in diesem Zusammenhang natürlich auch in regelmäßigem Kontakt mit Landeshauptmann Kompatscher. Österreich wird diese Rolle, die wir haben, auch weiterhin wahrnehmen, und es gibt jetzt sehr konkrete Gespräche sowohl mit Rom als auch den anderen Regionen, damit Maßnahmen gesetzt werden, die künftig ausschließen, dass zum Beispiel durch die Judikatur des Verfassungs­gerichtshofes in Rom eine Aushöhlung stattfindet, damit entsprechende Kompetenzen im Landesbeamtendienstrecht zum Beispiel wieder zu Südtirol zurückkommen und vor allem, damit künftig Änderungen nur noch mit Zustimmung der Regionen erfolgen können. Ich glaube, das wären sehr wesent­liche Pfeiler.

Ich bin guten Mutes, weil es sehr, sehr positives Feedback, sehr positive Gespräche mit Rom in diesem Zusammenhang gibt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gahr? – Bitte.

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Junge Südtirolerinnen und Südtiroler studieren in Österreich, vor allem jene mit deutscher Muttersprache, und es kommt immer wieder zu Befindlichkeiten oder auch Ablehnungen, was die Anerkennung von Studientiteln betrifft.

Wie stellt sich der aktuelle Stand, Herr Bundesminister, im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung von Studientiteln dar?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Also auch da muss ich sagen: Gut Ding braucht Weile. Wir haben da aber wirklich einen Durchbruch erzielt. Im Dezember gab es eine Tagung der gemischten Expertenkommission zu diesem Thema, und da wurde über alle 26 aufgelisteten Anerkennungs- und Studientitelbereiche Einigung erzielt. Also da können wir wirklich sagen – Daumen nach oben! –: Es geht vorwärts.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Wurm. – Bitte.

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Minister! Sie waren ja heute auch da bei dieser Selenskyj-Veranstaltung. Da ist ja von allen Fraktionen mehr oder weniger das Heldentum der Ukrainer gelobt worden.

Jetzt meine Frage zum Thema Südtirol von Kollegen Gahr: Wie sehen Sie denn den Freiheitskampf und die Helden des Tiroler Freiheitskampfes und die Begnadigung, die in diesem Bereich nach wie vor aussteht? (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Was mir sehr am Herzen liegt – Sie wissen es; wir haben es ja im Ausschuss besprochen, und ich hoffe, ich bekomme heute eine Antwort –, ist natürlich: Wie steht es mit der mittlerweile 104-jährigen Hermine Orian, die als Altöster­reiche­rin den letzten Herzenswunsch hat, als Österreicherin zu sterben?

Sie haben ja versprochen, Sie werden das im Ministerrat demnächst durchbrin­gen. Sie haben es ein bisschen auf den Innenminister geschoben, meines Wissens könnten Sie es selber auch initiieren. Ich habe Ihnen damals wirklich die Chance gegeben, das gütlich zu beenden, Herr Minister, weil Sie gesagt haben, Sie haben ein Herz für diese alte Dame.

Jetzt wollte ich heute noch einmal ganz offiziell fragen: Wann kann man Hermine Orian mit mittlerweile 104 Jahren endlich die frohe Botschaft überbringen, dass die österreichische Bundesregierung aus ÖVP und Grünen so viel Herz hat, dieser Dame ihren letzten Wunsch zu erfüllen und ihr die Staatsbürgerschaft zu verleihen?

Sie wissen, es spricht nichts dagegen. (Ruf bei der ÖVP: Hallo! 1 Minute!) Ich habe aber nach wie vor den Eindruck, man spielt da auf Zeit, und deshalb, Herr Minister, bitte ich heute noch einmal um eine klare Aussage: Wann können wir der Dame diese frohe Botschaft endlich überbringen? – Danke.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Also zum einen: Ich habe ein Herz für diese Angelegenheit. Zum Zweiten: Ich verstehe total die Emotionalität. Sie werden aber verstehen, dass auch Emotionen den Rechtsrahmen nicht aushebeln, und es gibt gewisse Voraussetzungen für die Staatsbürgerschaft im Staatsbürger­schaftsrecht, die verankert sind.

Wir, das Außenministerium, sind nicht verfahrensführende Behörde, das sind wir schlicht und ergreifend nicht. Es stimmt auch nicht, wenn Sie sagen, ich könnte das initiieren. Das kann ich nach dem Bundesministeriengesetz schlicht und ergreifend nicht machen.

Es ist aber sicher nicht richtig, dass wir es aufschieben. Da würde ich Sie bitten, dass Sie die Frage an den zuständigen Minister richten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke sehr.

Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt, und damit erkläre ich die Fragestunde für beendet. Ich bedanke mich beim Herrn Außenminister ganz herzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)