13.00

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Nach dieser Debatte werde auch ich mir jetzt erlauben, allgemein zur Medienpolitik zu sprechen, denn ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass wir ein paar Dinge aussprechen, klarstellen und vielleicht auch den Rahmen, in dem wir hier agieren, ein bisschen erläutern. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Journalismus, unabhängiger Journalismus, ist zwingend notwendig in einer Demokratie: Wenn es diesen nicht gibt, ist es keine Demokratie. (Beifall bei den Grünen.)

Die Politik hat die schwierige Aufgabe, die Rahmenbedingungen – die politi­schen Rahmenbedingungen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen et cetera – für die Medien so zu gestalten, dass Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit bestmöglich machen können, unabhängig machen können (Abg. Brandstätter: Genau das können sie nicht!), dass sie finanziell abgesichert sind und nicht dem politischen Einfluss ausgeliefert sind. (Abg. Brandstätter: Genau das können sie nicht! ... auch unangenehm selber!)

Ich finde sehr interessant, teilweise aber auch sehr erschütternd, was hier von der Parteivorsitzenden Meinl-Reisinger gekommen ist (Abg. Brandstätter: Erschütternd!), denn ich glaube, grundsätzlich teilen wir alle hier – bis auf die Freiheitlichen – dieses Grundverständnis, was Journalismus und was Medien leisten müssen. Die Freiheitlichen glauben ihren Propagandachannels, sie glauben alternative Fakten. Eine medienpolitische Diskussion ist mit den Frei­heitlichen nicht sinnvoll zu führen, und welche Medienpolitik sie gemacht haben, weiß man aus den Chats ihres Parteichefs H.-C. Strache im Kontext mit Postenbesetzungen im ORF. Ich glaube also, die Freiheitlichen können oder müssen wir aus dieser Debatte mehr oder weniger ausklammern. (Abg. Belakowitsch: Wie schaut es denn mit den Postenbesetzungen bei den Grünen aus? – Abg. Brandstätter: Und die ÖVP-Chats? – Abg. Hafenecker: Die Sideletter der Grünen ... super!)

Die rechtliche Frage ist dann folgende: Wir sind in einem dualen Medienmarkt.

Wir haben einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der in der Demokratie eine ganz, ganz zentrale Rolle hat. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa lieferten einen wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung nach 1945. Der öffentliche Rundfunk stellt Informationen bereit, bereitet Dinge auf, die andere Medien oft nicht bringen, beispielsweise ist orf.at eine Plattform, die insbesondere für Menschen mit Behinderungen – mit Sehbehinderungen, mit anderen Einschränkungen – ganz, ganz wichtig ist, weil sie barrierefrei ist. Der ORF ist dazu verpflichtet, sein Angebot barrierefrei zu gestalten und, und, und. Der ORF hat auch ein großes Unterhaltungsangebot, auch darüber kann man diskutieren. Ich glaube, das ist gut, weil es den ORF insgesamt breit absichert.

Gleichzeitig haben wir einen privaten Medienmarkt, der in den österreichischen Rahmenbedingungen – einem kleinen Land – so gewachsen ist, wie er gewachsen ist. Ich glaube, es gibt da viele Erbsünden, wie ein ehemaliger roter Kanzler in Bezug auf die Inseratenkorruption gesagt hat. Es ist ein gewachsener Medienmarkt; es gab Fusionen, die hinterfragenswert sind et cetera, aber er ist nun einmal so, wie er ist.

Ja, auch die privaten Medien stehen sehr stark unter Druck. Wegen des Papier­preises diskutieren ganz andere Zeitungen, ob sie ihre Printausgabe einstellen, also Zeitungen, die eine ganz andere Finanzierung haben, weil das einfach nicht mehr das Medium der Zeit ist und weil der Papierpreis hoch ist. Es gibt steigende Kosten durch die Inflation und es gibt definitiv schwierige Rahmenbedingungen für alle Seiten.

Das, was wir als Politik versuchen, ist, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir einerseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut absichern, so finanzieren, dass er seine wichtige Arbeit leisten kann, und ihm gleichzeitig die digitalen Möglichkeiten geben, dass er zukunftsfähig ist.

Gleichzeitig haben wir so viel öffentliches Geld für private Medien im System wie noch nie zuvor. Mit der erst zu beschließenden Qualitätsjournalismus­förderung werden erstmals in der Zweiten Republik dann objektive Qualitäts­krite­rien eingeführt, an denen sich die Finanzierung orientiert – da geht es um 20 Millionen Euro, in der Vergangenheit waren es 8 Millionen Euro. Das ist ein großer Meilenstein, fast eine Verdreifachung der Mittel, und mit diesen Maß­nahmen versuchen wir, die Balance zu halten.

Ich finde die Diskussion, so wie sie geführt wird, zum Teil verlogen, und ich finde die Debatte, wie sie hier zum Teil geführt wird, auch ein bisschen bequem.

Ich möchte noch etwas zur Frage der „Wiener Zeitung“ sagen: Wir haben uns das nicht ausgesucht. Glauben Sie, es macht uns Spaß (Abg. Hafenecker: Mit der ÖVP zu regieren? Nein, glaube ich nicht!), dass wir diese wirklich furchtbaren Entscheidungen treffen müssen? Es gibt eine EU-Richtlinie, die wir umsetzen müssen, weil sonst Strafzahlungen drohen, und es ist unionsrechtlich und wettbewerbsrechtlich – aber mit solchen Fragen beschäftigen Sie sich dann nicht – nicht möglich, einfach zu sagen: Passt, wir hauen weiter 18 Millionen Euro in eine einzige Zeitung!

Wir schaffen es mit den Rahmenbedingungen, die wir kreieren – über 7 Mil­lionen Euro für das Medium –, dass die „Wiener Zeitung“ sich in ein digitales Medium transformiert, und ich habe großes Vertrauen in die unabhängige Redaktion, die nämlich keinen Todesstoß erhält, sondern die natürlich weiter arbeiten und neue Projekte machen wird, und bin zuversichtlich, dass das auch gut gelingen kann. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Ich habe vorhin gesagt, dass die medienpolitische Debatte zum Teil verlogen ist; ein Teil dieser Verlo­genheit betrifft den Umgang mit Inseraten (Abg. Erasim: ... verlogen!), wir wissen das aus den Chats, in denen das Beinschab-Tool dokumentiert ist. Frau Erasim, ich glaube, Kollegin Disoski wird dann ein bisschen etwas zu Ihrer Partei in Wien sagen.

Ex-Kanzler Kern hat das Wort „Erbsünde“ (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim) im Zusammenhang mit der Inseratenpolitik gesagt. Wir schaffen heute ein Transparenzgesetz – und ich bedanke mich bei allen, die zustimmen –, das in Zukunft jedes Inserat ab dem ersten Euro transparent stellt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein System wie bisher, bei dem eine Grenze eingezogen war – bei der das Inserat dann zufälligerweise 3 999 Euro gekostet hat –, ist in Zukunft nicht mehr möglich. Außerdem wird die Transparenzdatenbank so gestaltet, dass man darin auch tatsächlich etwas findet und etwas lesen kann – das war nämlich leider auch nicht so –, und wir schaffen die Verpflichtung, dass bei Regierungsinse­ra­ten ab einer bestimmten Höhe gut begründet sein muss, warum man wo wirbt und was das Wirkungsziel ist, weil logischerweise Inserate dort geschaltet werden sollen, wo sie die richtigen Personen erreichen. Wenn ich Pensio­nist:in­nen ansprechen möchte, dann ist ein klassisches Printprodukt möglicher­weise das Medium der Wahl, wenn ich junge Menschen erreichen möchte, dann wahrscheinlich eher weniger.

Das ist ein großer Meilenstein in der Transparenz, und insgesamt haben wir in den letzten Wochen, Monaten, im letzten Jahr sehr viele Meilensteine weitergebracht. Wir gehen jetzt mit der Digitalnovelle und mit dem Beitrag für den ORF in Begutachtung, wir werden das Qualitätsjournalismusförde­rungs­gesetz mit 20 Millionen Euro beschließen, wir werden heute das Trans­parenz­gesetz beschließen. Irgendetwas habe ich jetzt sicher vergessen, aber wir schaffen jedenfalls neue Rahmenbedingungen für die österreichischen Medien – die privaten wie die öffentlichen –, damit wir das, was für unsere Demokratie am allerwichtigsten ist, was wir brauchen, nämlich unabhängigen Journalismus, sicherstellen können. (Abg. Brandstätter: Das Gegenteil macht ihr!)

Diese Gesetze sind ein großer Schritt in diese Richtung, und ich bitte um mög­lichst breite Zustimmung für das Transparenzgesetz heute. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.08

Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan das Wort ergreift, kurz Folgendes: Es ist die Frage gekommen, warum ich keinen Ordnungsruf gegeben haben. Die Aussage lautete, die „Debatte“ ist „verlogen“. Wenn die Frau Klubobfrau gesagt hätte: Sie sind verlogen, oder: Sie lügen, dann hätte es einen Ordnungsruf gegeben. (Abg. Leichtfried: Ja, aber die Debatte sind wir!) – Nein, wir sind nicht die Debatte. (Abg. Lindner – erheitert –: Über das können wir noch reden!)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Stefan zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.