9.40

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Gäste auf der Galerie – und da möchte ich besonders die Freiheitskämpfer Niederösterreich mit dem Nationalrat außer Dienst Toni Heinzl begrüßen –, herzlich willkommen im Parlament! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Wurm und Schallmeiner.)

Wir haben in Österreich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, ein System, das grundlegend vom Solidaritätsprinzip geprägt ist – das heißt also, dass jede Person in Österreich unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht oder Einkommen gute und notwendige Gesundheitsversorgung bekommen sollte –, doch leider erleben wir in den letzten Jahren, dass dieses bisher immer sehr verlässliche System zu bröckeln beginnt. Einsparungen und sogenannte Verwal­tungsreformen – ich möchte da nur die Zerschlagung der Gebietskrankenkassen anführen und in diesem Zusammenhang nur kurz das Märchen der Patienten­milliarde anreißen – haben dazu geführt, dass die Gesundheitsversorgung vieler Menschen nun tatsächlich auf dem Spiel steht.

Schon jetzt werden Menschen nicht mehr so gut versorgt, wie sie es eigentlich verdient haben. Es fehlen Gesundheitspersonal in den Spitälern, aber vor allem auch Kassenärzte und -ärztinnen im ländlichen Bereich.

Wir alle kennen das mittlerweile: Man wartet monatelang auf einen Termin, vor allem bei Fachärztinnen und Fachärzten, die Wartezimmer sind beinahe über­füllt, denn selbst mit einem Termin sind die Wartezeiten unerträglich geworden, aber auch im Spitalsbereich, in den Ambulanzen, auch bei tagesklinischen Fällen ist die Situation katastrophal geworden.

Ich möchte da nur ein Beispiel nennen, das ein sehr tragisches ist: Eine 90-jäh­rige Frau wird aus einem Pflegeheim zu einer tagesklinischen Behandlung in ein Spital gebracht; nach 12 Stunden wird sie wieder zurückgebracht. Jetzt denkt man sich: Es ist ja unzumutbar, wie lange sie auf die Behandlung warten musste!, nur das wirklich Tragische daran ist, dass sie gar keine Behandlung bekommen hat! Sie wurde einfach nach 12 Stunden wieder zurück ins Heim geschickt. (Abg. Rendi-Wagner: Wahnsinn!) Das sind Zustände, aufgrund derer man sagt: Damit muss jetzt einfach Schluss sein! (Beifall bei der SPÖ sowie Bravoruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Wir müssen dafür sorgen, dass die Ärztinnen und Ärzte nach ihrem Studium im öffentlichen Gesundheitssystem bleiben, dass es wieder mehr Ordinationen mit Kassenverträgen gibt. Wir wissen: Die Anzahl der Kassenstellen sinkt, die Bevölkerung wächst – das kann sich nicht mehr ausgehen. Wir wissen auch, dass, so wie in allen anderen Berufen, natürlich auch Ärzte und Gesundheits­personal mit der Pensionierungswelle in den nächsten Jahren in Pension gehen werden. Also: Wie können wir unser System vor dem Einstürzen retten?

Fangen wir bei der Ausbildung an: Es gibt viele junge Menschen, die im Gesund­heitssystem arbeiten wollen; leider gibt es zu wenige Ausbildungsplätze. Aus unserer Sicht muss die Zahl der Medizinstudienplätze in Österreich erhöht werden (Beifall bei der SPÖ), aber auch die Ausbildung von Pflegekräften muss attraktiver gestaltet werden.

Nun haben wir am Mittwoch vom Ministerrat gehört, dass der Weg der Pflege­lehre jetzt einmal geebnet werden sollte, und das sehen wir schon sehr kritisch und lehnen es ab. Auch die Arbeiterkammer sagt, dass der Großteil der prak­tizierenden Pflegekräfte gegen eine Pflegelehre ist, und an sich sollte man auf die hören, die im System arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein wesentlicher Punkt sind natürlich die Arbeitsbedingungen von Ärzten und Ärztinnen in den Spitälern, aber auch die von Kassenärzten. Wir wissen auch, dass extrem viele Pflegekräfte aus diesem Bereich fliehen, weil sie es nicht mehr schaffen, ihre Tätigkeit, die sie eigentlich gerne machen, mit ihrer psychischen und physischen Gesundheit zu vereinbaren, und da müssen wir bei den Arbeits­bedingungen unbedingt nachschärfen.

Ich spreche jetzt nicht allein von Geld! Natürlich hängt das auch immer mit der finanziellen Komponente zusammen, aber es geht um Arbeitsbedingungen und nicht nur um den Pflegebonus, um die 135,50 Euro brutto für eine Vollzeitkraft, es geht um moderne Arbeitsbedingungen, also darum, dass man den Job auch länger machen kann, nicht nur ein paar Jahre.

Wesentlich ist, dass wir im niedergelassenen Bereich betreffend die Primär­versorgungszentren, diese Einrichtungen, endlich in die Umsetzung kommen. Dieses Gesetz gibt es schon lange, aber seine Umsetzung passiert dermaßen zögerlich. Es ist einfach wichtig, dass wir eine wohnortnahe Versorgung schaffen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusswort bitte!

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (fortsetzend): Ja. – Herr Vizekanzler, schauen Sie nicht weg, stellen Sie die Gesundheit wieder in den Mittelpunkt! Die Teuerung war so, dass Mieten schon zum Luxus geworden sind. (Ruf bei der FPÖ: In Wien!) Die Gesundheit darf in unserem Land niemals zum Luxus werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Jetzt hören wir sicher Erklärungen für den Kurs Hartinger-Kleins!)