23.46

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Volksanwältin! Geschätzte Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der sozialen Grundrechte: Vieles wurde schon gesagt, insbesondere die Ausführungen der Kollegin Rausch sind jene, von denen ich doch glaube, dass sie am ehesten das Problem treffen.

Tatsache ist, dass wir in Österreich schon behaupten können, einen sehr gut ausgebauten Sozialstaat zu haben. Laut einer Datenauswertung des Weltwirtschaftsforums liegen wir, was die soziale Absicherung betrifft, weltweit betrachtet auf Platz drei. Das zeigt doch sehr deutlich, dass ein Sozialsystem auch ohne eine verfassungsrechtliche Verankerung von sozialen Grundrechten gut funktionieren kann und wirkt.

Wir haben aber auch den umgekehrten Fall, wenn man den Bildungsbereich betrachtet: Im Bildungsbereich ist es de facto bereits so, dass der Anspruch auf Bildung verfassungsrechtlich abgesichert ist, im Wege der EMRK, in der ja das Recht auf Bildung kodifiziert ist.

Das zeigt uns also, dass es uns eigentlich wenig nützt, jetzt herzugehen und zu sagen, man muss in einem Kraftakt – und es wäre fürwahr ein legistischer Kraftakt – die sozialen Grundrechte verfassungsrechtlich verankern. In Zukunft kann das ja möglich sein, nur bis wir so weit sind, müssen wir schon schauen, wo es denn wirklich fehlt. Was sind zum Beispiel klassische soziale Grundrechte? – Das Recht auf Gesundheitsversorgung, das Recht auf Bildung, das Recht auf Wohnen.

Nehmen wir die Bereiche Gesundheit und Bildung: Wo mangelt es denn da in Österreich? – Das wäre ein Thema, dessen sich die Volksanwaltschaft durchaus auch annehmen könnte. Es geht um einen überbordenden Föderalismus. Wenn unser Gesundheitsminister in der Gesundheitsversorgung, in der Spitalsver­sorgung etwas unternehmen will, dann wird er sagen: Ich würde ja gerne, aber da gibt es neun Landesregierungen, die im Gesundheitswesen, im Spitalswesen viel mehr zu sagen haben als ich!

Nehmen wir das Bildungswesen: Da gibt es seit einigen Jahren diese doch sehr fragwürdige Hybridkonstruktion einer Landes- und gleichzeitig Bundesbehörde namens Bildungsdirektion. Diese Bildungsdirektionen – es gibt da sehr viele Beispiele – zeichnen sich nicht durch ganz besondere Effizienz aus, wenn es darum geht, die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer, die Direktorinnen und Direktoren in ihrer Arbeit zu unterstützen. Vielmehr hat man oft den Eindruck, dass sie nur den Druck, den sie vom Ministerium aus Wien bekommen, in unqualifizierter Form weitergeben. Da wäre also sehr viel zu tun, um gerade den Bereich Bildung und Gesundheit besserzustellen.

Im Bereich Wohnen bietet dieser Tagesordnungspunkt doch auch noch einmal Anlass, darauf hinzuweisen: Wer ist denn dann der Adressat oder wer ist der Schuldner der sozialen Grundrechte? – Das können niemals die Privaten sein, das muss immer die öffentliche Hand sein, und diese Aufgabenteilung haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten, in denen wir über Mietzinsbremsen gesprochen haben, viel zu wenig scharf herausgearbeitet. Da wäre noch nachzuschärfen, und erst dann, wenn wir diese Aufgaben erledigt haben, können wir uns ernsthaft darüber unterhalten, wie wir es legistisch schaffen, soziale Grundrechte in der Verfassung zu verankern. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

23.50

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Volksanwalt Bernhard Achitz zu Wort gemeldet. – Bitte.