Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Österreich zählt ja bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung mittlerweile zu den top drei Ländern in der EU. Unser Land erzielt viele wissenschaftliche und in der Folge wirtschaftliche Erfolge, aber paradoxerweise sind wir auch bei der öffentlichen Geringschätzung von Wissenschaft im europäischen Spitzenfeld zu finden. Bestätigt wird das durch die Barometerumfrage oder die Wissenschafts­barometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Man muss auch sagen, dass vor allem die Freiheitliche Partei mit alternativen Fakten, der Glorifizierung des Hausverstandes, einem Verschwörungsglauben und digitalen Q-Anon-Publikationen diese Wissenschaftsskepsis wirklich schürt.

Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage:

287/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Begeisterung für Wissenschaft und Forschung trotz anhaltender Wissenschaftsskepsis zu fördern?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Nachdem ich ja selber aus der Wissenschaft komme, ist mir gerade das ein sehr, sehr wichtiges Thema. Wir haben im Ministerium ein Zehn-Punkte-Programm initiiert, unter dem Titel „Trust in Science and Democracy“, kurz Trusd, um für Vertrauen in Wissenschaft und Demokratie zu werben. Wir müssen das wieder stärken.

Wir haben zahlreiche Maßnahmen bereits in die Wege geleitet. Wir schicken etwa Wissenschaftsbotschafterinnen und -botschafter in die Schulen. Das sind Personen, die selber aus der Wissenschaft kommen und den Kindern und Jugendlichen nicht nur ihre eigene Wissenschaft erklären, sondern generell auch nahebringen, was es bedeutet, in der Wissenschaft zu arbeiten, was überhaupt Wissenschaft bedeutet und welch großen Wert Wissenschaft für uns hat.

Wir gehen aber natürlich nicht nur auf diesem Wege in die Schulen, sondern durch Sparkling Science 2.0 haben wir ein eigenes Programm, durch das Wissenschaft und Gesellschaft aktiv zusammengebracht werden, ein sogenann­tes Citizen-Science-Programm. Wir haben im letzten Jahr mit einem Fördervolumen von 11,5 Millionen Euro 45 Projekte gefördert. Die Ausschrei­bung für das nächste Jahr hat begonnen.

Wir bieten im Sommer Kinder- und Jugendunis an, damit die Kinder und Jugendlichen auch auf diesem Wege noch mehr mit wissenschaftlichen Themen in Berührung kommen.

Und um vermehrt noch auf weitere Zielgruppen eingehen zu können, habe ich eine eigene Ursachenstudie in Auftrag gegeben, die heuer im Sommer fertiggestellt wird, damit wir noch besser wissen, wie es um die Wissenschafts­skepsis in Österreich steht, ob es regionale Unterschiede, Unterschiede nach Altersgruppen und so weiter gibt, damit wir dann zielgerichtet noch mehr tun können, um wieder dafür zu sorgen, dass der Wissenschaft entsprechendes Verständnis entgegengebracht wird und sie eine entsprechende Anerkennung bekommt, jene Anerkennung, die sie verdient und die sie braucht.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): In aller Kürze: Mit Anton Zeilinger hat ein österreichischer Quantenphysiker den Nobelpreis für Physik gewonnen. Basis dieser außerordentlichen Leistung ist die Grundlagenforschung.

Herr Minister, welches Resümee ziehen Sie aus diesem Erfolg?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Wenn man mit Anton Zeilinger spricht und er erzählt, dass er eigentlich zu diesem Zeitpunkt über etwas geforscht hat, wo außer ihm niemand wirklich ein Gefühl dafür hatte, worum es geht, und er selber auch nicht richtig wusste, wohin es ihn in seiner Forschung schlägt, dann sieht man, dass eine ergebnis­offene Grundlagenforschung extrem wichtig ist.

Das bedeutet, dass die Grundlagenforschung exzellent sein muss, und wir investieren sehr viel in diese exzellente Grundlagenforschung. Das ist aber eine Pionierarbeit. Wir müssen einfach den Forscherinnen und Forschern in diesem Bereich die Möglichkeit geben, themenoffen zu arbeiten, Risikoforschung zu betreiben, wo wir nicht erwarten, dass es einen bestimmten Output gibt, denn wir wissen ja heute nicht, was morgen relevant ist. Deshalb ist es aber umso wichtiger, dass wir hier in diese Bereiche aktiv investieren, und gerade mit der Exzellenzinitiative haben wir hier die richtigen Maßnahmen gesetzt.

Über den FWF werden ja jetzt fünf Clusters of Excellence gefördert. Das sind Bereiche, wo verschiedenste Universitäten und Forschungsinstitutionen gemeinsam arbeiten. Ich erwarte mir hier sehr wichtige, wertvolle Impulse für die Forschung in Österreich.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste und letzte Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Last, but not least, ich bleibe beim Thema Fakenews beziehungsweise der Frage, welche Möglichkeiten Sie sehen, die Medienforschungsförderung in diese Richtung verstärkt zu unterstützen, dass wir herausfinden, wie diese Phänomene funktionieren und wie wir denen entgegenwirken können, und insbesondere, welche Förderungen der Wissenschaftskommunikation angedacht sind. Ich denke auch an finanzielle Anreize aus Ihrem Ministerium.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Was die Medienforschung konkret angeht, fördert der FWF derzeit über 60 Projekte.

Ich darf darauf hinweisen, dass die Österreichische Akademie der Wissen­schaften mit dem Institut für vergleichende Medien- und Kommunika­tionswissenschaften über ein eigenes Medienforschungsinstitut verfügt, das einen ausgezeichneten Ruf hat.

Im bereits angesprochenen Zehn-Punkte-Programm zur Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie wurden zahlreiche Initiativen eben zur Wissenschaftskommunikation verankert, wie eben etwa die Wissenschafts­botschafterinnen und -botschafter, aber auch Wissenschaftswochen etwa an den polytechnischen Schulen, um in allen Bereichen für mehr Verständnis für Wissenschaft zu sorgen. Die Wissenschaftsvermittlung wird vermehrt Bestand­teil in den Curricula an den Universitäten. Das Thema Wissenschaftskommunikation wird auch dort immer mehr ein wichtiges Thema. Wir haben mittlerweile auch schon einzelne Professuren für Wissenschafts­kommunikation. Und was gerade intensiv diskutiert wird, ist: Wie kann es auch gelingen, das, was über Wissenschaftskommunikation durch die Forscherinnen und Forscher geleistet wird, in entsprechende Abgeltungsmodelle zu gießen. Da liegt der Ball derzeit bei den Universitäten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke recht herzlich und darf, da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, die Fragestunde für beendet erklären. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich danke Herrn Bundesminister Polaschek recht herzlich für die umfassende, ausführliche und zeitintensive Beantwortung.