12.23

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Wir werden, wie schon erwähnt, auch zustimmen, wobei ich schon deutlich sagen möchte: Aus Erfahrung bin ich, was EU-Richtlinien und EU-Verordnungen, die immer eine schöne Welt versprechen, betrifft, mittlerweile sehr skeptisch, so auch in diesem Bereich, weil die Entwicklung in den letzten Jahren – das ist, glaube ich, für alle sichtbar – immer schlechter geworden ist. Es hat sich ja nichts verbessert, sondern die Hindernisse, die Barrieren sind für Konsumenten auf allen Ebenen und damit einhergehend natürlich auch für Menschen mit Behinderungen eigentlich immer größer geworden.

Und was man bei der ganzen Geschichte auch nicht übersehen darf: Es steht nirgends geschrieben, dass die barrierefreien Automaten dann auch stehen müssen. Als Beispiel nehme ich einen Automaten, der für uns Österreicher, glaube ich, sehr, sehr wichtig ist: den Bankomaten. Es steht nirgends geschrieben, dass da ein behindertengerechter Bankomat stehen muss, das steht nirgends. Theoretisch könnte eine Bank also auch sagen: Okay, bevor ich mir die Arbeit antue und behindertengerechte Bankomaten, die teuer sind, aufstelle, stelle ich gar keine auf.

Das ist auch der Anlassfall, warum ich heute einen Entschließungsantrag ein­bringen will. Uns geht es darum, dass die Menschen in Österreich – die Konsumenten, vor allem aber auch die Randgruppen, wozu halt Menschen mit Behinderungen primär gehören – am Ende des Tages nicht auf der Strecke bleiben. Es geht da ja um weit mehr als – ich sage das bewusst – nur um mobile Einschränkungen, es geht auch um geistige Einschränkungen, Einschränkungen beim Hören, Sehen und so weiter. Alle Entwicklungen – das sage ich auch ganz deutlich und ich werde von Jahr zu Jahr EU-kritischer, wie Sie bemerken werden (Heiterkeit und Zwischenrufe der Abgeordneten Ottenschläger, Zarits und Scherak) – klingen zwar im Titel immer sehr nett, die Konsequenz ist am Ende des Tages aber immer eine Verschlechterung für den normalen Bürger.

Deshalb möchte ich im Zuge dieser heutigen Debatte mit einem Entschließungs­antrag ganz bewusst noch einmal das Thema Bargeld und damit einhergehend auch das Thema Bankomaten einbringen. Uns geht es erstens darum, dass in Österreich das Bargeld verfassungsmäßig abgesichert wird (Beifall bei der FPÖ), was in dem EU-Antrag natürlich nicht drinnen steht. Zweitens wollen wir, was Bargeld betrifft, in Österreich einen Annahmezwang, den sogenannten Kontrahierungszwang, für Unternehmen. Das ist das Zweite, das wir fordern, damit man sein Ticket bei diesen Automaten dann auch mit Münzen und Scheinen bezahlen kann. Auch das steht nirgends. (Beifall bei der FPÖ.) Und einige andere Dinge wollen wir auch noch.

Ich habe es nur ganz kurz erklärt, Sie werden es ja wissen, dass ich mich oder wir als FPÖ uns sehr lange mit dem Thema beschäftigen. Sie sollten da bitte schon noch einmal nachdenken, überlegen: Wenn Sie Menschen mit Behinderungen helfen wollen, dann müssen Sie – das wird Ihnen jeder Experte bestätigen – genau diesen uneingeschränkten Zugang zu Bargeld a) über die Bankomaten und b) über die Annahme bei Transportunternehmen, Geschäften und sonst was auch garantieren. Dann helfen Sie Menschen mit Behinderungen am besten weiter. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Präsidentin, ich bringe den Antrag jetzt ordnungsgemäß ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung – Nein zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU im Zusammenhang mit dem Barrierefreiheitsgesetz 2023“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf österreichischer und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass

- die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand erhalten bleiben,

- keine Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen im Zuge der Abschaffung von Cent- und Euro-Bargeldmünzen erfolgt,

- die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs in Öster­reich und Europa verfassungsrechtlich verankert wird,

- Bargeld als Zahlungsmittel und Vermögensform in Österreich und Europa ohne Obergrenzen verfassungsrechtlich geschützt wird,

- eine Verpflichtung zur Bargeldannahme für den Waren- und Dienstleistungs­verkehr im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel verfassungsrechtlich festgelegt wird

- und damit Barrierefreiheit sowie Teilhabe an Gesellschaft und Wirtschaft durch sogenannte vulnerable Gruppen, ob das Menschen mit Behinderung, ältere Personen und so weiter sind, im täglichen Leben durch die ungehinderte und verfassungsrechtlich geschützte Nutzung des Bargeldes garantiert werden.

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Wurm und weiterer Abgeordneter 

betreffend Ja zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung – Nein zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU im Zusammenhang mit dem Barrierefreiheitsgesetz 2023

eingebracht im Zuge der Verhandlung über Top 3) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2046 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Barrierefreiheitsgesetz erlassen sowie das Sozialministeriumservicegesetz geändert wird (2145 d.B.) in der 224. Sitzung des Nationalrats am 6. Juli 2023

Die Parlamentskorrespondenz berichtete am 23. 5. 2023 über die Zielsetzungen des neues Barrierefreiheitsgesetztes folgendes:

In Umsetzung einer EU-Richtlinie hat die Regierung dem Nationalrat ein neues Barrierefreiheitsgesetz samt begleitenden Änderungen im Sozialministeriumsgesetz vorgelegt (2046 d.B.). Damit soll sichergestellt werden, dass bestimmte Produkte wie PCs, Smartphones, Modems, E-Reader, Smart-TV-Geräte, Spielkonsolen, Bankomaten und Fahrkartenautomaten EU-weit einheitlichen Barrierefreiheits-anforderungen entsprechen. Gleiches gilt für einschlägige Dienst-leistungen wie E-Banking, E-Commerce, E-Ticketing, Videotelefonie, Online-Messenger-Dienste, E-Books und SMS-Dienste. In Kraft treten soll das Gesetz am 28. Juni 2025, wobei für Dienstleistungen ein Übergangszeitraum von bis zu fünf Jahren vorgesehen ist. Bereits im Einsatz stehende Selbstbedienungsterminals werden außerdem noch bis 28. Juni 2040 – maximal aber bis 20 Jahre nach der ersten Ingebrauchnahme – verwendet werden können.

In diesem Zusammenhang stellt sich EU-weit die Frage, inwieweit beim Ankauf und der Nutzung dieser technischen Produkte und Dienstleistungen zukünftig die Verwendung von Bargeld noch möglich ist. Aktuell hat die Europäische Union mit der Einführung des Digitalen Euro einen weiteren Schritt in Richtung Abschaffung und Zurückdrängung des Bargeldes gesetzt.

Demgegenüber hat das EU-Mitgliedsland Slowakei den Schutz des Bargeldes in der Verfassung umgesetzt, um sich vor den finanzwirtschaftlichen Eurokraten aus Brüssel zu schützen. „Es ist sehr wichtig, dass wir uns in Zukunft gegen jegliche Anordnungen von außen zur Wehr setzen können, die darauf abzielen, den digitalen Euro als einzige Zahlungsform einzuführen“, sagte Miloš Svrček, einer der Abgeordneten, die die Verfassungsänderung einbrachten.1

Denn Barrierefreiheit und die Teilhabe an Gesellschaft und Wirtschaft durch sogenannte „vulnerable Gruppen“, ob das Menschen mit Behinderung, ältere Personen usw. sind, kann im täglichen Leben nur dann umgesetzt werden, wenn der Erhalt des Bargelds und seiner ungehinderten Nutzung weiterhin gewährleistet ist.

Der Masterplan der Bargeldabschaffung schreitet in der Europäischen Union aber offensichtlich weiter voran. Nach der Beseitigung der 500-Euro-Geldscheine geht es jetzt den 1-Cent- und 2-Cent-Münzen an den Kragen. Aus der EU-Kommission hört man, die Cent-Münzen seien unbeliebt. In Wahrheit soll im Zuge dieser Cent-Abschaffung auch gleich eine Aufrundung bei Preisen und Dienstleistungen erfolgen.

Alle Preise sollen auf 5-Cent-Beträge aufgerundet werden

Am Ende des Tages freut sich wieder der EU-Budgetkommissar in Brüssel, dessen Einnahmen auf der Grundlage von Steuereinnahmen der Mitgliedsländer beruhen. Steigen die Preise durch Aufrundung, dann erhöhen sich auch Mehrwertsteuer­einnahmen auf Waren und Dienstleistungen. Geht es nach Brüssel, sollen alle Preise auf 5-Cent-Beträge aufgerundet werden. Das beschert in der Masse jedem einzelnen Bürger einen ordentlichen Preisschub.

Bereits seit 2001 gab es immer wieder Vorstöße aus der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank für die Cent-Abschaffung. Kritiker der EU und ihrer Bargeldpolitik sind sich einig: Am Ende des Tages will man alle Cent-Geldstücke abschaffen, wie aus gewissen Finanzwirtschaftskreisen zu hören ist. Einerseits möchte man Konsumenten und Wirtschaft in den bargeldlosen Zahlungsverkehr drängen, andererseits soll kein Produkt und keine Dienstleistung mehr billiger als 1 Euro sein.

Aber nicht nur die schrittweise Abschaffung des Bargeldes, sondern auch die Abschaf­fung der Bargeldzahlung an sich ist in Österreich und der EU ein reales Bedro­hungsszenario. Die Einschränkung bzw. Abschaffung der Grund- und Freiheitsrechte während des Corona-Regimes und der parallel dazu aufgerüstete Überwachungsstaat manifestierten sich auch in der Abkehr von Bargeldzahlungen, dem Einsatz von Corona-Apps und insgesamt einer weitestgehenden Digitalisierung des Alltagslebens.

Bisher haben bereits zwei Volksbegehren erfolgreich viele hunderttausende Unterschriften sammeln können, um eine „uneingeschränkte Bargeldzahlung“ in Österreich bundesverfassungsrechtlich abzusichern. Eines der Volksbegehren hatte folgenden Wortlaut und bring es auf den Punkt:2

Der Gesetzgeber möge bundesverfassungsgesetzliche Maßnahmen treffen, um die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs zu verankern. Das Bargeld ist im vollen Umfang als Zahlungsmittel und Vermögensform zu schützen, ohne Obergrenzen. Nur eine Verankerung des Bargeldes in der Bundesverfassung, gewährt die Freiheit und die Verfügbarkeit privaten Vermögens und ist als Grund­recht abzusichern.

Ergänzend dazu wäre eine Verpflichtung zur Bargeldannahme im Waren- und Dienstleistungsverkehr in der österreichischen Rechtsordnung vorzusehen. Nicht zuletzt wäre auch die Barrierefreiheit und die Teilhabe an Gesellschaft und Wirtschaft durch sogenannte „vulnerable Gruppen“, ob das Menschen mit Behin­derung, ältere Personen usw. sind, im täglichen Leben gewährleistet, wenn der Erhalt des Bargelds und seiner ungehinderten Nutzung weiterhin verfassungsrechtlich garantiert wird.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert sich auf österreichischer und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass

•          die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand erhalten bleiben,

•          keine Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen im Zuge der Abschaffung von Cent- und Euro-Bargeldmünzen erfolgt,

•          die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs in Österreich und Europa verfassungsrechtlich verankert wird

•          Bargeldes als Zahlungsmittel und Vermögensform in Österreich und Europa ohne Obergrenzen verfassungsrechtloch geschützt wird

•          eine Verpflichtung zur Bargeldannahme für den Waren- und Dienstleistungsverkehr im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel verfassungsrechtlich festgelegt wird

•          und damit Barrierefreiheit sowie Teilhabe an Gesellschaft und Wirtschaft durch sogenannte „vulnerable Gruppen“, ob das Menschen mit Behinderung, ältere Personen usw. sind, im täglichen Leben durch die ungehinderte und verfassungsrechtlich geschützt Nutzung des Bargeldes garantiert werden.“

1 https://exxpress.at/slowakei-will-keinen-digitalen-euro-bargeldzahlung-in-der-verfassung-verankert/

2 https://www.bmi.gv.at/411/Volksbegehren der XX Gesetzgebungsperiode/FUER UNEINGESCHRAENKTE BAR GELDZAHLUNGJ/start.aspx

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.