19.15

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin froh, dass Sie so euphorisch sind, Frau Ministerin. Es ist tatsächlich erfreulich, dass wir hier im Hohen Haus über alle Fraktionen hinweg eine Geschlossenheit und eine gemeinsame Erkenntnis haben, dass die nationale Sicherheitsstrategie endlich überarbeitet werden muss und dass das österreichische Bundesheer, die militärische, aber auch die umfassende geistige Landesverteidigung neu aufge­setzt und gestärkt werden müssen.

Was mir allerdings ein bisschen Sorge macht, ist, dass sehr vieles von dem, was Sie gerade erwähnt haben, Zulauf aus der vorigen Regierungszeit ist – die Hubschrauber, die gepanzerten Fahrzeuge oder Ähnliches sind bereits vor drei Jahren beschlossen worden – und dass vieles von dem, was Sie gesagt haben, Ankündigungen für die Zukunft sind, die vielleicht noch nicht ganz so abgesichert sind, wie wir Freiheitliche uns das wünschen würden.

Nehmen wir nur als Beispiel den Aufbauplan für das österreichische Bundesheer her! Sie wissen, die FPÖ hat sich gewünscht, dass wir diesen finanziellen Fahrplan für das österreichische Bundesheer in der Verfassung verankern, damit die tatsächliche Absicherung auch bei sich ändernden Regierungsmehrheiten gewährleistet ist. Das konnte nicht erreicht werden, sodass die Gefahr besteht, dass dieses langfristige Projekt von einer anderen Regierung doch wieder torpediert wird.

Kommen wir nun zur Österreichischen Sicherheitsstrategie: Die FPÖ hat bereits vor gut einem Jahr einen Antrag auf Überarbeitung dieser Sicherheitsstrategie gestellt, und dass sich die Lage – nicht nur die militärische Lage, sondern auch die wirtschaftliche Lage, die allgemeine Bedrohungslage, auch die Bedrohungs­lage der inneren Sicherheit – zwischenzeitlich im Vergleich zu 2013, als die letzte Doktrin aufgesetzt worden ist, drastisch geändert hat, ist, glaube ich, mehr als offensichtlich.

Da möchte ich nur ein paar Dinge ansprechen, die sich in der Zwischenzeit ereignet haben und die in der alten Doktrin nicht in dem Umfang berücksichtigt waren, wie es notwendig ist.

Es gab schon 2015 die große Migrationswelle. Es gab terroristische Anschläge quer durch Europa, mittlerweile leider Gottes auch in Österreich. Wir hatten die Coronakrise, die Energieknappheit. Wir haben den Ukrainekonflikt, der neuer­dings gezeigt hat, dass auch die konventionellen Bedrohungsszenarien deutlich gewachsen sind. Cyberkriminalität und Ähnliches sind angesprochen worden – von staatlicher Seite, von privater Seite, hybride Kriegsführung und noch vieles mehr. Das alles zeigt, dass dieser Überarbeitungsbedarf mehr als dringlich ist.

Wenn man sich die alte Doktrin anschaut, dann muss man auch feststellen, dass vieles von dem, was da drinnen gestanden ist, in den vergangenen zehn Jahren nicht umgesetzt und nicht eingehalten worden ist. Es wäre zum Beispiel explizit drinnen gestanden, dass eben eine regelmäßige Lageüberprüfung und Evaluie­rung stattfinden. Das hat nicht stattgefunden. Da waren große Veränderungen da, und man hat diese zeitnahe Anpassung bis jetzt noch nicht gemacht.

Es waren aber auch ganz konkrete Zielvorgaben zum Beispiel im Bereich der militärischen Landesverteidigung drinnen: die 55 000 Mann, die als notwendig erachtet wurden, um zumindest die eingeschränkte Einsatzfähigkeit des österreichischen Bundesheers zu gewährleisten. Sie wissen, dass wir mindestens 10 Prozent unter dieser Mannstärke liegen, und gerade im Bereich der Miliz haben wir noch viel, viel größere Defizite.

Wir werden uns heute zu späterer Stunde noch mit dem Rechnungshofbericht, der den Zustand der Miliz schildert, befassen. Sie wissen, dass wir um 50 Pro­zent mehr Milizoffiziere bräuchten, dass wir um 50 Prozent mehr Unteroffiziere in der Miliz bräuchten, dass wir zwar nominell bei der allgemeinen Truppe, bei den Milizionären eine Überbesetzung haben, die aber, wie wir im Mobil­machungs­fall 2020/2021 gesehen haben, gar nicht tatsächlich so zur Verfügung stehen. Wir wissen auch, dass wir im Bereich der Ausrüstung katastrophale Mängel haben, dass wir im Bereich der Miliz einen Ausrüstungsgrad von nur 27 Prozent haben.

All das sind Defizite, die eigentlich im Rahmen der bisherigen Österreichischen Sicherheitsstrategie gar nicht mehr existieren dürften – die hätten schon längst behoben werden sollen.

Es gibt auch noch andere Bereiche, in denen wir große Defizite haben, zum Beispiel die souveräne Luftraumüberwachung. Sie wissen, da hat es nicht nur eine Nichterfüllung der Zielvorgaben gegeben, sondern durch den Ausfall der Saab 105 innerhalb der letzten Jahre auch einen drastischen Rückschritt.

Diese Beispiele könnte man noch lange fortsetzen. Wir wissen, dass wir auch im Bereich der Munition und Ähnlichem die Vorgaben nicht einhalten. Wir haben auch in den zivilen Bereichen ganz viele neue Herausforderungen. Ich nenne nur ein paar Stichworte: Arzneimittelmangel ist zum Beispiel auch etwas ganz Wesentliches für die nationale Souveränität und innere Sicherheit. Islamismus und Ähnliches habe ich schon angesprochen.

Wenn Sie nun ankündigen – und wenn der Herr Bundeskanzler angekündigt hat –, dass diese Überarbeitung stattfinden soll und Kollege Stögmüller heute erstmalig auch gemeint hat, dass zumindest zwei Experten oder zwei Mitglieder jeder Parlamentsfraktion in diese vorbereitenden Gespräche im Bundeskanz­leramt eingebunden werden, dann begrüßen wir das absolut. Wir möchten an dieser Stelle aber noch einmal auf die Dringlichkeit hinweisen. Ich glaube, wir sollten keine Zeit mehr verstreichen lassen und mit den Vorbesprechungen unmittelbar beginnen. Das Ziel muss wohl auf jeden Fall sein, dass wir über den Sommer eine neue nationale Sicherheitsstrategie erarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.