10.16

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wenn ich das noch ergänzen darf: Einen lieben Gruß von Kollegen Alois Schroll – auch das Jugendrotkreuz aus Blindenmarkt ist hier, herzlich willkommen! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen und bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe zahlreiche Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber immer wenn es in der Diskussion um Vermögenssteuern geht, dann tu ich mich sehr, sehr schwer und innerlich brodelt in mir die Wut hoch.

Ich habe Ihnen eine Zahl mitgebracht (ein Blatt Papier mit der Aufschrift „37.000.000.000“ in die Höhe haltend): 37 Milliarden Euro. Das muss man sich veranschaulichen, das ist nämlich 37 mit neun Nullen daran. Ich weiß nicht, ob Sie die Zahl kennen: Das ist das Einkommen des Erben Mark Mateschitz im Jahr 2022. (Die Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch: Ja, und? – Abg. Loacker: Neidisch!)

Damit man weiß, wie viel das ist: Das ist das 1-Million-Fache eines österreichi­schen Durchschnittsverdieners, einer österreichischen Durchschnittsverdienerin im Jahr 2022. (Abg. Amesbauer: Hast die Formel 1 gesehen in der Steiermark am Wochenende? – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Die Durchschnittsverdienerin zahlt knapp 40 Prozent Steuern, während Mark Mateschitz 0 Euro Steuern zahlt. (Abg. Schmuckenschlager: Stimmt ja nicht!)

Jetzt habe ich so oft gehört: Leistung muss sich lohnen! – Was in aller Welt aber leistet Mark Mateschitz so viel mehr, dass er 0 Euro Steuern zahlt, während die, die hackeln gehen, 40 Prozent zahlen müssen? (Abg. Amesbauer: Schaut es euch in der Obersteiermark an! ...!) Das verstehe ich nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man kann eh gegen eine Millionärssteuer sein, das ist eine legitime Position. (Abg. Loacker: Wie ... kann man sein?) Was aber illegitim ist, ist, zu sagen, das ist man, weil man den Mittelstand beschützen will. Wir haben es von Gerald Loacker gehört, Sie haben gesagt: Sie da draußen werden die Millionärssteuer zahlen! – Ja wer ist denn „Sie“? Schauen wir einmal in der Vermögensstatistik nach: Tatsache ist nämlich, dass nur die oberen 5 Prozent – nicht die 95, sondern die oberen 5 Prozent – ein Nettovermögen von über 1 Million Euro haben. (Abg. Loacker: Wir haben ein schlechtes Bildungssystem, Mathe ist schwierig!)

Ja, nochmals: Das mit der Besteuerung des Mittelstandes ist einfach ein Märchen. Stehen Sie wenigstens dazu, dass Sie Reiche und Superreiche nicht besteuern wollen! Das wäre die ehrliche Variante. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass man Millionär wird, kommt nämlich in aller Regel nicht von einer besonders guten Leistung, sondern durch Glück. (Abg. Höfinger: Das ist ein Wahnsinn! Das ist ja unglaublich! Da hast ja Glück ...!) Niemand wird heutzutage noch mit gewöhn­licher Arbeit zum Millionär. Deshalb braucht es auch ein gerechteres Steuersystem, das sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiert. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Herr.)

Das heißt eben nicht, dass die, die hackeln, 40 Prozent zahlen und der Milliar­denerbe 0 Euro zahlt. (Abg. Schmidhofer: Schämen Sie sich, Frau Tomaselli!) Das kann doch bitte nicht die Botschaft sein, die Sie raussenden möchten, wenn Ihnen Leistung wirklich wichtig ist. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.)

Schauen Sie, die Art und Weise, wie und in welcher Höhe wir wen und was besteuern, sagt auch etwas darüber aus, in welcher Welt wir leben wollen. (Abg. Michael Hammer: Ja, das fragen wir uns eh!) Steuern sind nämlich schlussendlich jene Beiträge, die den Leistungskatalog, den die öffentliche Hand anbietet, finanzieren. (Abg. Schmidhofer: Mateschitz sichert Tausende Arbeitsplätze in Öster­reich! Tausende!) Man kann eh Steuersenkung rufen, aber Steuersenkung ist doch bitte kein Selbstzweck, denn man muss immer dazusagen, welche Ausga­ben man dafür einsparen will.

Wir Grüne, das sage ich Ihnen in aller Ernsthaftigkeit, wollen einen starken Staat (Abg. Meinl-Reisinger: Aber einen effizienten und nicht aufgeblähten und nicht korrupten und nicht Selbstbedienungsstaat!), und wir sind stolz darauf, dass wir einen starken Sozialstaat haben, der ein soziales Auffangnetz hat. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind stolz darauf (Abg. Meinl-Reisinger: Stolz darauf ...!), dass man mit einem günstigen Klimaticket von A nach B kommt – das bedeutet Freiheit! –, und wir sind stolz darauf, dass wir einen funktionierenden Rechtsstaat haben. Das ist alles sehr gut investiertes Steuergeld, meine lieben Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Bei der Steuersenkungsdiskussion wird ein Staat immer genannt: die Schweiz. Ja, die Schweiz hat eine deutlich niedrigere Abgabenquote, das mag sein, aber wissen Sie, was die Folge ist? – Beispielsweise gibt es in der Schweiz drei Monate Karenzzeit, und wenn Sie dann nachher Ihr Kind in die Kinderbetreuung bringen, zahlen Sie jedes Monat 3 000 Franken. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Das ist die Folge einer niedrigen Abgabenquote, und bitte, das wollen wir nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, ich weiß, ihr macht es euch politisch ganz oft einfach – zu einfach! Wir kennen eure Lösungsvorschläge: Sind die Mietkosten zu hoch, dann braucht es ein Kündigungsrecht; sind die Pensionen zu niedrig, soll man bitte privat vorsorgen; passt das Gesundheits­system nicht, soll man bitte eine private Gesundheitsvorsorge machen. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Das ist aber das Gegenteil davon, gemeinsam poli­ti­sche Verantwortung zu übernehmen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wir haben längst eine Privatisierung im Gesundheitsbereich – längst!)

Nicht alles ist super, ja, aber streiten wir doch hier darum, wie wir die Gemeinschaftskasse besser, gescheiter, effizienter gestalten, und hören wir doch auf, alles, was vom Staat kommt, schlechtzureden! (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Nicht die Steuern sind ungerecht, sondern dass sich viele, viele Vermögende ihren steuerlichen Verpflichtungen entziehen. Ich würde also vorschlagen, bitte darüber nachzudenken - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte. (Abg. Schmidhofer: Setzen, Fünfer! Nicht genügend für diese Rede!)

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (fortsetzend): Anstatt dass Sie darüber nach­denken, Arbeitslosengeld zu kürzen, Pensionen zu kürzen, irgendeine andere Sozialleistung zu kürzen (Ruf bei der ÖVP: Schlusssatz!): Überlegen wir doch, wie wir Mateschitz, Benko, Pierer (Abg. Schmidhofer: Unglaublich!) dazu bringen können, dass sie den Anteil zurückgeben, den wir als Gemeinschaft ihnen gegeben haben, weil es einfach gerecht ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hörl: ... in die Schweiz!)

10.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.