13.38

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, Sie sind für unabhängigen Jour­nalismus. Als Sie das gesagt haben, habe ich an Goerge Orwell, „1984“, gedacht: „Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“, „Unwissenheit ist Stärke“. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Erzählen Sie mir bitte, was Sie wollen, aber erzählen Sie mir nicht, dass Sie für unabhängigen Journalismus sind! Ich habe es erlebt, ich weiß, was unter Schwarz-Blau los war. Ich weiß, wie man mit Journalistinnen und Journalisten umgegangen ist (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), ich weiß, und deswegen würde ich auch an die Kolleginnen und Kollegen appellieren: Erzählt einmal, wer aller euch angeschrien hat, wie ihr alle bedroht wurdet, wie viel Angst in den Redaktionen gemacht wurde – von Ihren Parteifreundinnen und Parteifreunden, Frau Bundesministerin.

Wissen Sie, Sie haben das natürlich mit der FPÖ sehr gut gemacht. Da erinnere ich mich auch noch sehr gut an einen Medienerlass des Innenministers – Kickl hat er geheißen –, in dem drinnen gestanden ist, gewisse Medien dürfen keine Informationen bekommen. Das war ganz klar. Allerdings gab es damals eine Abgeordnete, die jetzt Justizministerin ist, Alma Zadić, die eine Anfrage an den Innenminister eingebracht hat und sehr klar aufgeklärt hat, dass das ja undenk­bar ist, dass gewisse Medien keine Informationen bekommen dürfen. Ja, Frau Zadić sieht das hoffentlich – und ich bin überzeugt davon – heute genauso. Ihre Kolleg:innen von den Grünen allerdings sehen das überhaupt nicht so, weil sie jetzt leider bei dem bisschen Journalismus, das noch in Österreich da ist, an der Zerstörung auch von diesem sehr, sehr aktiv mitmachen. (Beifall bei den NEOS.)

Wissen Sie, anderswo sterben Zeitungen, Sie löschen Zeitungen aus. Das ist leider der wesentliche Unterschied.

Hier in Österreich ist in den letzten Jahren etwas passiert, was unsere Demo­kratie gefährdet. Das sagt Ihr Parteifreund Franz Fischler, und wir wissen, dass das so ist.

Weil ich von der Angst gesprochen habe: Frau Bundesministerin, Sie haben auch Angst! Ich sage Ihnen das ganz offen, weil ich auch weiß – das wissen wir ja aus den Chats –, wie gewisse Verlegerinnen und Verleger über oder mit Politike­rinnen und Politikern gesprochen haben: I schreib’ di owe – die Formulierung haben Sie vielleicht noch nicht gehört, aber Ihr Mitarbeiter hat sie gehört und andere haben sie auch gehört, Ministerinnen und Minister haben sie gehört. Sie haben eine – ich darf gar nicht sagen, was ich mir denke – schreckliche Angst, dass Ihnen das passiert. Und was machen Sie deswegen? – Natürlich kein Medientransparenzgesetz, sondern ein Medienkorruptionsfortsetzungsgesetz. Das ist das, was Sie im Moment gerade machen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Laimer.)

Und das ist so gefährlich für uns, weil diese Korruption geradezu institutio­nali­siert wird. Ich weiß, ja natürlich hat es das vorher auch gegeben (Ruf bei der ÖVP: Wiener Stadtregierung!), und bei der Sozialdemokratie hat man hoffentlich ein schlechtes Gewissen. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber Sie haben offenbar gar kein schlechtes Gewissen und Sie treiben das weiter.

Ein Punkt – weil der noch nicht angesprochen wurde – ist auch sehr wichtig: Natürlich gibt es die künstliche Intelligenz, über die wir reden, aber Gott sei Dank gibt es großartige Journalistinnen oder Journalisten, die ja arbeiten, aber sie kommen zum Teil nicht mehr zum Arbeiten, weil dauernd interveniert wird, weil sie bedroht werden (Abg. Pfurtscheller: Was ist denn das für eine Unter­stellung?!) und weil die Zahl derer, die das tun, also der Medienmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in den Ministerien, ein Vielfaches von der Zahl derjenigen ist, die noch in den Redaktionen arbeiten. Wenn man bedenkt, dass 50 Leute im Kanzleramt sitzen und in einer gut ausgestatteten innenpolitischen Redaktion zehn Leute sitzen, dann kann man sich vorstellen, was sich da den ganzen Tag abspielt. Ich weiß es ja, was sich da abspielt, und deswegen habe ich so oft gesagt und appelliere an die Redaktionen: Schreibt das endlich auf! Schreibt sie alle auf, wie sie anrufen, wie sie euch belästigen, wie sie euch unter Druck setzen, wie sie Angst machen, wohl wissend, dass die da auch Angst haben! Wenn wir aus diesem Angstsystem nicht herauskommen, dann ist die Demo­kratie wirklich wesentlich gefährdet. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Leichtfried und Rendi-Wagner.)

Ja, die FPÖ hat das absichtlich gemacht. Herr Strache hat gesagt, er wünscht sich ein Mediensystem wie Orbán. Sie machen das auch absichtlich. Dass die Grünen da mitmachen, das tut mir hier (mit der Hand in Richtung Herz deutend) wirklich weh. Reden Sie nie wieder von Anstand! Reden Sie von Angst, die Sie haben, aber reden Sie nicht von Anstand! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Alle, die es noch nicht gelesen haben (das Buch „Aufregend war es immer“ in die Höhe haltend): Leider können wir mit Hugo Portisch nicht mehr reden. Es steht auch drinnen, wie er als Journalist ausgebildet wurde: Check, Recheck, Double­check, keine Angst haben, hineingehen, was er erzählt hat, wie er in Amerika ausgebildet wurde, zum Bürgermeister, schauen, was da am Tisch liegt, weil selbstverständlich war, dass es diese Informationsfreiheit geben muss, vor der Sie sich auch fürchten.

Hören Sie auf, sich zu fürchten! Stehen Sie auf! Seien wir anständig miteinander und machen wir eine wirklich freie Republik Österreich in einem freien Europa! Sie drehen das gerade um, Sie machen das gerade kaputt, und das tut mir persönlich wahnsinnig weh – für uns hier, für die Menschen draußen, für die Journalistinnen und Journalisten und für das, was in diesem Land von Leuten wie Hugo Portisch und vielen anderen – Franz Kreuzer, viele könnte ich jetzt nennen – aufgebaut wurde, und Sie ruinieren das. Schrecklich! (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Höfinger: Lauter Abonnenten der „Wiener Zeitung“!)

13.43

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.