23.42

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Wer den Bericht NGO-Forum 2022 gelesen hat, weiß, dass die soziale Absicherung in Österreich nicht so ist, wie sie sein sollte. Es ist nicht so, dass man, wenn man keine Wohnung hat, wenn man obdachlos ist, morgen einen Platz hat, wo man fix wohnen kann. Es ist nicht so, dass man, wenn man in einem Pflegeheim ist, automatisch genug Personal zur Verfügung hat, um eine liebevolle, individuelle Betreuung zu bekommen. Es ist nicht so, dass es selbstverständlich ist, dass man, wenn man in die Schule geht, erstens genug unterstützt wird, zweitens so lange in die Schule gehen kann, wie man will, und drittens die Schule wählen kann, die einem am besten gefällt, weil nicht alle Schulen gratis sind und weil nicht alle Schulen gleich gut sind.

Wenn man diesen Bericht liest und sich die einzelnen Kommentare durchliest, dann ist vollkommen klar: Es ist rückschrittlich, zu glauben, dass man bestimmte Rechte nicht in den Verfassungsrang schreiben muss, dass man sagt: Soziale Rechte, na ja, die denken wir ja eh immer mit! – Nein, die denken wir nicht immer mit, und deswegen stehen wir auch dort, wo wir stehen.

Ich möchte ein Beispiel geben: Die niederösterreichische Wohnsituation funk­tioniert folgendermaßen: Wenn ich eine Wohnung habe, dann kann ich eine Förderung bekommen. Ich kann eine Förderung bekommen, wenn ich zu wenig Geld habe, um zu wohnen, aber zuerst muss ich die Wohnung bekommen. Das heißt, wenn ich obdachlos bin, dann komme ich überhaupt nicht in den Genuss einer Objektförderung. – Das ist nur ein Beispiel dafür, dass es eben genau umgekehrt gedacht gehört. (Abg. Kollross: Das stimmt ja nicht einmal!)

Ich möchte jetzt nur kurz ein paar Sätze aus dem Vorwort sagen. In unserem Regierungsprogramm haben wir uns vorgenommen, den Grundrechtsschutz zu überarbeiten. Wir haben uns vorgenommen, die Grundrechte in den Bereichen Armut, Gesundheit, soziale Absicherung, Obdachlosigkeit und Daseinsvorsorge neu zu denken. Dieses Forum, das stattgefunden hat, war sehr gut, war sehr produktiv und hat eines gezeigt: Es gibt seit vielen Jahren und Jahrzehnten Lücken. Es gibt diese Lücken in den Ländern, es gibt diese Lücken im ganzen Land.

Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen gehabt, und sie kamen zu der Erkennt­nis, dass es etwas brauchen wird, um das, was wir einen Sozialstaat nennen, auch in die neue Zeit zu bringen. Es ist rückschrittlich, zu glauben, dass wir alles getan haben, denn sonst würde es nicht Leute geben, die zu wenig zum Essen haben, die nicht die nötige Bildung bekommen, die keine Wohnung haben. Liebe Leute, wenn 25 000 Menschen oder viel mehr obdachlos sind, dann geht sich das nicht aus, da müssen wir etwas tun!

Bitte lest den Bericht! Was dieser Bericht sagt, ist: Wir, alle Parteien gemeinsam, müssen parteiübergreifend eine Lösung finden, damit es eine soziale Absicherung für jene gibt, an die wir bisher zu wenig gedacht haben, weil wir zu wenig Budget vorgesehen haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.46

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.