19.32

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Zuerst einmal vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Bericht. Ich möchte kurz etwas vorlesen:

„Wir setzen uns dafür ein, dass sich die Menschen als Teil der sozialen Sicherheit auf eine qualitätsvolle Pflege im Alter verlassen können. Mit der steigenden Lebenserwartung steigt auch der Pflegebedarf in einer alternden Gesellschaft. Menschen sollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können. Ambulante Pflegedienste sind auszubauen. Wir wollen vielfältige und flexible Pflegearrangements möglich machen, um pflegende Angehörige zu entlasten.“

Das stammt aus dem Grundsatzprogramm der ÖVP aus dem Jahr 2015. Umso erschreckender ist es ein Stück weit, dass Volksanwalt Achitz jetzt bei der Präsentation verlautbart: Es gibt kaum ein Pflegeheim, in dem wir keine massiven Menschenrechtsverletzungen feststellen müssen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Die Ursachen liegen natürlich an der gespannten Personalsituation. Gründe für diesen Personalmangel können hohe Qualifikationserfordernisse, schwierige Arbeitsbedingungen oder geringe finanzielle Attraktivität der Berufe sein. In der Pflege Beschäftigte müssen mit massiven Überlastungen kämpfen und teilweise die Arbeitszeit zum Schutz der eigenen Gesundheit reduzieren. Viele scheiden aus dem Beruf aus, beenden die Ausbildung nicht oder ändern nach ihrer Ausbildung komplett ihre Lebenspläne.

Die Belastung des Pflegepersonals wirkt sich natürlich dann auch auf die Qualität und auf die Arbeit aus. Viele Pflegekräfte fallen wegen Krankheit aus, und es kommt zu Versorgungslücken. Teilweise gehen sie krank arbeiten, und das erhöht wiederum die Gefahr, Fehler zu machen. Es kommt also zu einem massiven Qualitätsverlust in der Pflege. Der permanente Zeitdruck und die steigende Zahl an Überstunden machen das Ganze auch nicht besser und wirken sich auch negativ auf die seelische Gesundheit aus, bei der wir ohnehin schon massive Probleme haben.

Eine Folge dieser Personalknappheit sind natürlich auch gesperrte Betten, zum Teil gesperrte Stationen in den Krankenhäusern. Fast ein Viertel der Pflegebetten in der Steiermark blieb Ende 2022 unbelegt, weil einfach das Personal fehlt.

Was wir auch vom Rechnungshof gehört haben, ist, dass es kein einheitliches Qualitätsverständnis gibt, was die Kriterien betrifft. In den Bundesländern ist alles irgendwie verschieden und weicht voneinander ab, was auch diesen ganzen Anforderungen nicht förderlich ist.

Wir müssen also die Pflegeberufe nachhaltig aufwerten. Wir sehen die Herausforderungen für jetzt – wir haben im Endeffekt keine Zeit, drei Jahre zu warten, bis die ersten Pflegelehrlinge fertig werden. Das heißt, wir haben da einen massiven Handlungsbedarf.

Die Beispiele möchte ich Ihnen ersparen, weil da auch wirklich sehr drastische Beispiele gebracht werden, und ich möchte Sie jetzt nicht mit diesen Bildern in den Abend schicken.

Was ich aber auch noch sagen möchte, ist: Es sind auch Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen kontrolliert worden, wo zum einen positiv ist, dass bei der Qualität der Betreuung die Tendenz steigend ist, weil sich die Einrichtungen sehr stark an der UN-Behindertenrechtskonvention orientieren und sich deren schon bewusst sind. Es gibt aber trotzdem immer noch keine Versorgungssicherheit für Menschen mit Behinderungen im großen Ausmaß, und viele Gesetze sind auf das medizinische Modell der Behinderung ausgerichtet anstatt auf das soziale Modell. Auch ist sehr oft das Sichverlassen auf die Familie gefordert, besonders im Bereich der Kleinkinder und Babys, weil eben keine Angebote vorhanden sind.

Was noch dazukommt, ist, dass 72,5 Prozent der Menschen mit Behinderungen sehr oft Opfer physischer Gewalt sind und das so auch angeben, aber auch sexueller Gewalt, vor allem wenn es sich um Menschen mit Lernbeeinträchtigungen handelt. Gerade da sollte es uns umso mehr ein Ansporn sein, diesen Menschen auch eine sexuelle Selbstbestimmung zu ermöglichen. Da gibt es auch keine Altersgrenze nach oben, denn es sind auch ältere Menschen davon betroffen.

Was ich zum Schluss noch mitgeben möchte, weil wir ja bei einem anderen Tagesordnungspunkt die Ausführungen von Kollegin Grünberg gehört haben, was Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen betrifft: Es ist kurz danach wieder der Begriff der Menschen mit besonderen Bedürfnissen gefallen. Ich möchte das jetzt wieder und wieder hier feststellen und Ihnen allen mit nach Hause geben: Wir haben alle besondere Bedürfnisse, da ist niemand von uns ausgenommen. Ich möchte, dass wir Menschen mit Behinderungen nicht so bezeichnen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen sowie der Abg. Diesner-Wais.)

19.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte sehr.