12.17

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kollegin Meinl-Reisinger hat auf charmante Art und Weise darauf hingewiesen, dass ich schon ein bisschen länger auf der Welt bin. Ja, das hat natürlich auch den positiven Effekt vieler Erfahrungen. (Abg. Wurm: Daraus sollte man lernen!)

Da Ewa Ernst-Dziedzic jetzt gerade vom Fall der Mauer gesprochen hat: Ja, ich hatte das Glück, dass ich mit Helmut Kohl an diesem Tag als Korrespondent in Warschau sein durfte und Geschichte miterlebt habe. Ich hatte aber auch das Glück, vorher verfolgen und sehen zu dürfen, was Kommunismus bedeutet, weil ich aus kommunistischen Ländern berichtet habe.

Ich habe gesehen, was das für die Menschen bedeutet hat, aber ich habe gerade eben in Polen und in anderen Ländern diese Bewegung für Freiheit, für Selbstbestimmung, für Menschenrechte gesehen. Da gab es einen großartigen ÖVP-Politiker, nämlich Erhard Busek; das Buch „Eine Seele für Europa“ würde ich empfehlen. Er hat es zu der Zeit geschrieben, als die einen noch zu den kommunistischen Machthabern gefahren sind, er zu Václav Havel, zu Lech Wałęsa und anderen gefahren ist und diese Vision des freien Europa schon hatte. Da tut mir so manches, was ich heute von der ÖVP zu Europa höre, umso mehr weh, aber darauf werde ich später noch eingehen.

Ein Jahr nach dem Fall der Mauer war ich als Korrespondent wieder bei einem großartigen Ereignis, nämlich in Paris, als die Charta von Paris von den europäischen Staats- und Regierungschefs und von Kanada und den Vereinigten Staaten verabschiedet wurde. Da hieß es – ich zitiere –: „Europa befreit sich vom Erbe der Vergangenheit“, und: „Das Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas ist zu Ende gegangen.“

Leider wissen wir, dass manches damals zu optimistisch war, weil der Krieg des Zerfalls in Jugoslawien natürlich noch schrecklich war, aber es hat dann wirklich viele Versuche gegeben, auch Russland einzubinden. Das wollen Sie ja auch nicht wahrhaben.

Es gab die Russland-Grundakte der Nato, es gab die Möglichkeit, dass Russland in die europäische Sicherheit einbezogen wird, aber Putin wollte das nicht, weil er ein autoritäres Regime aufziehen wollte. Er hat gesehen, dass autoritäre Führer irgendwann einmal schrecklich enden – und Gott sei Dank gab es ja einige, die dann entsprechend geendet haben –, und genau diese Angst hat er, und aus dieser Angst heraus hat er die Ukraine angegriffen, aus dieser Angst heraus hat er den Krieg in Europa begonnen. (MEP Mayer: Was Sie alles wissen, Herr Kollege!)

Aber – und das ist wieder das Positive – nach diesem 24. Februar 2022 ist Europa wieder zusammengestanden und hat das gezeigt, was Robert Schuman am 9. Mai 1950 gesagt hat, nämlich: Europa wird aus der „Solidarität der Tat“ aufgebaut. – Genau das findet jetzt in Europa statt. Auch wenn es Ihnen nicht recht ist und auch wenn die Freunde Putins in Österreich genau das verhindern wollen, stellen wir uns in Europa gegen den Kriegstreiber, gegen den Krieg, und wir tun das gemeinsam – das ist wunderbar.

Diese Europäische Union tut aber noch viel mehr, und Sie können gut genug Englisch, damit Sie das lesen können: „The Brussels Effect“. (Der Redner hält das genannte Buch von Anu Bradford in die Höhe.) Was diese Wissenschaftlerin, eine Finnin, die in Amerika arbeitet, so wunderbar schreibt, klingt vielleicht ein bisschen übertrieben: „How the European Union Rules the World“, aber sie beschreibt ganz genau, dass viele Standards der EU – ob das im Bereich Datenschutz ist, gerade ist Meta von der Europäischen Union verurteilt worden und muss zahlen; ob das im Kinderrechtsschutz ist; ob das im Frauenschutz ist, davon hat Kollegin Holzleitner heute schon gesprochen; ob das beim Konsumentenschutz ist – heute weltweit geachtet werden müssen. Wir sind, meine Damen und Herren, in Europa viel stärker, als wir manchmal wahrhaben wollen. Wir müssen diesen Weg nur weitergehen, und dieser Weg kann ja nur bedeuten, dass wir eine stärkere Europäische Union brauchen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Selbstverständlich gilt das auch im Bereich Sicherheit und Zusammenarbeit. Weil über die Nato gespöttelt wurde: Fahren Sie nach Amerika und reden Sie mit den Leuten! Viele sagen: Wer weiß, wer dort einmal wieder regieren wird! Wer weiß, ob sich die um Europa kümmern werden! – Deswegen gibt es gar keinen anderen Weg als eine gemeinsame europäische Verteidigung, als stärker werden, Selbstbewusstsein entwickeln und selbstbewusst miteinander auftreten.

Das muss ich Ihnen schon sagen, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Wenn Frau Minister Edtstadler von „Einheitsbrei“ redet, wenn Sie da irgendwie sagen: Na ja, das eine oder andere mit der EU funktioniert nicht!, dann muss ich darauf aufmerksam machen, dass Sie sich damit auf einmal wieder der FPÖ nähern. Das ist ja wirklich das Traurige. Da ist eine Partei – die Freunde Putins in Österreich –, die uns aus der EU rausschmeißen will, und hier gibt es Leute, die überlegen, dass sie genau mit dieser FPÖ wieder zusammenarbeiten.

Der Bundeskanzler sagt, er möchte eine neue Sicherheitsstrategie. – Ja, ich bin auch für eine neue Sicherheitsstrategie. Da müssen wir aber dann auch so ehrlich sein, dass wir uns als Österreich auch gemeinsam mit den anderen EU-Staaten zusammenfinden; aber das wird mit denen auch nicht funktionieren, und deswegen: für ein stärkeres, freies, wunderbares, großartiges Europa! Das können wir gemeinsam machen, gegen Putin, gegen die Freunde Putins in Österreich, wir Europäerinnen und Europäer in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lukas Hammer.)

12.23

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.