18.43

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren in diesem Haus aus meiner Sicht ja sehr viele sehr wesentliche Fragen. So zum Beispiel: Wie können wir illegale Migration wirksam bekämpfen? Welche wirtschaftlichen Perspektiven können sich eröffnen, auch jetzt quasi mit dem Ukrainekrieg, welche neuen wirtschaftlichen Perspektiven? Oder auch: Wie bekommen wir zum Beispiel grünen Wasserstoff, den wir in Zukunft brauchen werden, nach Europa? Und auf all diese Fragen finden wir auch Antworten im nördlichen Afrika. Dort liegen ganz viele Chancen, um auch ganz wesentliche Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, lösen und bewältigen zu können. Deswegen ist es besonders wichtig, dass wir auch wirklich ernsthaft in diese Region schauen und uns den verschiedenen Herausforderungen stellen und überlegen: Wo können wir, wo kann die Europäische Union wirklich eine Rolle spielen?

Jetzt komme ich zu dem Antrag betreffend Tunesien. Tunesien ist in vielerlei Hinsicht in einer schwierigen Situation: politisch – es war einer der großen Hoffnungsträger nach dem Arabischen Frühling, dass es dort einen demokratischen Aufbruch gibt; das hat leider so in dem Ausmaß nicht funktioniert –, und jetzt ist es auch noch dazu gekommen, dass große finanzielle Schwierigkeiten in Tunesien alles an Entwicklung, was es dort gibt, wesentlich einschränken. In Wahrheit, wenn es keine Einigung mit dem IWF gibt, wonach es im Moment nicht ausschaut, kann es also wirklich sein, dass Tunesien noch Ende dieses Halbjahres zahlungsunfähig wird.

Ich glaube, was wir in der Region definitiv nicht brauchen, ist noch eine – sagen wir einmal – Art Failed State, wie das leider andere Nachbarländer ja schon sind, und deswegen haben wir auch diesen Antrag formuliert. Wir sind der Meinung, bei all den Dingen, die zu diskutieren sind, so wie kürzlich zum Beispiel die Festnahme des Oppositionschefs, müssen wir trotzdem in irgendeiner Form ein Interesse haben, dass Tunesien auch weiterhin eine Ordnung hat und ein Partner in dieser Region ist. Deswegen wollen wir danach trachten, dass diese finanzielle Schwierigkeit, die da besteht, auch mit unserer Hilfe gelöst werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist auch deswegen wichtig – und jetzt kommen wir zu der ersten Frage, die ich aufgeworfen habe –, weil Tunesien gerade leider die Nummer eins unter den Ablegeländern, was Flüchtlinge, illegale Migration betrifft, ist. Über 60 Prozent der Flüchtlinge, die über die Mittelmeerroute illegal nach Europa kommen, legen in Tunesien ab. Und das ist einfach wirklich etwas, wogegen wir etwas tun müssen. Ein Schritt war, dass auch Österreich auf Serbien eingewirkt hat, dass die Visafreiheit zu Tunesien nicht bestehen bleibt. Das hat eine gewisse Entspannung gebracht, aber dass es Ablegeland Nummer eins ist, ist immer noch ein Fakt. Wir können nur gemeinsam, auch mit den Verantwortungsträgern dort, eine Lösung finden, und das müssen wir auch tun.

Thema Sudan: Ich möchte zunächst einmal unserem Außenministerium und auch den Partnerländern, mit denen wir das geschafft haben, dafür danken, dass wir es geschafft haben, in dieser wirklich heiklen Situation 50 Auslandsösterreicher zu evakuieren. Ich glaube, das war keine einfache Aufgabe. Vielen Dank an unsere europäischen Partner, dass es geglückt ist, das zustande zu bringen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was im Sudan jetzt wesentlich ist, ist, dass wir uns auch einbringen, wenn es um humanitäre Hilfe geht, dass wir es grundsätzlich auch weiterhin schaffen, die Versorgung für die Zivilbevölkerung sicherzustellen. Ich glaube, wenn man längerfristig denkt, müssen wir auch darauf schauen, dass die zivile Infrastruktur bestehen bleibt, denn wenn die zerstört wird, haben wir dort ein Problem auf Jahrzehnte und stehen vor einem Wiederaufbau, der sich gewaschen hat. Das heißt, wir müssen bei all den kriegerischen Handlungen, die politisch mittelfristig natürlich hoffentlich zu lösen sind, darauf schauen, dass die Zivilbevölkerung und auch die zivile Infrastruktur geschützt werden, und wir müssen auch humanitär unterstützen, wo es geht. Das halte ich für ganz, ganz wesentlich.

Und um diesen zwei Punkten auch Ausdruck zu verleihen, dass uns als Österreich das sehr wichtig ist, Tunesien stabil zu halten, dort diese finanziellen Schwierigkeiten zu lösen, das Thema der illegalen Migration zu lösen und im Sudan die humanitäre Hilfe zu gewährleisten, halte ich es für sinnvoll, dass wir als Parlament diese Anträge heute beschließen und damit die Position Österreichs noch einmal verdeutlichen und unterstreichen. Ich glaube, das ist die absolut richtige Positionierung in dieser Region. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.48

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Martin Graf zu Wort gemeldet. – Bitte.