10.43

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Es stimmt, Rudi Silvan, das Gesetz wurde 2017 unter Pamela Rendi-Wagner beschlossen, und deshalb reparieren wir es auch heute – weil es damals eben nicht so beschlossen wurde, wie wir es gebraucht hätten. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja geh bitte!) Das müssen wir vielleicht auch dazusagen. (Abg. Heinisch-Hosek: Geh bitte!)

Kommen wir einmal zum Eigentlichen (Abg. Heinisch-Hosek: Vorher hat es gar nichts gegeben, das muss man auch einmal sagen!), kommen wir zum Primärversorgungsgesetz und hören wir auf – weil es ja zuerst so geklungen hat – mit dem Geplänkel!

Worum geht es beim Primärversorgungsgesetz? (Abg. Heinisch-Hosek: Das war ein Meilenstein damals!) Das hört sich ja ein bisschen sperrig an und ist für viele nicht unbedingt ein alltäglicher Begriff. Es geht darum, dass wir mit diesem Gesetz den Rahmen für allgemeinmedizinische Gemeinschaftspraxen schaffen beziehungsweise definieren – sehr vereinfacht gesagt, zugegebenermaßen. Die Möglichkeit dafür – das stimmt – wurde 2017 eingeführt, das hat aber bis heute nicht den erhofften Erfolg gehabt.

Der Erfolg wäre gewesen: 75 Primärversorgungseinheiten, die wir bis heute hätten haben sollen – geworden sind es bis heute 40. Dabei würden ja diese Primärversorgungseinheiten – und auch da gebe ich den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ durchaus recht – eine echte Win-win-Situation für die Patientinnen und Patienten darstellen: Diese profitieren auf der einen Seite von längeren Öffnungszeiten, besseren Öffnungszeiten besonders zu den Tages­randzeiten oder an Wochenenden, geregelten Urlaubsvertretungen, zusätzlichen Gesundheitsangeboten, einer besseren Einbindung aller Gesund­heits­berufe, einer stärkeren Teamorientierung vor allem der Medizinerinnen und Mediziner, aber natürlich auch dem Ineinandergreifen der verschiedenen Gesundheits­berufe. – All das sind wirklich ganz konkrete Dinge, von denen Patientinnen und Patienten profitieren.

Auf der anderen Seite profitieren aber auch die Medizinerinnen und Mediziner und die Gesundheitsberufe von diesen PVEs, weil teamorientiert, interdisziplinär, interprofessionell gearbeitet wird. Wenn man mit den Angestellten in den PVEs spricht, berichten alle von einer besseren Work-Life-Balance, von einer besseren Planbarkeit des Alltags, eben von einem Job, der schlicht und ergreifend Spaß macht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Zusätzlich kommt noch ein Vorteil dazu: Das wirtschaftliche Risiko wird auf mehrere Schultern verteilt, was gerade für junge Medizinerinnen und Mediziner am Beginn ihrer Laufbahn natürlich ein dementsprechender Vorteil ist.

Dass es trotzdem bis heute nicht der Erfolg war, liegt unter anderem daran, dass es bisher ein sehr steiniger, sehr bürokratischer Weg war, bis man eine PVE gründen konnte, inklusive einer Vetooption der Interessenvertretungen der Ärztinnen und Ärzte, nämlich der Landesärztekammern. Diese Vetooption wurde leider Gottes in der Vergangenheit auch das eine oder andere Mal – oder wenn man es so sagen möchte: einfach zu oft – gezogen. Das heißt: sehr bürokratisch, viele Stolpersteine auf dem Weg, viele, die eine PVE gründen wollten, haben das dann irgendwann in diesem Gründungsprozess wieder zurückgezogen, und wenn sie dann so weit gewesen wären, zu gründen, hat es noch passieren können, dass dann die eigene Interessenvertretung Nein gesagt hat.

Das beseitigen wir heute alles mit dieser Novellierung. Es wird in Zukunft keine Vetomöglichkeit für eine Interessenvertretung geben, es zählen in Zukunft nur noch der Bedarf und die Patientenorientierung in der jeweiligen Region. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zusätzlich erleichtern wir die Gründung auch dahin gehend, dass nur noch zwei Medizinerinnen oder Mediziner für die Gründung notwendig sind. Wir setzen auch die anderen Gesundheitsberufe auf Augenhöhe mit den Medizinerinnen und Medizinern, denn die können in Zukunft auch mitgründen; auch das ist eine Weiterentwicklung, mit der wir auch in dieser Frage endgültig im 21. Jahrhun­dert ankommen. Wir ermöglichen für die Zukunft auch die Gründung von sogenannten Kinder- und Jugendheilkunde-PVEs, einer Form, die ganz, ganz dringend benötigt wird, wie man sieht, wenn man sich die momentane Versorgungssituation im kassenärztlichen Bereich in der Kinder- und Jugend­heilkunde anschaut. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass das Ganze von den Medizinerinnen und Medizinern auch angenommen wird, sieht man daran, dass bereits mehr als 30 solcher PVEs, solcher Primärversorgungseinheiten in den Startlöchern scharren. Die warten darauf, dass wir das hier heute novellieren, die wollen gründen. Die Behauptung, dieses Modell der Gemeinschaftspraxis, der PVE wäre nicht attraktiv, stimmt schlicht und ergreifend nicht.

Wenn wir das heute hier beschließen, dann werden auch die notwendigen Mittel, die uns die EU mit der Recovery and Resilience Facility zur Verfügung gestellt hat, dementsprechend ausgeschöpft; da gibt es 100 Millionen Euro an Fördermitteln für die PVEs.

Abschließend: Wir sind davon, von diesem Prozess, von dieser Novellierung so überzeugt, dass wir auch das bisher gültige Ziel von 75 PVEs für Österreich auf 120 PVEs abändern. Ich sage es Ihnen ganz offen und ehrlich: Diese 120 PVEs bilden ja keine Obergrenze, im Gegenteil wird es nicht nur mich, sondern auch die Patientinnen und Patienten in diesem Land freuen, wenn es mehr als 120 PVEs sind, die auf Basis dieser Novellierung dann irgendwann einmal ent­stehen. Da bin ich mir sicher: Das ist dann nicht nur eine Freude für mich, wie schon gesagt, sondern es wird auch die Patientinnen und Patienten freuen, denn das ist Patient:innenorientierung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte sehr.