14.43

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher der heutigen Plenarsitzung! Wir sind bei einem sehr spannenden Teil angelangt, bei einem Punkt, der für Österreich entscheidend ist, bei einem Punkt, der für die Energiewirtschaft, aber auch für den Klimaschutz und das gesamte Energieaufkommen unseres Landes entscheidend ist. Wir sind beim Energieeffizienz-Reformgesetz, das eine Weichenstellung bedeuten würde. Ich betone an dieser Stelle noch den Konjunktiv, betrachte die ganze Geschichte aber zuerst von einer anderen Seite, um die Situation vielleicht etwas zu entspannen.

In meiner Heimatstadt, in Gleisdorf, einer kleinen oststeirischen Stadt (Abg. Leichtfried: Na, so klein ist sie eh nicht! Schon mittelgroß!), gab es vor rund einem halben Jahr eine Abstimmung zum Thema Straßenbeleuchtung, einen Bürgerbeteiligungsprozess, um die Menschen bei der Entscheidung mit ins Boot zu nehmen: Sparen wir Energie zu Zeiten, zu denen wir sie nicht unbedingt brauchen? Damals gab es erfreulicherweise eine sehr hohe Beteiligung bei diesem Bürgerbeteiligungsprozess, und eine wirklich klare Mehrheit sprach sich für das Abschalten der Straßenbeleuchtung ab 22 Uhr aus. Momentan evaluieren wir gerade diese Entscheidung, weil es uns auch wichtig ist, nachzufragen, zu reflektieren, um die Menschen wieder mitzunehmen.

Was heißt das aber im Wesentlichen? – Die Menschen sind in dem Bewusstsein, dass Energie ein wertvolles Gut ist und dass wir nur mit weniger Energieverbrauch die Ziele, die wir uns alle setzen sollten, erreichen können, bereit, auf Energie zu verzichten.

Das bedeutet, meine geschätzten Damen und Herren: Nach wie vor ist die beste Energie jene, die wir produktiv und nachhaltig für die Menschen und die Gesellschaft einsetzen. Das ist noch immer die beste Energie (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), aber die zweitbeste Energie ist jene, die wir gar nicht verbrauchen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Das ist die zweitbeste Energie, nämlich die, bei der man in vollem Bewusstsein entscheidet, man verzichtet auf Energie, die persönlich keine Einschränkung bringt, die halt nice to have gewesen wäre, die man aber nicht verbraucht.

Das bedeutet, wir würden mit diesem Gesetz dort ansetzen, wo wir den Menschen klarmachen: Wir müssen den Energieverbrauch der Welt, den Energieverbrauch unseres Staates, der Regionen einfach senken, um die Ziele, die wir uns setzen, auch zu erreichen. Das Ziel ist unter anderem natürlich auch die Förderung von energieeffizienten Technologien und, den Übergang zu einer nachhaltigen und energieeffizienten, ressourcenschonenden Wirtschaft zu erreichen.

Dieser Prozess, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein exorbitant wichtiger, aber auch ein exorbitant komplexer, denn Wirtschaftssysteme, Unternehmen, die produzieren müssen, hin zu erneuerbarer Energie, zu Energieeinsparungen zu bringen, ist ja nicht nur ein Sparprozess, sondern auch ein Diskussionsprozess, und es ist natürlich auch ein wirtschaftsgetriebener Prozess, bei dem es um Leben oder Nichtleben geht. Da kann der Gesetzgeber nicht drüberfahren und sagen: Macht das, und ihr geht unter! Also da muss die Wirtschaft mitgenommen werden, und das ist natürlich eine komplexe Herausforderung.

Das zweite Ziel ist, die Haushalte, und insbesondere die einkommensschwachen und energiearmen Haushalte, bei der Reduktion des Energieverbrauchs zu unterstützen, um bis 2040 diesen Beitrag zur nationalen Klimaneutralität zu leisten. Meine Damen und Herren, das möchte ich noch einmal unterstreichen: Es geht darum, in einer sozialen Verantwortung Menschen zu unterstützen, die sich bei der Energieaufbringung schwertun, die sich bei der Finanzierung ihres Energiehaushaltes schwertun. Die wollen wir aktiv unterstützen.

Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, liebe Kolleginnen und Kollegen, an dem ich mir wirklich ein bisschen schwertue. Wir wissen alle, dieses Gesetz braucht eine Zweidrittelmehrheit. Jetzt erwarte ich mir von der FPÖ ja nicht wirklich Zustimmung, weil die Glaubwürdigkeit einer Partei, deren Klubobmann zum 27. Mal entschuldigt ist, auch wenn es um seine eigene Aktuelle Stunde geht, ziemlich extrem angekratzt ist. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Auch wird eine Partei, für die der Klimawandel nicht wirklich stattfindet, aus diesen Beweggründen so einem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Also von der FPÖ erwarte ich mir ja ohnedies keine Zustimmung.

Von der SPÖ, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte ich mir aber in diesem Punkt sehr wohl die Zustimmung erwartet. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, Ihre Ankündigung, prinzipiell dagegen zu sein, ist einige Wochen alt, die lag noch weit vor dieser heutigen Abstimmung. Es wäre noch Zeit zur Umkehr gewesen, aber Sie junktimieren Dinge, die nicht zusammengehören, Sie junktimieren Dinge, die miteinander nichts zu tun haben, Sie junktimieren Dinge, die diesem Gesetz, die dieser Entwicklung schaden. Das bedeutet, Sie schaden Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)

Heute hier nicht mitzustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, das ist Arbeitsverweigerung mit Anlauf, die Sie zum Schaden von Österreich betreiben. Ich hoffe, Sie können sich morgen in den Spiegel schauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Es mag sein, dass ein neuer SPÖ-Vorsitz die Dinge dann anders sieht. (Abg. Schroll: Ihr hängt den Leuten noch mehr Energiekosten um! Noch mehr Energiekosten sollen sie zahlen, die Leute! Noch mehr sollen sie zahlen, ja genau!) Ich hoffe, dass Sie heute noch umkehren. Wenn das heute nicht passiert, hoffe ich, dass eine neue SPÖ-Führung es tut. (Abg. Hörl: 32-Stunden-Woche für die SPÖ! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schroll.) Das ist meine wirklich innige Hoffnung, denn es geht nicht um parteipolitische Interessen, sondern um energiepolitische Interessen, und du, lieber Alois Schroll, ein ausgewiesener Energieexperte, verweigerst dich heute wider besseres Wissen dieser Abstimmung: Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. –Abg. Schroll: Für Soziales! –Abg. Michael Hammer: Dafür darf er in der ersten Reihe sitzen!)

Ich appelliere noch einmal an die SPÖ, bei diesem wirklich wichtigen Gesetzesvorschlag, der für uns in Bezug auf das gesamte Energieaufkommen von essenzieller Bedeutung ist, mitzustimmen. Ich appelliere an euch: Stimmt mit! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Loacker.)

Vielleicht noch ein Satz zu den Netzen, weil das hier – auch von dir, Kollege Walter Rauch – wieder angesprochen wurde: Dass die Netze zwischen ÖVP und SPÖ aufgeteilt werden, ist eine Mär, die ihr gerne pflegt. In Wirklichkeit sind es Aktiengesellschaften, die am Markt bestehen müssen und die einen Versorgungsauftrag haben, der wiederum vom Regulator kontrolliert wird. (Abg. Rauch: Und wer ist Eigentümer? Wer ist der Eigentümer?)

Und die Menschen beklagen zu Recht – (in Richtung Abg. Rauch) ich verstehe dich von hier nicht –, dass die Einspeisung von PV-Anlagen dort und da nicht möglich ist. Warum ist sie nicht möglich? – Weil die Netze bis zum Jahr 2022 darauf ausgelegt waren, was das Netz vertragen musste, und bis dahin hatten wir in der Regel einen Erzeuger da und die Verbraucher dort. Heute haben wir einen Erzeuger da, dann weitere Erzeuger, Erzeuger, Erzeuger, Erzeuger, Erzeuger und irgendwann einen Verbraucher, der wiederum auch erzeugt. Das heißt, die Netze sind ganz anderen Belastungen ausgesetzt als noch vor zwei Jahren (Abg. Rauch: Ja eh! Aber heißt das jetzt, dass wir die Ziele nicht erreichen?) und niemand kann erwarten, dass Netzbetreiber auf einen Schnipper hin die Netze so ausbauen, dass sie alle diese Anforderungen erfüllen.

Geschätzte Damen und Herren, was jetzt gebraucht wird, sind zwei Dinge: zum einen der Entschluss der Netzbetreiber, diesen Ausbau mit aller Kraft zu forcieren, und zum anderen Kapital. Dieses Kapital müssten wir sonst zu bekannten Zinsen am Markt aufnehmen, was in weiterer Folge wiederum den Kundinnen und Kunden schadet.

Das bedeutet: Ich bin dagegen, dass Betriebe Übergewinne machen. Dass Netzbetreiber aber Gewinne machen, die sie dann in den Netzausbau investieren – zugunsten der Menschen in unserem Land, zugunsten der erneuerbaren Energie, zugunsten des PV-Ausbaus und, und, und –, das sollten wir bitte alle unterstützen. Und lassen wir dabei doch bitte die Polemik darüber, wem was gehört, weg, die hat doch keinen Platz! Wir sind gefordert, dafür zu sorgen, dass die Netzbetreiber, auch die Landesgesellschaften, die Netze ausbauen, sodass wir die Klimaziele schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Geschätzte Damen und Herren, ich komme noch einmal zum Energieeffizienz-Reformgesetz zurück. Lassen Sie mich noch kurz replizieren: Dieses Gesetz fördert innovative und energieeffiziente Technologien, was auch der wirtschaftlichen Entwicklung einen Schub geben kann. Ich hoffe (in Richtung Abg. Krainer, der sich zu Abg. Heinisch-Hosek begeben hat und mit dieser spricht), die SPÖ berät sich gerade darüber, ob sie vielleicht doch zustimmen will.

Und noch einmal: Das Gesetz berücksichtigt energiearme Haushalte mit über 150 Millionen Euro Förderung, die diese Haushalte in den nächsten Jahren dringend brauchen, um ihr Dasein zu sichern.

Wir alle können das heute hier beschließen. Es ist nicht nur die Regierung, wir alle können es. Ich bedanke mich auch bei den NEOS, die mitziehen, und ich hoffe, dass die SPÖ auch mitzieht, sodass wir alle heute die Grundlage dafür schaffen, dass die Menschen in diesem Land die Energie, die sie brauchen, auch bezahlen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu guter Letzt: Ja, wir folgen damit einem Auftrag der Europäischen Union, und ja, wir haben kein Interesse an einem Vertragsverletzungsverfahren, denn eigentlich sollten wir nur ein Ziel verfolgen: das Klimaziel. Wir haben das Ziel, das Energieeffizienz-Reformgesetz zu beschließen, damit die Menschen in unserem Lande es schaffen können, sich an den Klimazielen zu beteiligen, und damit wir gemeinsam die Klimawende schaffen und die Energieeffizienz vorantreiben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.)

14.55

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte, Herr Abgeordneter.