14.56

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Geschätzte Staatssekretärin! Ein Gesetzesantrag, drei Frauen in unterschiedlichen Rollen und doch eine Geschichte: Andrea betreibt ein Hotel, und wie viele andere in der Tourismusbranche sucht auch sie händeringend nach Arbeitskräften, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Amina kommt aus Bosnien und arbeitet schon einige Saisonen lang bei Andrea. Andrea kann sich immer auf Amina verlassen, und Amina fühlt sich im Hotel von Andrea wohl.

Dann haben wir noch Evgenia. Evgenia musste vor einem Jahr vor Putins brutalem Angriffskrieg aus der Ukraine fliehen und lebt seither in Österreich. Sie hat sich immer besser eingelebt, kann bereits einfache Unterhaltungen auf Deutsch führen und möchte, nachdem sie bereits Gelegenheitsjobs gemacht hat und ihr Sohn jetzt einen Platz in der Volksschule gefunden hat, nun auch am Arbeitsmarkt Fuß fassen.

Andrea sucht nach Personal, Amina und Evgenia wollen arbeiten, aber die derzeitige gesetzliche Regelung und die Bürokratie legen ihnen ordentliche Scheite in den Weg. Das macht die Situation für die drei Frauen alles andere als angenehm. Und genau diese Situation ändern wir mit diesem Antrag.

Was heißt das konkret für diese drei Frauen? – Fangen wir mit Evgenia an: Sie und die anderen 85 000 aus der Ukraine Geflohenen haben künftig einen direkten und unbürokratischen Zugang zum Arbeitsmarkt. Bislang musste die Beschäftigungsbewilligung beim AMS gestellt werden. Das entfällt nun, und somit bauen wir die unnötigen Hürden ab. Damit geben wir den ukrainischen Vertriebenen eine Perspektive und eine Chance am Arbeitsmarkt. Denn – so ehrlich müssen wir sein – der Krieg wird noch länger anhalten, und es braucht diese langfristige Perspektive, um in Österreich wirtschaftlich Fuß fassen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Das freut auch Andrea, die den Betrieb ihres Hotels aufgrund des Personal­mangels kaum noch aufrechterhalten konnte und mit Evgenia nun eine zusätzliche Entlastung hat.

Auch Amina freut sich, und zwar über einen weiteren Punkt im Paket: Auch für die Stammsaisoniers schaffen wir einen deutlichen Bürokratieabbau, denn das Erfordernis der notwendigen Sprachkenntnisse in Deutsch wird an die Arbeitsrealitäten angepasst. Und nicht nur das: Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte haben wir es auch das erste Mal in der Geschichte hinbekommen, dass beim Punktekatalog eben nicht nur Englisch zählt, sondern auch weitere Sprachen. Diese Änderungen sind nicht nur im Sinne von Andrea, Evgenia, Amina und vielen weiteren Arbeitgebern und -geberinnen, Arbeitnehmern und -nehmerinnen, sondern sie wurden auch von vielen NGOs gefordert. Wir haben sie umgesetzt.

Andrea hätte aber noch einen weiteren Wunsch: Als Unternehmerin kann sie einfach nicht verstehen, dass sie trotz des Personalmangels die Schutz­suchenden, die bei ihr im Ort leben und die arbeiten wollen, nicht einstellen kann. Das macht für Andrea keinen Sinn, und sie hat recht. Es ist sowohl aus menschlicher als auch aus ökonomischer Perspektive überhaupt nicht sinnvoll, dass wir Menschen, die bei uns leben und arbeiten wollen, nicht arbei­ten lassen.

Andrea kann mit diesem ausländerfeindlichen Kurs, den gewisse Parteien hier im Haus vertreten, einfach nichts anfangen, und auch da hat Andrea recht. Wir sollten die Anliegen der Wirtschaftstreibenden ernst nehmen, wir sollten aufhö­ren, Schutzsuchende zu Sündenböcken zu machen, und stattdessen Perspektiven und Chancen mit einer Integration auf dem Arbeitsmarkt bieten, als Gewinn für uns alle. (Beifall bei den Grünen.)

Noch kurz zur SPÖ: Man kann nicht von Billigarbeitskräften oder sonst irgend­etwas reden. Zur rechtspopulistischen Differenzierung auf dem Arbeits­markt muss ich schon sagen: Ich glaube, man sollte sich fragen, ob man, wenn die FPÖ dagegenstimmt, auf der richtigen Seite steht.

Noch eines zur FPÖ: Nicht nur dass Ihre rassistische Ideologie hinsichtlich der Rot-Weiß-Rot-Karte hinten und vorne keinen Sinn macht, auch Ihre Aktion heute Vormittag war einfach nur peinlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.) Ich frage mich schon, ob das eine direkte Anweisung von Kriegsverbrecher Putin war. Was an dieser Rede von Präsident Selenskyj hat Sie tatsächlich gestört? (Abg. Stöger: Sie haben sie ja nicht gehört!) Was war so schlimm, dass Sie den Saal verlassen mussten und Ihre peinlichen Karten aufge­stellt haben? (Abg. Kickl: Das glaube ich, dass Sie das nicht verstehen! Das ist durchaus nachvollziehbar, dass Sie da Verständnisschwierigkeiten haben!) War es der Dank von Selenskyj an die Österreicher und Österreicherinnen für die humanitäre Hilfe? War es der Dank Selenskyjs für die Hilfsaktion Nachbar in Not? War es der Dank Selenskyjs für die Räumung von Minen oder für die ärztliche Hilfe? War es der Wunsch von Selenskyj nach Frieden für die ukra­inische Bevölkerung? (Abg. Kickl: Vielleicht lesen Sie einmal den UNO-Bericht zu Kriegsverbrechen der Ukraine! Lesen Sie das einmal durch, ja! Da finden Sie auch Aufschlussreiches!)

Ich würde sagen: Schämen Sie sich, dass Sie dieses peinliche Zeichen gesetzt haben – vor Hunderttausenden Menschen, die vor Bomben und Krieg flüchten mussten! Sie haben Freiheit in Ihrem Namen, aber von Freiheit sind Sie meilenweit entfernt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.02

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)