9.56

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, wir müssen reformieren. Das wissen wir, und das hat ja der Herr Bundesminister auch ganz klar gesagt, dass das auch das Ziel ist – schön, wenn Sie sagen, die Hand ist ausgestreckt. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind fast 40 Jahre in der Regierung als ÖVP!) Auch Philip Kucher als Gesundheitssprecher der SPÖ war heute sehr positiv. Ich glaube trotzdem – ich teile die Einschätzung nicht –, dass wir hier in Öster­reich trotz aller Probleme, die es gibt, ein sehr, sehr gutes Gesundheitssystem haben, um das uns viele Menschen in anderen Ländern beneiden. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, bekommt jeder mit 90, wenn es medizinisch in Ordnung ist, eine Hüftprothese. Bei uns werden hochbe­tagte Patient:innen medizinisch bestens betreut (Abg. Kucher: Aber wann?), Frau Kollegin Ribo ist darauf eingegangen. – Philip Kucher hat gerade genickt. Es ist einfach so. Der Herr Bundesminister hat auch gesagt, dass er daran arbei­tet, gemeinsam mit dem Bundeskanzler, der sich auch ganz klar dafür aus­gesprochen hat, dass wir da Fahrt aufnehmen.

Ich habe selbst in den letzten Tagen ein sehr dramatisches Ereignis in meiner Familie miterlebt und habe feststellen können, wie großartig unser Ge­sundheitssystem, unsere Krankenhäuser, die Ärzte und das Pflegepersonal funktionieren. Ich möchte an dieser Stelle einmal mehr im Namen unserer Fraktion allen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, dafür sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ja, es wurde ja schon ausgeführt, der erste Teil dieser Gesundheitsreform ist die Novelle des Primärversorgungsgesetzes. Sie bringt zusätzliche innovative Angebote im niedergelassenen Bereich, mit vielen Vorteilen vor allem auch für die ältere Generation – das möchte ich auch erwähnen –, weil es eine wohnortnahe Versorgung ist, sie bringt weniger War­tezeiten. Die Ärzte, die Physiotherapeuten, alle, die dort tätig sind, arbei­ten gut zusammen – auch das ist positiv, das brauchen wir –, und es kommt auch zu einer Entlastung der Fachärzte und der Spitalsambulanzen. Ich denke, das ist ein guter, wichtiger erster Schritt.

Bis 2025 wird die Zahl der Primärversorgungszentren von 40 auf 120 verdrei­facht. (Abg. Loacker: In zehn Jahren ... funktioniert!) Die Novelle – das möchte ich auch noch betonen, weil es noch nicht gesagt wurde – bringt auch die Möglichkeit, reine Kinderprimärversorgungszentren einzurichten. Auch das ist wichtig, weil es gerade in dem Bereich einen Mangel gibt und wir für unsere Kinder alles tun müssen, was nur irgendwie möglich ist.

Wichtig ist für mich vor allem auch die Früherkennung, die Prävention, aber auch die nachhaltige Arbeit. Wir müssen noch mehr in die Rehabilitation, in die Früherkennung investieren. Das ist ganz, ganz wichtig, damit es zu keiner Über­lastung des Gesundheitssystems kommt. Da liegt mir ganz besonders die psychosoziale Versorgung, die psychosoziale Gesundheit am Herzen.

Es wurden zehn Gesundheitsziele definiert, und rund 40 Institutionen aus Politik und Gesellschaft arbeiten daran. Wir müssen da aber ganz früh anfangen, in der Kindheit, in den Kitas, in den Kindergärten, wo es viele tolle Projekte gibt: gesunde Jause, gesunder Kindergarten, Bewegung. Ich bin selbst oft dort und sehe, wie engagiert unsere Pädagog:innen dort arbeiten. Das ist Früherken­nung, das ist Schaffen von Gesundheitsbewusstsein.

Wir müssen auch die Eltern miteinbeziehen. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, ja, ja!) Auch die Eltern müssen da mehr Bewusstsein haben. (Abg. Belako­witsch: Da werden wir jetzt alle gesund werden!) Ich denke auch an Mental-Health-Projekte, viele sind jetzt im Zuge der Pandemie entstanden.

Wir haben beispielsweise in Kärnten im Hilfswerk das Schulcoaching mit Schülern und Lehrern, das sehr gut angenommen wurde, und ich appelliere wirklich, dass wir diese Projekte auch fortsetzen, Herr Bundesminister, denn viele sind zeitlich begrenzt und laufen mit Ende dieses Schuljahres aus.

Ich appelliere aber vor allem auch an alle Beteiligten, das Psychotherapiegesetz fertig zu verhandeln. Die Ausbildung muss neu geregelt werden, wir brau­chen einfach mehr Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, ein größeres Angebot. Es gibt Tausende Stunden mehr Psychotherapie, die Kontingente wurden ausgeweitet – ein Danke auch der ÖGK –, aber das reicht nicht. Ich sehe es in unserer Arbeit, es reicht nicht. Wir haben nach wie vor lange Warte­listen und lange Wartezeiten, und das darf nicht sein. Das ist ganz, ganz schlecht.

In der Kinder- und Jugendarbeit, das ist ganz wichtig, brauchen wir einen Ausbau der Sozialpsychiatrie, einen Ausbau der extramuralen und mobilen Struktu­ren und dringend auch mobile sozialpsychiatrische Nachbetreuung; auch das ist mir sehr, sehr wichtig. Diese Dinge müssen alle auch in die Reform mit hinein­gedacht werden.

Ganz wichtig – Frau Kollegin Ribo hat ja schon davon gesprochen, ich komme noch einmal kurz darauf zurück – sind aber auch die älteren Menschen. Die Einsamkeit, die Vereinsamung der älteren Generation ist ein ganz wichtiges Thema. Da müssen wir alles tun, um dem entgegenzuwirken. Das hat auch Auswirkungen: Pflegebedarf entsteht später, medizinischer Versorgungsbedarf entsteht später, wenn es den Menschen psychisch gut geht. Wir haben bereits vor der Pandemie ein großes Ansteigen der Altersdepression feststellen können, und da gilt es wirklich mit vielen Maßnahmen entgegenzuwirken.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (fortsetzend): Ja, der Schlusssatz: Ich appelliere an alle, dass wir gemeinsam an diesen Reformen möglichst rasch arbeiten und sie umsetzen und dass wir vor allem die Prävention in den Mittelpunkt stellen. Sie bringt Menschlichkeit, sie spart aber auch Kosten im medizinischen System. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

10.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Hei­nisch-Hosek. – Bitte sehr.