16.32

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich erinnere nach diesem Ausländerbashing, das wir wieder gehört haben, daran: Wir diskutieren über Personalnot. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, ich bin froh, dass wir darüber diskutieren, denn es ist ein wichtiges Thema, wobei ich ganz kurz einen Blick zurück werfen möchte. Vor drei Jahren haben wir uns Sorgen gemacht, wie der Wirtschaft geholfen werden kann und die Arbeitskräfte zu halten sind. (Abg. Belakowitsch: Da haben Sie sich keine Sorgen gemacht! Da haben Sie das Land zugesperrt!) Wir haben damals Pakete geschnürt, die Kurzarbeit eingeführt und haben es geschafft, die Menschen in Arbeit zu halten und auch die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Ja, und jetzt hat sich die Situation gedreht, jetzt haben wir tatsächlich einen Arbeitskräfte-, Fachkräftemangel beziehungsweise sind auf dem Weg dorthin. (Abg. Shetty: Wir sind schon dort!) Daher ist es richtig und gut, dass wir heute hier darüber sprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Grundsätzlich möchte ich aber schon sagen, diese Entwicklung hat auch eine gute Seite, zumindest für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weil sie bedeutet, der Markt hat sich von einem Arbeitgeber:innenmarkt zu einem Arbeitnehmermarkt gewendet. Das heißt, die Arbeitnehmer:innen können sich aussuchen, wo sie hingehen, sie können sich die Arbeitgeber oder Arbeit­geberinnen aussuchen, die gut zahlen, die attraktive Arbeitsbedingungen bieten und die vielleicht auch einen Job mit Sinn anbieten, also beispielsweise Green Jobs, Jobs, in denen versucht wird, unsere heutigen Herausforderungen zu bewältigen, Jobs im Umweltbereich. Das sind die Jobs, in die vor allem die Jungen gern gehen. Es hat also auch diese positive Perspektive.

Gesamtgesellschaftlich ist für uns aber natürlich zu sehen: Wir steuern auf die Situation von zu wenigen Arbeitskräften zu, und dafür braucht es Lösungen. Ich möchte auf zwei Dinge eingehen, die auch Frau Meinl-Reisinger andiskutiert hat und wo ich durchaus positive Aspekte sehe.

Der erste Punkt ist das Thema Frauen. Frauen sind wertvolle Kräfte auf dem Arbeitsmarkt, aber wir wissen, dass noch immer zu viele Teilzeit arbeiten. Ja, manche mögen das freiwillig tun, aber viele sicher deshalb, weil die Arbeits­bedingungen nicht danach sind und vor allem die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder nicht so sind, dass sie die Kinder gut versorgt wissen.

Ich möchte hier nur eine Zahl nennen: In Niederösterreich, meinem Heimatbun­desland, ist nur ein Fünftel der Kinderbetreuungsplätze, also jeder fünfte Kinderbetreuungsplatz, vollzeittauglich. Das ist schwierig, wenn man nicht gerade Großeltern ums Eck hat. Kollege Bernhard hat es auch gesagt: Wenn wir versuchen, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu bekommen, dann muss uns klar sein, diese haben eine solche Möglichkeit oft nicht.

Was tun wir? – Wir haben die Mittel für die Kinderbetreuung aufgestockt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass sich in diesem Bereich etwas tun wird, und das ist, glaube ich, dringend nötig. Wir ziehen mit unserem Koalitionspartner da jetzt an einem Strang.

Ein zweiter Punkt: die gewerbliche Tourismusförderung. Es gibt jetzt betriebs­übergreifende Kindergärten, auch das ist etwas Neues. – Frau Staatssekretärin, vielen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als letzten Punkt möchte ich zum Thema Zuwanderung, Arbeitsmigration, Rot-Weiß-Rot-Karte kommen. Da hat sich in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel getan. Allein im letzten Jahr sind über 6 000 Menschen über die Rot-Weiß-Rot-Karte zu uns gekommen – dank Änderungen, die gemacht wurden und laufend gemacht werden, Änderungen hinsichtlich der Sprachkenntnisse, hinsichtlich der Möglichkeit der Antragstellung, die jetzt auch vom Inland aus möglich ist, hinsichtlich der Pflegeberufe, hinsichtlich der Stammsaisonniers, die nun leich­tere Zugangsmöglichkeiten haben. Also da ist wirklich etwas in Bewegung gekommen, und das ist etwas, das wir weiter fortführen möchten.

Fortführen heißt auch, dass wir natürlich auch eine qualifizierte Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen, die Asylstatus haben, möchten. Also Menschen, die bereits im Land sind – es wurde das Beispiel der indischen Familie genannt –, sollen bitte die Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen dürfen und im Land bleiben können. Viele von ihnen sind gut integriert, wie beispielsweise diese indische Familie: Die Mutter ist Köchin und die Tochter macht eine Pflegeausbildung. Es ist nicht verständlich, warum wir solche Menschen, die bereits hier sind, nicht im Land behalten. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen – das weiß auch das Ministerium; das Finanzministerium hat eine langfristige Budgetprognose erstellt, bei der zwei Szenarien errechnet wurden –: Je mehr Zuwanderung (Abg. Wurm: Desto mehr Schulden!), desto besser die Wirtschaftsleistung in Österreich. Das wird der Weg sein, den wir unterstützen und weitergehen müssen.

Insofern möchte ich rückblickend sagen: Bundeskanzler Nehammer hat gesagt, es sei in den Sechzigerjahren ein Fehler gewesen, die Gastarbeiter:innen hierzubehalten. Ich halte diese Aussage für menschlich verwerflich (Abg. Wurm: Jetzt greifen Sie den Bundeskanzler an! Ja Frau Kollegin!) und auch aus der Perspektive der Wirtschaft gesehen nicht für das, was wir brauchen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr. (Abg. Wurm – in Richtung ÖVP –: Sollen wir jetzt was sagen oder sagt ihr eh was? – Abg. Belakowitsch – in Richtung ÖVP –: Wollts ihr nicht den Bundes­kanzler verteidigen?)