18.09

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich darf zuerst insbesondere für Frau Abgeordnete Steinacker eine Gruppe aus der ÖVP Purkersdorf ganz herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.) Natürlich ist es auch mir aus dem Nachbarbezirk sehr, sehr angenehm, dass Sie hier sind. Vielen, vielen Dank, dass Sie gekommen sind und für das Interesse am Hohen Haus!

Meine Damen und Herren, es ist wenige Tage her, dass wir Hans Kelsens zu seinem 50. Todestag gedacht haben, und Hans Kelsen, der Gestalter der österreichischen Bundesverfassung, hat gesagt: „Demokratie kann sich nicht dadurch verteidigen, dass sie sich selbst aufgibt.“

Daher bin ich genau konträrer Ansicht zu meiner Vorrednerin. Wir müssen unsere Verfassung, das Grundgerüst unseres Zusammenlebens, einfach immer wieder neu verstehen, über sie diskutieren und sie immer wieder mit Leben füllen.

Das ist nämlich auch das Ziel dieser Stiftung. Die Stiftung Forum Verfassung soll eben die Prinzipien der Verfassung erklären, sie soll interaktive Führungen bereitstellen, sie soll Veranstaltungen abhalten, sie soll Unterrichtsmaterialien entwickeln, und sie soll einen Verfassungspreis ausschreiben. Zusammengefasst kann man sagen: Das Bewusstsein für die Verfassung stärken und Wissen vermitteln – das ist die Aufgabe dieser Stiftung.

Eine Aufklärung über unsere Demokratie, darüber, dass die die Verfassung schützt und dass die die Demokratie schützt, ist doch eigentlich das Selbstver­ständlichste vom Selbstverständlichen. Ich sage daher, es spricht Bände, wenn Politiker so etwas ablehnen und zeitgleich einen sehr gefährlichen Weg gehen wollen.

In Kombination mit der Demokratiewerkstatt, die wir in diesem Haus, im Parla­ment, schon länger haben, halte ich diese Einrichtung für ganz besonders wichtig. Es ist mir daher auch wichtig gewesen, dass wir in das Kuratorium auch Vertreter der Parlamentsdirektion entsenden, damit das Programm des Verfas­sungsgerichtshofes mit dem Programm des Parlaments entsprechend abge­stimmt ist.

Wir sind einen sehr guten Weg gegangen. Das hat mit einer Initiative des Verfassungsgerichtshofpräsidenten begonnen. Dann haben sich alle Parteien sehr intensiv an dieser Diskussion beteiligt – ich möchte mich dafür auch sehr, sehr bedanken –, bis zum heutigen Tage, an dem wir noch einen Abänderungs­antrag einbringen, an dem sich auch alle Parteien bis auf eine Partei, nämlich die FPÖ, beteiligt haben.

Das ist das Traurige an der Sache. Wir haben auf Mitarbeiterebene genau gemerkt, dass grundsätzlich ein positiver Zugang da ist, doch dann war es im Verfas­sungsausschuss so, dass auf einmal die FPÖ Nein gesagt hat. Das zeigt mir, dass es offenbar eine politische Order des Herrn Kickl gegeben hat, der heute wieder einmal nicht hier ist, schon zum 22. Mal in dieser Legislaturperiode entschuldigt ist. Auch darüber kann man nachdenken, denn es gibt keinen Abge­ord­neten in diesem Haus, der öfter als Abgeordneter Kickl gefehlt hat. (Abg. Prinz: Der fehlt aber nicht!)

Meine Damen und Herren, wenn man sagt, wie es meine Frau Kollegin getan hat: 700 000 Euro sind zu viel!, oder, wie es Kollege Stefan im Ausschuss gesagt hat: sind systemfremd für die Demokratie verwendet!, dann muss ich sagen: Das Aufwenden von Geld für Demokratie als systemfremd zu bezeichnen, das ist wirklich eine Klasse für sich.

Er sprach davon, dass das eine Provokation sei. Wenn wir über Provokationen und über die Sparpartei FPÖ reden, dann fällt mir schon ein Name ein: Dann fällt mir Herbert Kickl ein. Das (eine Tafel mit einem Foto von Herbert Kickl auf einem Pferd in die Höhe haltend) war eine Provokation bezüglich Sparpotenzial, das war die Sparpartei FPÖ, als er um 2,3 Millionen Euro seine persönliche Kavallerie als Gaulleiter im Innenministerium einrichten wollte. (Abg. Kaniak: Unterste Schub­lade, Herr Abgeordneter Gerstl, unterste Schublade! Das sollten Sie besser wissen!) Meine Damen und Herren, das zeigt, wie man mit Geld provozieren kann. Allein mit dem Geld für Kickls Reitstall hätten wir drei Stiftungen finanzieren können. (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Das zeigt, was für einen Charakter Sie wirklich haben. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Der Unterschied ist: Die Stiftung hat das Ziel, Demokratie und Verfassung zu schützen, und nicht, wie die FPÖ, diese zu gefährden. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Daher: Ja zur Verfassung, Ja zur Stiftung und Nein zu allen, die die Demokratie ablehnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Präsidentin Doris Bures: Wollten Sie noch einen Abänderungsantrag einbringen, Herr Abgeordneter?

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (fortsetzend): Vielen Dank, Frau Präsi­dentin. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Ich habe noch einen Abänderungsantrag einzubringen, und ich muss ihn vorlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 5 Abs. 4 lautet:

„(4) Geldwerte Leistungen aus den Mitteln der Stiftung dürfen nicht geleistet werden an

1. die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

2. Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

3. Bedienstete des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

4. Mitglieder der Organe der Stiftung und deren nahestehende Angehörige;

5. den Verfassungsgerichtshof, sofern es sich dabei nicht um angemessene Leistungen aus einem Mietverhältnis handelt;

6. Bedienstete der Stiftung und deren nahestehende Angehörige, sofern es sich nicht um angemessene Leistungen aus einem Dienstverhältnis zur Stiftung handelt, und

7. den Stiftungsprüfer bzw. die Stiftungsprüferin und deren nahestehende Angehörige, sofern es sich nicht um das Entgelt für die Wahrnehmung der Aufgaben des Stiftungsprüfers bzw. der Stiftungsprüferin handelt.“

2. § 9 Abs. 1 Z 8 lautet:

„8. zwei Mitglieder, die von zwei Drittel aller Mitglieder des Verfassungs­gerichtshofes aus dem Kreis der ehemaligen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes entsendet werden;“

3. In § 9 Abs. 5 wird das Wort „Stiftungsvorstandes“ durch das Wort „Kuratoriums“ ersetzt.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag in zweiter Lesung

der Abgeordneten Wolfgang Gerstl, Jörg Leichtfried, Agnes Sirkka Prammer, Nikolaus Scherak,

Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Verfassungsausschusses 2010 der Beilagen über den Antrag 3077/A der Abgeordneten Wolfgang Gerstl, Jörg Leichtfried, Agnes Sirkka Prammer, Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Stiftung Forum Verfassung“ erlassen wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 5 Abs. 4 lautet:

„(4) Geldwerte Leistungen aus den Mitteln der Stiftung dürfen nicht geleistet werden an

1. die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

2. Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

3. Bedienstete des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige;

4. Mitglieder der Organe der Stiftung und deren nahestehende Angehörige;

5. den Verfassungsgerichtshof, sofern es sich dabei nicht um angemessene Leistungen aus einem Mietverhältnis handelt;

6. Bedienstete der Stiftung und deren nahestehende Angehörige, sofern es sich nicht um angemessene Leistungen aus einem Dienstverhältnis zur Stiftung handelt, und

7. den Stiftungsprüfer bzw. die Stiftungsprüferin und deren nahestehende Angehörige, sofern es sich nicht um das Entgelt für die Wahrnehmung der Aufgaben des Stiftungsprüfers bzw. der Stiftungsprüferin handelt.“

2. § 9 Abs. 1 Z 8 lautet:

„8. zwei Mitglieder, die von zwei Drittel aller Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes aus dem Kreis der ehemaligen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes entsendet werden;“

3. In § 9 Abs. 5 wird das Wort „Stiftungsvorstandes“ durch das Wort „Kuratoriums“ ersetzt.

Begründung

Zu Z 1: Damit schon der Anschein ausgeschlossen ist, die objektive und unbeein­flusste Amtsführung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes wäre durch (indirekte) geldwerte Leistungen Dritter in Frage gestellt, dürfen aus den Mitteln der Stiftung keine geldwerten Leistungen an die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige, an Bedienstete des Verfassungsgerichtshofes und deren nahestehende Angehörige, sowie an Mitglieder der Organe der Stiftung und deren nahestehende Angehörige geleistet werden, auch wenn diese für die Stiftung – in welcher Form auch immer – tätig werden.

Geldwerte Leistungen seitens der Stiftung an den Verfassungsgerichtshof dürfen nur geleistet werden, wenn diese Leistung durch ein Mietverhältnis begründet sind. Hier ist etwa an den Fall zu denken, dass sich die Stiftung in Räumlichkeiten des Verfassungsgerichtshofes einmietet. Geldwerte Leistungen seitens der Stiftung an Bedienstete der Stiftung sind ebenfalls ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um das Entgelt aus einem Dienstverhältnis zur Stiftung. Das gilt auch für Bedienstete der Stiftung, die gleichzeitig Bedienstete des Verfassungsgerichtshofes sind. Schließlich dürfen geldwerte Leistungen an den Stiftungsprüfer bzw. die Stiftungs­prüferin nur dann erfolgen, wenn es sich um das Entgelt für die Wahrnehmung der Aufgaben des Stiftungsprüfers bzw. der Stiftungsprüferin handelt.

Unter dem Begriff „geldwerte Leistung“ ist in diesem Zusammenhang jegliche Zahlung oder Sachleistung zu verstehen; unter dem Begriff „nahestehende Angehörige“ sind der Ehemann bzw. die Ehefrau, der eingetragene Partner bzw. die eigetragene Partnerin, der Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin sowie die in direkter Linie verwandten Personen zu verstehen.

Zu Z 2: Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sollen mit Zweidrittelmehrheit auch darüber entscheiden, welche ehemaligen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes Kuratoriumsmitglieder sein sollen, um eine möglichst breite Basis für Kuratoriumsentscheidungen sicherstellen zu können.

Zu Z 3: Ein redaktionelles Versehen wird behoben.

*****

Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals.

Dieser Abänderungsantrag ist nun ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.