Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Wir wissen, dass eine der zentralen Herausforderungen sowohl gesellschaftspolitisch als auch wirtschaftspolitisch die ökologische Transformation ist, das heißt der Wirtschaft, der Mobilität wie auch unserer Heizsysteme, Wärmesysteme. Natürlich stellt das auch den Arbeitsmarkt vor sehr große Herausforderungen, denn wir haben ja in vielen Branchen bereits einen ganz real existierenden Arbeitskräftemangel. Und wenn die sozialökologische Transformation gelingen soll, werden wir auch möglichst viele Arbeitnehmer:innen brauchen, die tatsächlich diese Wende vorantreiben, durchführen und umsetzen können.

Daher meine Frage:

273/M

„Wie stellt sich der Fachkräftemangel bei Green Jobs dar – konkret: wie ist der aktuelle Stand an offenen Stellen im Bereich Green Jobs?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Koza. Es ist tatsächlich gar nicht so leicht, die Definition zu vorzunehmen. Es gibt von der OECD auch einige Vorgaben, es ist eine sehr breite Definition der Green Jobs. Es gibt auch eine engere Definition, es gibt auch Jobs, die im Moment vielleicht sogar das Gegenteil sind, Polluting Jobs, die in fünf Jahren dann Green Jobs sind. Die Transformation, die passiert, ist gar nicht so leicht zu verfolgen. Insofern muss man mit den Daten immer ein bisschen vorsichtig umgehen.

Wir haben in Österreich glücklicherweise mehr Green Jobs als im OECD-Durchschnitt, wir haben in dem Bereich aber auch einen sehr großen Mangel. Die aktuelle Zahl der offenen Stellen im Bereich der breiteren Definition der Klimaberufe liegt bei 14 588, das ist die Zahl von Ende April 2023. Das sind bei Weitem mehr als 10 Prozent aller gemeldeten offenen Stellen, und da sind auch noch einige dabei, die wahrscheinlich nicht gemeldet werden, weil nicht alle Stellen ans AMS gemeldet werden. Wenn man die sehr enge Definition hernimmt, ganz konkret etwa den Installateur, der PV-Anlagen installiert, dann sind es gut 1 000 gemeldete offene Stellen.

Es zeigt sich in der Vergleichsanalyse über die letzten Jahre, dass die Zahlen der offenen Stellen in diesen Bereichen besonders stark gestiegen sind. Wir sehen also einen größeren Bedarf, deshalb gibt es auch im Rahmen des AMS in viele Maßnahmen zur Qualifizierung diese Richtung.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Ja, die Zusatzfrage geht eh in diese Richtung. Sie haben es schon zuvor im Zusammenhang mit der Transfor­ma­tionsoffensive Industrie erwähnt, dass in den Betrieben sehr wohl auch Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen umgesetzt werden, aber konkret:

Welche gezielten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gibt es, um den Fachkräftebedarf im Bereich der Green Jobs, beispielsweise Energiewende, wo auch immer, tatsächlich abdecken zu können, insbesondere was auch den unmittelbaren Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Menschen in der Arbeitslosigkeit in Österreich betrifft?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben ja viele bestehende, gut funktionierende arbeitspolitische Maßnahmen, die wir jetzt einsetzen, natürlich ganz konkret für die Bereiche, in denen es besonders große Knappheit gibt: Pflege, Gesundheit, aber natürlich auch im Bereich der klimarelevanten Berufe.

Wir haben das Fachkräftestipendium, wir haben vor allem die Umweltstiftung, die wir letztes Jahr eingerichtet haben, die ich gemeinsam mit der Frau Klima­ministerin eröffnet habe, damit natürlich auch in handwerklichen Berufen ausgebildet wird, um eben genau diesen Bedarf zu decken. Es geht jetzt darum, diese Berufe bekannter zu machen. Rein die Förderung und die Möglichkeiten zu haben ist die eine Sache, die Berufe bekannter zu machen, die Chancen aufzu­zeigen die andere. Das machen aber die AMS-Landesstellen und die zustän­digen Regionalstellen sehr gut. Es gibt in einzelnen Ländern auch schon ganz konkrete Initiativen, das noch sichtbarer in der Fort- und Weiterbildung zu machen, durch einzelne Einrichtungen, die ganz spezifisch diese Jobs ausrichten, neben der Umweltstiftung, die es österreichweit gibt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Seemayer. – Bitte.

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Bundesminister! Anstatt immer wieder die Voraussetzungen für die Erteilung der Rot-Weiß-Rot-Karte nach unten zu schrauben, könnte man auch Maßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Inland setzen, damit der Fachkräftemangel entschärft werden kann, beispielsweise – Sie haben es angesprochen – hinsichtlich der Arbeitsbe­din­gungen in der Pflege oder im Gesundheitsbereich beziehungsweise auch im Tourismus.

Welche Vorschläge haben Sie, um mehr inländische Arbeitskräfte – und wir haben ein großes Potenzial an inländischen Arbeitskräften – für Mangelfach­bereiche zu gewinnen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Diese Frage in einer Minute zu beantworten ist fast unmöglich. Wir wissen natürlich, wo die Potenziale sind: Wir brauchen gute Qualifizierung im Bereich der Arbeitslosigkeit, schnelle Vermittlung. Wir brauchen gute Bildung am Anfang des Berufslebens, um einsteigen zu können, um keine Jugendarbeitslosigkeit zu haben. Wir brauchen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie; das liegt jetzt nicht direkt in meinem Ressort, aber ich spreche mich immer dafür aus, die Vereinbarkeit zu verbessern, weil ich das für sehr wichtig halte. Wir brauchen Gesund­heits­vorsorge; das liegt zum Teil bei mir im Ressort. Wir haben da ein wichtiges Programm: Fit2work, das hilft, dass Menschen länger im Berufsleben stehen können, bis zum Pensionsantritt gesund bleiben und dann gesund in Pension gehen können.

Wir brauchen auch Anreize, vielleicht ein bisschen länger im Berufsleben zu bleiben, und weiters brauchen wir auch qualifizierte Zuwanderung, aber das ist nur ein kleiner Teil. Es ist klar, dass das Hauptpotenzial im Inland liegt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte.

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist ja ein bewährtes Instrument, um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu bringen. Es ist bei der Rot-Weiß-Rot-Karte oft relativ schwierig, dass man bei allem bürokratischen Aufwand, den sie mit sich bringt, auch immer alles richtig ausfüllt und dass man auch die ent­sprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet, die man nach Österreich holen kann. Speziell im Tourismus fehlen massiv Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, besonders auch in Tirol.

Wir haben ja die Rot-Weiß-Rot-Karte mittlerweile evaluiert und auch schon verbessert. Meine Frage: Welche Verbesserungen kommen noch bezie­hungsweise was könnten wir noch machen, um die Rot-Weiß-Rot-Karte weiter zu verbessern? Und: Was war in der Vergangenheit schon positiv zu bemerken im Zusammenhang mit der Rot-Weiß-Rot-Karte? – Vielen Dank.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich glaube, die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte war wirklich ein relativ großer Schritt, um die Rot-Weiß-Rot-Karte attraktiver zu machen. Jetzt geht es darum, das auch in die Fläche zu bringen, also in allen Bezirken die Verfahren zu beschleunigen, das ist sicher noch nicht überall gelungen. Es sind ja auch mehrere Behörden beteiligt. Es geht darum, es bekannter zu machen.

Wir haben mit der Rot-Weiß-Rot-Karte aus meiner Sicht ein Instrument, das durchaus vergleichbar ist mit dem Einwanderungssystem in Kanada. Es geht um qualifizierten Zuzug, spezifisch in den Bereichen, in denen wir ihn brauchen, besonders in Mangelberufen. In anderen Bereichen gibt es eine Einkom­mensuntergrenze und ein Punktesystem, das erfüllt werden muss.

Ich glaube, es ist uns gelungen, sie attraktiver zu machen. Wir haben in den letzten Monaten 50 Prozent Anstieg bei der Zahl der Bewilligungen der Rot-Weiß-Rot-Karten im Vergleich zu vor der Reform. Wir müssen jetzt noch besser werden, was die Verfahren und die Geschwindigkeit der Verfahren betrifft, natürlich gemeinsam mit den Bezirksbehörden im Ausländerbereich.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Shetty. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Herr Minister! Der Mangel an Fachkräften, die für die Energiewende relevant sind, ist enorm, das haben wir heute schon mehrfach gehört – Politikerinnen und Politikern von gestern und vorgestern geschuldet, die eben nicht an morgen und an übermor­gen gedacht haben. Ich glaube, das sagt einem ja der Hausverstand, dass man schon vor zehn Jahren in Green Jobs hätte investieren müssen, hätte ausbilden müssen, sodass wir heute nicht diesen Fachkräftemangel hätten.

Sie haben im Jänner dieses Jahres eine Pressekonferenz zu einer Offensive im Bereich der Green Jobs gegeben und haben davon gesprochen, dass es 11 300 offene Stellen in klimarelevanten Bereichen gibt. Heute haben Sie eine aktuellere Zahl genannt.

Auf eine Anfrage, die wir dann gestellt haben, haben Sie geantwortet, dass es keine Definition, keine Liste Ihres Hauses gibt. Ich finde das schockierend. Wie kommt man auf eine Zahl, wenn es keine Definition gibt?

Deswegen wäre meine Frage, Herr Minister: Was ist der konkrete Plan, um zu einer Definition von Green Jobs, von Jobs in klimarelevanten Bereichen zu kommen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Wir haben natürlich schon eine Liste von Berufen. Die Frage ist immer, wie genau sie ist. Ich habe versucht, ausheben zu lassen, wie die Berufsliste des AMS die klimarelevanten Berufe definiert. Es sind 358 Berufe insgesamt, die klimarelevant sind, natürlich mit einzelnen Abstufungen, manche sind relevanter, andere weniger. Der öffentliche Verkehr ist da übrigens nicht einbezogen; da könnte man auch sagen, dass das ein besonders klimarelevanter Bereich ist, in manchen Bereichen sicher, in anderen Bereichen vielleicht nicht so stark.

Eine Teilmenge von 128 Jobs sind sogenannte Green Jobs, in der Nomenklatur des AMS spezifische Jobs, zum Beispiel der Installateur mit spezifischen Fähigkeiten zur Installation von PV-Anlagen oder der Klimatechniker, die Klimatechnikerin, solche Jobs im Endeffekt.

Also es gibt das natürlich, aber in der Anfragebeantwortung haben wir immer darauf hingewiesen: Es ist immer eine Definition, die man mit Vorsicht genießen muss, weil eben die konkrete Ausgestaltung der Jobs dann durchaus unter­schiedlich ist, die Bezeichnung aber gleich ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Loacker. – Bitte.