18.54

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass wir hier im Parlament über die Österreichische Sicherheitsstrategie diskutieren, denn wir müssen uns eine wesentliche Frage stellen: Wie wird sich ein neutrales Land wie Österreich in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union positionieren und entsprechend agieren können? Das ist die Frage, die wir uns in Bezug auf diese Sicherheits­stra­tegie stellen müssen. Welche Rolle wird Österreich einnehmen, wenn es um Europa geht, wenn es um die Sicherheit in der Europäischen Union geht? Das ist eine wesentliche Frage, über die wir diskutieren müssen. Was bedeutet es, neutral zu sein? Ist es identitätsstiftend? Was bedeutet das überhaupt? Man hört immer diese Schlagwörter, aber was sind die konkreten Handlungsanweisungen dazu?

Bei der Österreichischen Sicherheitsstrategie ist eines klar und, Frau Ministerin, darüber bin ich sehr froh: Ein Strategiepapier, in dem Russland als Partner angeführt wird, ist im Jahr 2023 wertlos. Nein, es ist nicht nur wertlos, sondern es ist eigentlich hochgefährlich. Ich bin froh darüber, dass wir das jetzt endlich rausbekommen. Es ist höchste Zeit, dass wir in diesem Haus und auch die Republik und alle Ministerien, die dazugehören, mit dem Putin-Regime, das diesen Angriffskrieg führt, das riesige Hackernetzwerke aufbaut und eigentlich Demokratien in der ganzen Welt unterminiert, nicht liebäugeln, sondern es wirklich verurteilen. Wir müssen uns endlich darüber im Klaren sein, dass Russland die mit Abstand größte Gefahr für die Sicherheit und den Frieden in Österreich und in Europa darstellt. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen freut es mich ja auch – der Kollege hat es angesprochen –, dass ausgerechnet die Kollegen von der FPÖ diesen Antrag eingebracht haben. Wenn Sie jetzt noch den millionenschweren Geldfluss von Putins Partei an die ihre abdrehen, dann haben Sie zur Abwechslung einmal wirklich eine Leistung für Österreichs Unabhängigkeit und für die Neutralität erbracht. Das wäre vielleicht doch ein Weg, dass wir das noch schaffen. Ich drücke Ihnen dafür die Daumen. (Abg. Reifenberger: So ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Reifenberger: Das glaubst du ja selber nicht! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Meine Damen und Herren, Putins Russland ist nicht der einzige Grund, warum etwas verändert werden muss und warum wir hier darüber diskutieren müssen. Wir haben eine zehn Jahre alte Sicherheitsstrategie. Diese ist technologisch, geopolitisch und taktisch von vorgestern, und wir müssen sie modernisieren. Wir müssen neue Wege gehen. Die Cybersicherheit wird darin nur ganz wenig, nur zu einem Bruchteil angesprochen. Wir haben aber Neubedrohungen infolge der Cyberaffären. Ich erwähne Russland als ein großes Problem in diesem Bereich, aber auch China, das weltweit massiv interveniert. – Frau Ministerin, Sie wissen das, und da müssen wir maßgeblich etwas machen.

Auch das Bundesheer ist 2023 anders: Wir haben ganz viele Investitionen getätigt, es gibt neue Möglichkeiten, neue Ressourcen, neue Prioritäten. Es ist unglaublich, was wir in den letzten drei Jahren in diesem Bereich auf den Weg gebracht haben, nicht nur was das Geld betrifft, sondern auch in Bezug auf die verschiedenen Bereiche und Schwerpunkte. Nützen wir die Chance, um diese neuen Prioritäten auch in unserer Strategie zu verankern und einen breiten überparteilichen Dialog zu schaffen!

Ich möchte auf das eingehen, was der Kollege gesagt hat: Ich bin absolut bei Ihnen und glaube – nein, ich glaube nicht nur, ich bin der festen Überzeugung –, dass wir Experten im Vorfeld einbinden müssen. Es braucht einen Prozess, und wir haben uns darauf geeinigt, dass im Vorfeld das BKA in der Erstellung federführend ist. Das finde ich wichtig. Es muss bei jenen sein, die auch die Führung im sicherheitspolitischen Bereich haben, und das sind der Bundeskanzler und das Bundeskanzleramt.

Dorthin müssen – das ist der Prozess – von jeder Fraktion zwei Expertinnen beziehungsweise Experten entsendet werden, und dort muss dieses Papier gemeinsam erarbeitet werden. Dann kommt es zu uns ins Parlament, und dann werden wir im Ausschuss entsprechend arbeiten. Wir können einen Unter­ausschuss machen, wir können verschiedenste Möglichkeiten diskutieren. Der parlamentarische Prozess ist ausschlaggebend, aber im Vorfeld – da gebe ich dir absolut recht – braucht es die Einbindung von Expertinnen und Experten, um entsprechend informiert und im Austausch zu sein. Das ist absolut richtig.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Wo liegen bei den Grünen die Prioritäten? – Wir haben drei.

Erstens: Österreich muss immer im EU-Kontext gedacht werden. Sicherheit macht nur im EU-Kontext Sinn. Der Frieden in Europa muss nachhaltig gewähr­leistet werden. Wenn Österreich gut ist, ist auch Europa stark. Da müssen wir zusammenarbeiten. Auch gegenüber der Nato muss Europa vermehrt den Ton angeben. Das ist wesentlich und wichtig.

Zweitens: Es braucht Raum für die Anliegen von Frauen und jungen Menschen. Das ist wichtig. Es braucht aktive Friedenspolitik, die feministisch, jung und zukunftsgewandt ist. Das ist notwendig, weil es der Weg ist, den wir in Zukunft beschreiten, und muss in der Sicherheitspolitik immer mitgedacht werden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Drittens: Die Klimakatastrophe dürfen wir nicht vergessen. Nein, sie ist relevant, sie hat so viele Auswirkungen, von der Migration über die hybride Bedrohung bis zu allen möglichen Bereichen. Die Klimakatastrophe bringt auch eine sicherheits­politische Herausforderung ungeahnten Ausmaßes. Da braucht es strategische Szenarien, wie wir da herauskommen beziehungsweise damit umgehen, denn dabei geht es ja nur mehr um Gefahrenabwendung.

Statt den Kopf in den Sand zu stecken, müssen wir in Zukunft also die richtigen Schritte setzen. Das wünsche ich mir, und ich bin auch guter Hoffnung, dass das geschieht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.00

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.