12.59

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich gehe eigentlich davon aus, dass wir alle – alle fünf Fraktionen – die gleichen Ziele verfolgen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es geht darum, in einem Bereich, in dem es einen großen Personalbedarf gibt, in dem es natürlich auch Schwierigkeiten gibt, die durch die Pandemie und die Herausforderungen in diesem Bereich verstärkt wurden, Lösungen zu finden, die dazu führen, dass möglichst viele Menschen sich dafür entscheiden, in diesem Sektor zu arbeiten. Wir wissen, dass dieser Bedarf besonders groß ist, deshalb finde ich es in diesem Zusammenhang besonders schade, dass die Frage der Pflegelehre, die ja ein kleiner Bestandteil einer größeren Strategie der Bundes­regierung ist, jetzt ideologisiert wird und die Dinge nicht richtig abgewogen werden.

Auf der einen Seite verstehe ich, dass man durchaus skeptisch sein kann, auf der anderen Seite ist es, glaube ich, der richtige Weg, alle Möglichkeiten zu nutzen, um einen Notstand in der Pflege, was die Personalknappheit betrifft, abzu­wenden und eben auch auf andere Länder zu schauen, die mit der Pflegelehre positive Erfahrungen gemacht haben, wie eben die Schweiz. Deshalb bin ich dafür, dass wir diese Lehre zur Pflegeassistenz und zur Pflegefachassistenz einführen. Es ist eine Pilotlehre, wie bei so vielen anderen Lehrberufen auch – also nicht anders als bei vielen anderen Lehrberufen –, es wird eine wissen­schaftliche Evaluierung geben, und dann wird man die Erfahrungen dort bewer­ten.

Natürlich verstehe ich auch die Stellungnahmen einiger Berufsverbände. Da gibt es Sorgen um die Kapazitäten für die Ausbildung, es gibt Sorgen betreffend den Jugendschutz. All das haben wir in diesem Entwurf, in diesem Gesetz berück­sichtigt und werden es natürlich auch weiter in der Umsetzung begleiten. Ich glaube aber, es ist einfach wichtig zu sagen: Wir brauchen viele Zugänge – einige wurden ja genannt.

Es geht um Pflegeschulen – es geht um die drei- bis fünfjährigen Pflegeschulen, die ausgebaut wurden. Es geht um das Pflegestipendium, das jetzt seit Beginn des Jahres existiert und Menschen, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus für eine Pflegeausbildung entscheiden, 1 400 Euro garantiert. Es geht um die Coronajoboffensive, in deren Zusammenhang eine fünfstellige Zahl von Menschen in der Pflege ausgebildet wurde. Es geht um Erleichterungen – auch das ist wichtig, es ist gerade angesprochen worden – beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte, damit wir qualifizierte Menschen aus anderen Ländern nach Österreich bringen, damit diese hier tätig sind, und es geht auch um weitere Dinge – im Paket gestern sind einige Dinge auch angeführt – bei Nostrifizierun­gen und bei vielen anderen Dingen.

Der Herr Gesundheitsminister und ich sind in engem Austausch – wir reden über alle Möglichkeiten – und unterstützen damit, auch das ist wichtig zu sagen, die Länder und die Trägereinrichtungen, weil die Pflege keine reine Bundes­aufgabe ist, und ich glaube eben, dass die Pflegelehre ein Baustein ist – ein wich­tiger Baustein, aber sicher nicht der einzige Baustein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es geht um eine Lehre zur Pflegeassistenz und zur Pflegefachassistenz, deren Absolvent:innen natürlich nicht diplomierte Pflegekräfte ersetzen können. Diese gibt es ja weiterhin, und wir werden mehr davon brauchen; es geht um die Assistenz dazu.

Es geht um die Vorteile dieser Lösung: Die Lehrlinge in diesem Bereich werden ab dem ersten Tag ein Lehrlingseinkommen bekommen – das gilt nicht für diejenigen, die in Pflegeschulen sind; dort gibt es auch ein garantiertes Mindest­unterstützungsniveau, aber das ist geringer als das, was die Lehrlinge bekommen –, und auch die Betriebe, die Trägereinrichtungen bekommen eine betriebliche Lehrstellenförderung, so wie viele andere Betriebe auch, die die Lehre nutzen, um eben Fachkräfte auszubilden.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das mit den Jugendschutzbe­stimmungen sehr ernst gemeint ist, weil das ein wirklich wichtiger Faktor ist, wir wissen aber gleichzeitig aus Studien, dass es viele junge Menschen auch schon im Alter von 15 und 16 Jahren gibt, die ein großes Interesse an Sozial-, Gesund­heits- und Pflegeberufen haben, und die Pflegelehre eröffnet diesen Menschen neben den bestehenden eine weitere Möglichkeit, in diesen Berufen tätig zu werden, und wir werden sehen, wie das genutzt wird. Wie gesagt, die Schweiz ist ein Land, das diese Lehre sehr früh eingeführt hat, das in dieser Zeit seit 2006 auch sehr viel gelernt hat, und mittlerweile ist es von allen Lehrberufen der drittbeliebteste Lehrberuf in der Schweiz. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Ich möchte also noch einmal an alle appellieren, hier konstruktiv im Sinne der Pflege zusammenzuarbeiten, denn es geht um die Pflege, es geht um alle Beschäftigten dort, es geht um das Gesundheitssystem.

Ich möchte mich bei der Gelegenheit auch bei allen, die mitgearbeitet haben, bedanken. Das war mit vielen beteiligten Gruppen, auch betreffend die politische Abstimmung mit den Bundesländern ja keine ganz einfache Vorbe­reitung, und ich möchte mich bedanken, dass vier Bundesländer schon im Herbst, also sehr rasch jetzt nach diesem heutigen Beschluss, mit der Ausbildung starten werden. Es wird wahrscheinlich vier Berufsschulklassen geben – jeweils eine Klasse in Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und Niederösterreich –, und dann werden wir diese Möglichkeit weiter ausbauen.

Ich halte es für eine wichtige Zielsetzung, den Pflegeberuf aus allen Zugangs­möglichkeiten so attraktiv wie möglich zu gestalten. Die Pflegelehre beziehungsweise die Lehre für die Pflegeassistenz und die Pflegefachassistenz ist ein Schritt dazu, und ich bin froh, dass wir ihn heute gehen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.05

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Maximilian Linder. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.