10.06

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Kollegin Scheucher-Pichler, Genosse Kucher, unser Gesundheitssprecher, hat nach Monaten jetzt einen Facharzttermin bekommen, deswegen ist er nicht anwesend, sonst hätte er wieder ein paar Monate warten müssen. Das nur zur Entschuldigung, weil Sie es hier erwähnt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheucher-Pichler: Ja, also das glaubt Ihnen jetzt kein Mensch!)

Ich möchte nur eines sagen, weil ich gerade von meinem Kollegen Alois Schroll aus seinem Wahlkreis, druckfrisch in den „Niederösterreichischen Nachrichten“, einen „Hilferuf“ der Betriebsratsvorsitzenden Margit Huber aus dem Kranken­haus Amstetten bekommen habe: Wir „können nicht mehr“! – Das ist eines von vielen Spitälern in Österreich, in denen das Personal am Limit ist. Herr Vize­kanzler, liebe ÖVP, wir brauchen keinen Autogipfel, wir brauchen endlich einen Gesundheitsgipfel für dieses Land, damit da etwas weitergeht! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Kritik von Kollegen Schallmeiner möchte ich eines sagen: Es war Gesund­heitsministerin Pamela Rendi-Wagner, die hier im Mai 2017 die Grundlage für die Primärversorgungszentren geschaffen hat – das nur zur Klarstellung, weil es immer heißt, wir wollen Verantwortung abgeben. – Nur diese Bundesregierung will hier keine Verantwortung übernehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sonst niemand. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe gestern den Gesundheitsminister in Ö1 gehört, Herr Vizekanzler. Er hat gesagt, was Sie auch schon ausgeführt haben: Finanzausgleich, Kassenmedizin forcieren, dass Wahlärzt:innen auch Elga verwenden und zu einer Diagnoseko­die­rung verpflichtet sein sollen, das Potenzial des medizinisch-technischen Pflegepersonals heben, die können mehr, als sie momentan dürfen, und auch die Apothekerinnen und Apotheker können mehr, als sie momentan dürfen. Ich glaube nur nicht, dass die ÖVP und die Ärztekammer da mitspielen, das glaube ich nicht.

Wir haben es ja schon von den Vorrednern gehört: Hinter dieser Reform der Sozialversicherung gibt es eine andere Agenda, denn sie haben ja gesagt: Die Player im Gesundheitssystem sind die Länder, das ist die Ärztekammer in den Ländern, und so weiter. Man hat diese Sozialversicherungsstruktur in der ÖGK jetzt so geschaffen, dass sie zentralisiert wurde, dass die Landesstellen der ÖGK keine Macht mehr haben, keine Kompetenzen mehr haben, sie müssen in der Zentrale nachfragen, ob sie einen Radiergummi kaufen dürfen, und dergleichen mehr. Also man hat hier schon sehr bewusst die gut funktionierenden neun Gebietskrankenkassen, die in Summe ein Plus in der Bilanz hatten, zerstört – mithilfe der FPÖ. Ich glaube, euch war das nicht so bewusst, der ÖVP ist das sehr wohl bewusst, weil bei der ÖVP heißt es: weniger Staat, mehr privat – auch im Gesundheitswesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen eine Verdoppelung der Zahl der Studienplätze. Ich sage nur eines – Kollegin Rendi-Wagner hat es schon angeführt –: Wir haben ein Problem bei der Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte. 30 Prozent der Ärzt:innen gehen in den nächsten zehn Jahren in Pension. Wir brauchen pro Jahr 1 450 junge Ärzte, nur um den Status zu erhalten, wir kriegen aber pro Jahr nur 840 Ärzte ins System. Es gäbe genug junge Menschen, die ein Medizinstudium in Angriff nehmen wollen. Jedes Jahr wollen mehr als 16 000 junge Menschen das Medizinstudium in Angriff nehmen – Plätze haben wir leider nur 1 850. Kollege Smolle, du weißt, dass wir hier ein strukturelles Problem haben. Die Botschaft ist, dass wir eben auch betreffend diese Ärztinnen und Ärzte unbedingt Kassenverträge brauchen; wir brauchen mehr Kassenverträge, es braucht mehr Geld insgesamt im Gesundheitssystem.

Und was die Pflegekräfte betrifft, so ist jetzt ein bisschen etwas passiert – ja, das muss man auch anerkennen –, aber: So ein wichtiger Beruf! Jetzt kriegen Polizeischülerinnen und -schüler – das ist jetzt erhöht worden – 2 000 Euro brutto. Gut so, verdient! Jetzt habe ich gehört, Offiziersanwärter in der Militärakademie kriegen 2 100 Euro netto. Gut so, verdient! Deswegen verstehe ich aber nicht, dass man pflegende Menschen, Menschen, die in der Pflege­ausbildung sind, mit 600 Euro abspeist. (Abg. Ribo: 1 400! 1 400!) Da gehört nachgezogen! Da gehört nachgezogen, genauso wie bei anderen. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wie die Arbeitsbedingungen verbessert werden sollen, darf auch kein Thema mehr sein, dass jeder Arbeitsmonat im Gesundheitssystem automatisch ein Schwerarbeitsmonat sein muss. Dazu braucht es kein Feststellungsverfahren, das soll einfach so festgelegt sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben in Österreich auch 950 000 Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Davon sind allein 43 000 Jugendliche, die ihre Angehörigen pflegen. Jetzt gibt es verschiedene Modelle, die gut sind, und wir müssen überall darauf schauen, dass diese Menschen, die vielleicht ihren Job kündigen müssen, vielleicht in Teilzeit gehen müssen, damit sie ihre Angehörigen pflegen können, sozialversicherungstechnisch abgesichert sind.

Und jetzt geht die ÖVP/FPÖ-Regierung in Niederösterreich her, fährt landauf, landab, jubiliert und preist, dass es in Niederösterreich einen Pflegebonus von 1 000 Euro gibt. Jetzt war ich bei einem Sprechtag, und dort war eine Frau, die ich leider enttäuschen musste, denn sie hat geglaubt, sie bekommt 1 000 Euro im Monat. Ich habe gesagt: Nein, das ist ein Missverständnis! Frau Mikl-Leitner und Udo Landbauer haben gemeint, 1 000 Euro im Jahr – das sind 83,33 Euro im Monat, die man bekommt, und zwar maximal, denn das ist noch sozial gestaffelt. (Abg. Greiner – in Richtung ÖVP –: Da könnt ihr stolz sein! Wahnsinn! Wahnsinn!) – Das ist die Sozialpolitik von ÖVP und FPÖ, und das wird sich im Bund auch noch widerspiegeln, wenn es so weitergeht. Da braucht ihr gar nicht stolz darauf zu sein, das ist nämlich eine Verhöhnung dieser Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke – dies abschließend, denn die Redezeit ist schon zu Ende –, mit dem Steuergeld und mit den Sozialversicherungsbeiträgen sollte die Lebenssituation der Menschen verbessert und nicht verschlechtert werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte sehr. (Abg. Leichtfried: Endlich ein Taferl!)