17.40

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Natürlich, man kann es drehen und wenden, aber ganz klar ist schon: Die Sonderauswertung der Statistik Austria und der Arbeiterkammer hat klar dargelegt, jede vierte Stunde blieb 2022 unbezahlt, das heißt, jede vierte Überstunde blieb gratis – für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer natürlich nicht, denn für sie hat das 1,2 Mil­liarden Euro Verdienstentgang bedeutet (Abg. Hörl: Sie haben nicht zugehört!) und vor allem viel an Lebenszeit und Freizeit gekostet. (Beifall bei der SPÖ.)

Männern wurden 23 Prozent der Überstunden nicht abgegolten, Frauen sogar 28 Prozent – und das bei einer sehr, sehr hohen Teilzeitbeschäftigung. Jede zweite Frau arbeitet Teilzeit. Auf der einen Seite verlangt man eine Teilzeitbe­schäftigung, auf der anderen Seite wird eine planbare Aufstockung der Arbeitsstunden mit guten Versicherungsleistungen et cetera verwehrt, und dann zahlt man nicht einmal die geleisteten Überstunden. Das passt vorne und hinten nicht mehr zusammen. Deshalb ist das unserer Meinung nach auch wirklich ein sehr, sehr dringliches Thema. (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt für die Frauen ein Verharren in der Teilzeitfalle. Das heißt für die Frauen kein Recht auf Vollzeit. Das heißt für die Frauen nur ein bloßer Auftrag an Überstunden. Und bleiben diese Überstunden unbezahlt, so heißt das noch dazu in einer Situation der horrenden Teuerung ein Abrutschen in die Armut ohne ausreichende Absicherung, letzten Endes in der Pension maximal durch Einmalzahlungen und Almosen der Bundesregierung abgegolten. Ein selbstbe­stimmtes Leben, gute Rahmenbedingungen für die Frauen sehen auf jeden Fall anders aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Vollzeitarbeitsmöglichkeit für die Frauen muss endlich gegeben sein, damit man eben auch selbstständig, selbstbestimmt in die Pension einzahlen kann, damit man die Pensionslücke von 40 Prozent – von 40 Prozent! – in Österreich zwischen Männern und Frauen tatsächlich auch mutig angeht und nicht nur ein bisschen irgendwo einen Bonus zahlt.

Damit Überstunden, die unbezahlt bleiben, auch wirklich in ein gutes Arbeits­verhältnis übergeführt werden können, braucht es endlich dieses Recht auf Vollzeit sowie diese Aufstockung der Zahl der guten Arbeitsverhältnisse und der Arbeitsbedingungen. Aber unbezahlte Arbeitsstunden, unbezahlte Überstunden heißt auch für Frauen, ein großer Druck zu managen: Was tue ich, wenn der Kindergarten schon schließt? Wer holt mein Kind ab? Schnell noch die Groß­eltern anrufen, damit die vielleicht doch irgendwie das Kind in der Krabbelstube oder im Kindergarten abholen? Vielleicht doch noch schnell ausmachen, dass man die eine oder andere Stunde dranhängt, wenn die Kinderbildungsein­richtung offen hat – das ist nicht in vielen Fällen der Fall –, um dann, so wie es zum Beispiel in Oberösterreich ist, diese Überstunden, wenn sie bezahlt werden, direkt für die Nachmittagsbetreuung zu zahlen? – Ein Teufelskreis: entweder unbezahlt oder direkt in die Nachmittagsbetreuung gesteckt, jedenfalls ein immenser Druck auf den Schultern der Frauen.

Wir wissen, es ist ein riesengroßes Problem, dass viele Jobs nicht Vollzeit ausgeschrieben sind, gerade für die Frauen, die eben in Teilzeit verharren. Es ist nicht nur ein Problem für die Arbeitnehmerinnen, sondern natürlich auch für den Wohlfahrtsstaat. Die Arbeitnehmerinnen schauen einerseits durch die Finger beim Gehalt, bei der Pension, bei den Beiträgen, die man einzahlt, und es ist gleichzeitig auch für den Wohlfahrtsstaat fatal, wenn er diese Beiträge nicht bekommt. Es ist nur für einen günstig: für die Unternehmen, denen diese Lücke zum Vorteil gereicht.

Warum ist es auch wichtig, da die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen mit zu beobachten? – Weil wir auch da eine Lücke von 20 Prozent haben, weil wir auch hier wissen, die Bundesregierung ist untätig, diese Lohn­schere zwischen Männern und Frauen endlich zu schließen. Wir wissen, dass die Lohntransparenz dringend notwendig wäre, weil sich ein Teil dieser Schere zwischen Männern und Frauen im Verdienst auch aufgrund des Verharrens in der Teilzeitbeschäftigung ergibt. Und weil die Bundesregierung nicht tätig wird, braucht man hier die EU-Ebene, wo endlich einmal etwas passiert und eine Lohntransparenzrichtlinie auf den Weg gebracht worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Neben all den geleisteten Arbeitsstunden, bezahlt sowie unbezahlt – Kollege Muchitsch hat es angesprochen –, leisten die Frauen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit: zu Hause in der Pflege, in der Haushaltsarbeit, in der Kinderbetreuung. Wir müssen auch da über mutige Modelle sprechen, verpflichtende Karenzzeiten für beide Elternteile. Ich weiß, der FPÖ wird, wenn sie hier vorne steht, angst und bange angesichts moderner Familienverhältnisse. Alles wird ganz tragisch, sie sieht ihr sehr konservatives Familienbild in Gefahr, aber im Jahr 2023 muss es normal sein, dass auch der Papa in Karenz geht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.