15.49

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Facharbeiter­mangel, der Arbeitskräftemangel war heute schon Thema, und der Befund ist richtig.

Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger, ich habe schon geglaubt, Sie vergessen auf die Lehrlinge. In der letzten Minute haben Sie gerade noch die Kurve gekratzt. (Abg. Meinl-Reisinger: Fünf! Ich habe geschaut: 5 Minuten!) – Waren es 5 Minuten? Na ja, ich glaube, es war ein bisschen weniger, aber Sie haben es geschafft. (Abg. Zarits: Anerkennung! Gewerkschaftliche Anerkennung!)

Es ist ganz wichtig, über die Lehrlinge zu reden, denn woher sollen wir denn die Facharbeiter bekommen? Die fallen ja nicht vom Himmel, und das ist eine der wichtigsten Arbeitnehmergruppen insgesamt. Wer soll denn die Hacken machen, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen? (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es ist natürlich Tatsache, dass es da durchaus Probleme gibt. Lehrwerk­stätten werden geschlossen oder sind in den letzten Jahren geschlossen worden. Da hat sich ja sehr vieles geändert. Viele Betriebe bilden Lehrlinge gar nicht mehr aus. Es wird auch sehr viel über die Imagepflege von Lehrberufen gesprochen. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, das Image der Lehrberufe wird dann gehoben, wenn den Lehrlingen eine ordentliche Gage, eine ordentliche Entlohnung geboten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das passiert auch, wir sehen es. Wir haben erst letzte Woche in der Elektro­industrie einen wirklich sehr weiten Schritt gemacht. Wir haben dort die Lehrlingsentschädigung im ersten Lehrjahr auf über 1 000 Euro hingebracht, und die haben auch kein Problem damit, dass sie Lehrlinge bekommen, liebe Freun­dinnen und liebe Freunde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen aber natürlich auch über politische Fehler reden. Die Regierungs­parteien waren die letzten Jahre ja nicht ganz unschuldig. Seit Jahren trommeln wir: Wir brauchen mehr Personal beim AMS! – Ich habe dazu eine völlig andere Meinung als Kollege Loacker, der es mit seinen Arbeitnehmern ja nicht immer so gut meint. Wir müssen ja auch die Programme umsetzen, Umschulungen und Qualifikationen zum Beispiel. (Abg. Michael Hammer: Mehr Genossen im AMS!)

Ich erwähne die Umweltstiftung. Es hat wirklich sehr, sehr lange gedauert, bis sie geschaffen wurde, Herr Bundesminister. Jetzt haben wir sie, aber sie ist viel zu klein. Wir brauchen in Wirklichkeit das zehnfache Ausmaß an Plätzen, damit Menschen dort Qualifikationen erwerben können.

Fast jede zweite Frau arbeitet Teilzeit, das ist heute schon angesprochen wor­den. Es fehlen einfach Kinderbetreuungseinrichtungen. Da muss ich ein wenig schmunzeln, denn, geschätzte Damen und Herren, wir wären heute schon viel weiter, hätte die ÖVP nicht immer gebremst und blockiert.

Wir haben nicht vergessen, wie es damals abgelaufen ist, Stichwort Kinder­garten­milliarde: Kern und Mitterlehner haben das auf den Weg gebracht und Kurz hat das massivst behindert und aufgehalten. (Ruf bei der SPÖ: Richtig!) Ich erinnere dazu an das Chatzitat: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“

Also, meine geschätzten Damen und Herren, wenn Sie sich hierherstellen und sagen, Kinderbetreuung ist das Allerwichtigste, muss ich sagen: Sie haben bisher genau das Gegenteil bewiesen. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses Problem ist ein Grundübel und gehört gelöst, denn sonst gibt es keine Chance, in Zukunft mehr Beschäftigte zu bekommen.

Geschätzter Herr Bundesminister, geschätzte Damen und Herren der Regie­rungs­parteien, Sie haben auch nichts unternommen, um die Arbeitswelt zu verbessern. Sie haben vielmehr das Gegenteil gemacht. Schauen wir uns das ein wenig an: Sie haben Arbeitszeiten verlängert, Sie haben Feiertage gestrichen. Der Kampf gegen Sozialdumping ist völlig verschwunden, den haben Sie aufgegeben. Sie verweigern die Erhöhung des Kilometergeldes, wie wir an den Anträgen in den letzten Wochen gesehen haben. Es ist Ihnen völlig egal, dass jede vierte Überstunde in Österreich nicht bezahlt wird.

Und etwas, worüber ich mich heute wirklich geärgert und gewundert habe, Herr Bundesminister: Sie haben heute die Verordnung zum Landarbeitsgesetz ab null Uhr umgesetzt. Da geht es um die Unterbringung von Landarbeitern, sprich Erntehelferinnen und Erntehelfern. Da lassen Sie zu, dass drei Personen in einem Container mit 13,88 Quadratmetern wohnen und schlafen, und das im Jahr 2023!

Es geht um Erntehelfer. Die sprechen meistens kein Deutsch und werden oftmals ausgebeutet, liebe Kolleginnen und Kollegen. 13,88 Quadratmeter für drei Leute (Abg. Kollross: Skandal!) bedeuten 4,6 Quadratmeter pro Per­son. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal probiert haben, sich auf 4,6 Quadrat­metern zu bewegen. Ich habe mir dann auch die 2. Tierhaltungsverordnung angeschaut, Kolleginnen und Kollegen. Dort werden für drei Hunde 25 Quadrat­meter Zwinger vorgeschrieben.

Schauen wir uns das jetzt genauer an: Für drei Erntehelfer (Abg. Strasser: Ist aber schwer unseriös!) sind 13,88 Quadratmeter vorgesehen – Sie haben die Ver­ordnung unterschrieben, Herr Bundesminister –, für drei Hunde sind 25 Quadrat­meter vorgesehen. Herr Bundesminister, das ist - - (Abg. Stocker begibt sich zur Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Kocher. – Abg. Leichtfried: Ich glaube, der Herr Minister möchte zuhören! – Abg. Stöger: Zuhören! – Rufe bei der SPÖ: Hallo! Zuhören, Herr Minister! – Abg. Leichtfried: Herr Minister, da redet wer mit Ihnen! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Ruf: Bah, das ist jetzt aber schon - -! – Abg. Leichtfried: Kann der Herr Stocker das vielleicht bleiben lassen? – Ruf bei der SPÖ: Was ist denn das für eine Art?! – Abg. Stocker begibt sich an seinen Platz.)

Herr Minister, es ist unfassbar, was Sie da gemacht haben (Abg. Leichtfried: Da ist nichts zum Grinsen, Herr Minister! – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Geh, gib Ruhe!), dass Sie das zulassen, und ich sage das jetzt ganz bewusst: Das grenzt an Sklavenhalterei, meine Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Was ist denn das für eine Art?!) Es ist unerhört, wie Sie mit Menschen umgehen, Herr Bundesminister! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. (Abg. Leichtfried: Das ist extrem unhöflich, und zum Lachen gibt’s da gar nichts! Wenn einer redet mit Ihnen, dann können Sie auch zuhören! – Bundes­minister Kocher: Niemand lacht hier! Okay? – Abg. Leichtfried: Ja, oder nicht? Ich weiß nicht, das ist ein Witz! – Der Präsident gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Abg. Strasser: Die moralische Institution im Haus! – Abg. Leichtfried: Das war grad eine Situation, wo man ...!)