11.59

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Ich darf vorweg für meine Kollegin Petra Wimmer eine Gruppe aus Wels-Land mit dem ehemaligen National­ratsabgeordneten Georg Oberhaidinger herzlich willkommen heißen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.) Sie kommen zu einer wirklich sehr spannenden Debatte, nämlich zur Fragestellung: Wie korrupt ist die ÖVP?

Ein Jahr lang haben wir uns mit dem Thema auseinandergesetzt, und ich darf Ihnen sagen und wir dürfen Ihnen sagen: Es handelte sich nicht um Einzelfälle, sondern um systematische Korruption, beginnend mit dem Projekt Ballhausplatz, das den Weg zur Macht aufbereitet hat. (Abg. Michael Hammer: Das hat aber der Dosko jetzt auch, oder? Dosko hat auch einen Plan! – Abg. Höfinger: Projekt Löwelstraße!)

Diese Macht wurde nach kürzester Zeit missbraucht. Erinnern wir uns: Hure der Reichen, ein Chat, nämlich eine ganz klare aktive Einflussnahme auf Steuer­angelegenheiten durch ÖVP-Politiker:innen, aber nicht im Sinne der Republik, sondern ganz klar im Sinne der Millionär:innen, der Milliardär:innen und der Spender:innen der ÖVP.

Ein weiteres Stichwort: gekaufte Umfragen. Das Beinschab-Tool ist heute schon erwähnt worden. Aber von Beinschab zu Unterhuber: Es gab einfach mehrere Tools, die steuerfinanziert waren, die aber nichts mit den Ministerien zu tun hatten, sondern ganz klar Parteipolitik im Sinn hatten, um Stimmung zu machen und Wahlen zu gewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: 1,2 Milliarden Euro für Kinderbildung, die von Sebastian Kurz ganz klar bewusst verhindert wurden. Wir erinnern uns an den Chat: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ – Damit sind den Kindern, einer ganzen Generation Kinderbildungseinrichtungen gestohlen worden. Das ist unfassbar und unfassbar dreist. Das ist also systematische Korruption. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder auch Steuergeld, das sehr, sehr gerne genommen, aber weniger gerne bezahlt wurde: Werfen wir einen Blick auf den NPO-Unterstützungsfonds! Corona hat uns, wie Sie wissen, alle erschüttert, auch viele Vereine: Sportver­eine, Kulturvereine, die Feuerwehren und viele, viele mehr. Um da akut zu helfen, ist der Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds ins Leben gerufen worden. Das war gut und wichtig so. Explizit ausgenommen waren aber Parteien und ihre Teilorganisationen – logisch, oder? Diese Kriterien sind nicht von uns, der Sozialdemokratie, definiert worden, nein, sie kamen ganz klar von der Regierung und waren damit der Kanzlerpartei, der ÖVP, bestens bekannt.

Das ist anscheinend aber alles egal, denn die Jugendsektion des ÖVP-Bauern­bunds in Tirol, nämlich die Jungbauernschaft oder auch Landjugend, hat 853 000 Euro kassiert. Ewig und drei Tage wurde die Zugehörigkeit zum Bauernbund und damit zur Teilorganisation der ÖVP bestritten. Das ist absolut lächerlich, werte Kollegen und Kolleginnen, denn erstens steht im Statut ganz klar drinnen, dass das eine Teilorganisation ist, und zweitens darf ich Sie auf etwas aufmerksam machen: Öffnen Sie die Homepage des Patent­amts! Dort werden Sie nämlich Folgendes finden: Der Tiroler ÖVP-Bauernbund ist Markeninhaber der Jungbauern, der Landjugend in Tirol. Wie dreist ist das eigentlich? (Abg. Hörl: ... lesen! Lesen! Sie Träumerin, Sie!) Und was für ein Scherz ist es, zu behaupten, man habe damit nichts zu tun, obwohl einem die Marke gehört? (Beifall bei der SPÖ.)

Das Ergebnis: Die Jungbauern waren aufgefordert, Gelder zurückzuzahlen. Die Jungbauern waren aber nicht die Einzigen (Abg. Hörl: Sie sind eine Träumerin!), die kassiert haben, auch der Seniorenbund in Oberösterreich hat Anträge gestellt, und auch die Junge Volkspartei hat so getan, als wäre sie parteiunabhängig. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das ist frech und unerhört, aber es ist eben System. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Abschließend: Im Jahr 2020 wurde unter der Federführung von Finanzminister Gernot Blümel die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes gegründet. Das Ziel war eigentlich, die 19 Milliarden Euro, die vom Finanzministerium in die Cofag kamen, den Unternehmen sehr unkompliziert als Hilfe zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis war, dass die Großkonzerne überfördert wurden und die kleinen und mittleren Betriebe ziemlich auf der Strecke blieben und die Hilfen nicht bekamen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es war also wiederum eine Förderung der Superreichen und der Spenderinnen und Spender.

Genau deshalb darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen (Abg. Wöginger: Ist das jetzt ein Rendi- oder ein Doskozil-Antrag?):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereingliederung der Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH"

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende Mai 2023 einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH aufgelöst sowie alle ihr übertragenen Aufgaben wieder in die staatlichen Verwaltung eingegliedert werden.“

*****

Stimmen Sie diesem Antrag zu, denn es braucht endlich wieder Politik für die vielen und nicht für die wenigen! (Abg. Michael Hammer: Es ist Zeit für Babler!) Und deshalb raus mit der ÖVP aus der Regierung! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jan Krainer, Genossinnen und Genossen

betreffend „Wiedereingliederung der Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH "

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1 Bericht des Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) (4/US) gemäß § 51 VO-UA (1996 d.B.)

Im Frühjahr 2020 wurde unter ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) gegründet, um die Corona Hilfen an Unternehmen abzuwickeln. Die Ausgliederung dieser staatlichen Aufgabe im Zuge der Pandemie an die COFAG, auf Grundlage des 3. Covid-19 Gesetzes im April 2020, erfolgte unter dem Deckmantel der Effizienzsteigerung und Flexibilisierung der Förderungsgewährung. Die COFAG-Struktur wurde jedoch seitens der ÖVP bewusst mit der Absicht gewählt, die parlamentarische Kontrolle über die Abwicklung der Hilfen auszuschalten und um Steuergeld ohne umfassende Kontrolle an die eigene Klientel verteilen zu können.

In Summe wurden 19 Milliarden Euro im Rahmen des Corona-Hilfsfonds zur Verfügung gestellt. Wohin die Milliarden durch die COFAG geflossen sind, konnte jedoch durch das Parlament nicht offen und transparent nachvollzogen werden, da operative Angelegenheiten ausgegliederter Rechtsträger nicht dem parlamen­tarischen Interpellationsrecht unterliegen. Erst durch die Arbeit des ÖVP-Korrup­tions-Untersuchungsausschusses sowie die Prüfung des Rechnungshofes wurde festgestellt, dass auf der einen Seite systematische Überförderung einzelner Konzerne vorlag, während auf der anderen Seite vor allem bei vielen kleineren und mittleren Betriebe die Auszahlung der Hilfen nicht in versprochener Form funktioniert hat. Die COFAG war schlussendlich ein Instrument zur Gewinnsicherung von (umsatzstarken) Großbetrieben, aber nicht, wie die Regierung behauptet, zur Existenzsicherung der kleineren und mittleren Betriebe. 60% der genehmigten Zuschüsse betrugen über 100.000 Euro. Die Top 7,2% der Unternehmen erhielten 61,6% der Corona-Gelder und das Top 1% erhielt gar ein Viertel aller Hilfsgelder.

Der Rechnungshof zerpflückte in seinem Bericht aus dem August 2022 das miss­glückte Krisenfinanzierungsprojekt der Regierung noch weiter. Kritisiert wurde sowohl die Entstehung der Gesellschaft selbst, da bei ihrer übereilten Gründung auf die Prüfung alternativer Formen verzichtet worden ist, als auch die Arbeit der COFAG selbst, da neben hohen Gehältern und Beratungskosten von 36 Millionen Euro (bis Dezember 2021) auch beachtliches Potential zur Überförderung festgestellt worden ist.1

Im März 2023 wurde schlussendlich auch seitens der Europäischen Kommission festgestellt, dass sich die COFAG nicht an den für die Pandemie entwickelten Beihilfenrahmen gehalten und zu großzügig gefördert hat, weswegen es nun auch noch zu Rückforderungen kommen könnte.2

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende Mai 2023 einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH aufgelöst sowie alle ihr übertragenen Aufgaben wieder in die staatlichen Verwaltung eingegliedert werden.“

1 Bericht des Rechnungshofes, Reihe BUND 2022/31, COFAG und Zuschüsse an Unternehmen, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/aktuelles/Ueberfoerderungspotenzial_bei_COFAG-Hilfen.htmI.

2 https ://www.derstandard.at/story/2000144246274/oesterreich-im-visier-der-eu-wegen-ueberfoerderung-mit-corona-hilfen

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Ich glaub’, der ist für Option vier!)