17.01

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Noch ein Wort zu Kollegen Marchetti: Kollege Marchetti hat 4:20 Minuten geredet, von den 4:20 Minuten hat er 4:20 Minuten über Wien geredet und nicht darüber, wofür wir hier verantwortlich sind, nämlich für die Bundespolitik. (Beifall bei den NEOS.)

Er hat da über Wien gesprochen. (Abg. Belakowitsch: Er ist ein Wiener Abgeord­neter!) Ehrliches Wort: Läuft in Wien alles gut? – Nein. (Beifall des Abg. Marchetti.) Haben wir das behauptet? – Nein. Aber Sie trauen sich - - (Rufe bei ÖVP und Grünen: Ja! Sagt ihr noch immer dauernd! – Abg. Meinl-Reisinger: ... zündet ein Feuerwerk der Bildungsinnovation!) – Dass alles gut läuft in Wien, dass es keine Probleme gibt? Dann sollten Sie besser zuhören. Sinnerfassendes Hören ist auch eine Kompetenz, die Sie vielleicht noch lernen sollten! (Wider­spruch bei der ÖVP.)

Sie trauen sich aber allen Ernstes, Christoph Wiederkehr, der ein Stadtratsbüro übernommen hat, in dem viele Jahre lang nicht das Richtige gemacht worden ist – das ist richtig! –, der sich bemüht (Abg. Marchetti: Bemüht, ja, bemüht! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP), der hackelt und der Vorschläge liefert, dem Herrn Bildungsminister gegenüberzustellen. Das trauen Sie sich! Das trauen Sie sich trotz dieser Untätigkeit auf Bundesebene – das ist ja unverschämt! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Marchetti: Gibt es Fakten auch? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Beim Herrn Bundesminister machen wir gleich weiter – ich kann nur wieder­holen, was meine Kolleginnen und Kollegen schon gesagt haben –: Wofür stehen Sie eigentlich? (Ruf bei der ÖVP: Setzen, Fünf!) Ich sage Ihnen jetzt etwas ganz Ehrliches: Nicht nur wir hier und nicht nur die Menschen in Österreich, sondern auch Ihre Kolleginnen und Kollegen wissen nicht, wofür Sie stehen. Schauen Sie einmal ihre Blicke im Ausschuss oder heute während Ihrer Rede an (Zwischenruf des Abg. Höfinger): Die wissen ja auch nicht, was Ihre Vision ist, was Ihre Vor­stellung von guter Bildungspolitik ist. Ratlosigkeit, das herrscht im Unterrichts­aus­schuss vor, auch bei Ihren Kolleginnen und Kollegen. Keiner weiß, wofür Sie stehen!

Diese Bundesregierung hat Bildungspolitik abgeschrieben, gekübelt. Da tut sich gar nichts mehr. (Beifall bei den NEOS.)

Sie sind nämlich kein Ermöglicher, sondern Sie sind in ganz alter ÖVP-Manier ein Verhinderer, ein Blockierer und ein Verwalter. Herr Minister, wir haben heftige Auseinandersetzungen mit Ihrem Vorgänger, Heinz Faßmann, gehabt. Das können alle hier bezeugen. (Abg. Höfinger: Ja! – Abg. Schmuckenschlager: Er zittert heute noch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir waren regelmäßig unter­schiedlicher Meinung, aber er hatte eine Meinung zu Dingen. Er hat eine bildungs­politische Vorstellung gehabt. (Abg. Haubner: Wer?) Ja, die war eine andere als die unsere, aber sie war da. Bei Ihnen merkt man einfach gar nichts mehr, und das merken alle Menschen in Österreich. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei Ihnen hat man keine Ahnung, wie Sie zur Schulautonomie, zu einem bundes­weiten Chancenindex, zu im Schulsystem verankerten Bildungsinnovationen stehen – Stille, Stille, man hört nichts. Wir haben im Ausschuss dann Ihre Visions­losigkeit beklagt, wir haben uns beschwert, dass keine einzige Gesetzesidee in den Ausschuss gekommen ist – keine einzige! –, sondern es gab nur Anträge der Opposition. Es gab keine einzige Idee, sondern nur einen unverbindlichen Entschließungsantrag zum Thema Energieeffizienz, aber dazu reden wir eh später. (Abg. Salzmann: Dazu haben wir schon geredet, Shetty, das hast du verschlafen!) Dann haben Sie – ich habe es mir notiert; Zitat – gesagt: Wir wollen die Bürokratie eindämmen, deswegen machen wir keine neuen Gesetze. – Ich habe mir gedacht, das ist ein schlechter Scherz, aber Sie meinen das ernst, und das macht wirklich Angst.

Stichwort Bürokratieabbau: Eine Umfrage unter Lehrerinnen und Lehrern zeigt, was wir heute schon mehrfach aufgezählt haben, wo überall wirklich zubüro­kratisiert wird (Abg. Michael Hammer: Das waren noch Zeiten, wie der Strolz da war, da habt ihr mit Bildung noch etwas zu tun gehabt!): mehrmaliges Eintragen von Noten, mehrmaliges Eintragen von Fehlstunden, mehrmaliges Eintragen von Zeugnissen, mehrmalige Erfassung von Anwesenheiten, doppelte und dreifache Bearbeitung von Verwaltungslisten (Abg. Michael Hammer: Flügelheber, da habt ihr noch mit Bildung etwas zu tun gehabt!), unzählige Behördenansuchen, Dutzende Anträge für Zuschüsse, ein Formulardschungel bei Supplierungen (Abg. Salzmann: Welche Supplierformulare? Wovon redest du?), ein Bürokratiemonster Schulbuchaktion und, und, und – die Liste ist unendlich lang. Es sind Listen zu führen, die sich niemand ansieht, Berichte zu verfassen, die nachträglich keiner mehr liest – und das alles auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler. Herr Minister, hören Sie endlich damit auf! Lassen Sie die Lehrerinnen und Lehrer in Ruhe! (Beifall bei den NEOS.)

Schülerinnen und Schüler sind es - - (Abg. Michael Hammer: Mitleidsbekundungen von den NEOS, das war ja kein Applaus! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) – Herr Kollege Hammer, ich sage Ihnen jetzt etwas (Abg. Michael Hammer: Ja, sagen Sie es mir!), Sie sind da nämlich ein ganz spezieller Fall dafür (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP): Schülerinnen und Schüler sind es nämlich, die Ihren – da zähle ich Sie dazu – Bürokratiefetischismus aushalten müssen. Das ist nicht lustig, weil das Konsequenzen hat. Wenn Lehrer keine Zeit zum Unterrichten haben, dann stürzen wir bei allen Testungen ab, und das sehen wir: Rechnen, Lesen, Schreiben – überall nur mehr Mittelmaß, und das ist die nackte Wahrheit. Akzeptieren Sie das endlich einmal! (Abg. Michael Hammer: Applaus bitte! Die lassen ihn komplett verhungern da!)

Herr Minister, im Ausschuss haben Sie beklagt: Die Opposition, die schimpft nur, die kritisiert nur! – Also erstens einmal, Herr Minister, ist die Kernaufgabe der Opposition, zu kontrollieren. (Abg. Schmuckenschlager: Kontrollieren und Kritisie­ren sind zwei ...!) Ohne Kontrolle gibt es keine Demokratie. Das ist übrigens ein Konzept, das man im Schulfach politische Bildung lernen würde. Es ist dringend an der Zeit, dass es auch das gibt.

Herr Minister, wenn Sie uns aber nicht glauben, wenn wir Sie kritisieren, dann hören Sie sich doch einmal an, was die Politikexperten sagen: In der „Kronen Zeitung“ haben letzte Woche (Abg. Schmuckenschlager: Jeannée?) Peter Filzmaier und Thomas Hofer alle Ministerinnen und Minister benotet. Da waren übrigens auch bessere Noten dabei, das war keine Pauschalabrechnung. Schauen Sie sich das einmal an! Ich zeige es Ihnen (eine Tafel mit einer Titelseite der „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile „Schlechte Noten bei Bildung, Integration“ und der Überschrift „Raab, Polaschek & Co.: Diese Minister müssen nachsitzen“ in die Höhe haltend – Zwischenrufe bei der FPÖ): „Raab, Polaschek & Co.: Diese Minister müssen nachsitzen“, „Schlechte Noten bei Bildung“ und „Integration“. – Der Bildungsminister muss sitzenbleiben, das sagt nicht die Opposition, das sagen die Expertinnen und Experten. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Eine Exper­tenzeitschrift, aha! – Abg. Salzmann: Ist die „Krone“ eine Fachzeitschrift, oder wie? – Abg. Disoski: Die „Kronen Zeitung“ ist jetzt super, oder was? – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

So, und jetzt fasse ich Ihnen noch einmal zusammen, was es bräuchte:

Erstens: Bürokratismus radikal reduzieren. Wir verlangen weniger Formulare, weniger Listen, weniger Schikane. Wir fordern 50 Prozent weniger Bürokratie in der Schule.

Zweitens: Vertrauen statt Kontrolle. Machen Sie Vertrauen zum Prinzip und nicht zur Ausnahme! Lehrer:innen sind nämlich Teil der Lösung und nicht Teil des Problems.

Drittens: endlich digitale und userfreundliche Verwaltungsabläufe. Die gehören dringend vereinfacht und Doppelgleisigkeiten gehören beendet.

Viertens: einen neuen Leitsatz: Lehrkräfte lehren lassen und die Verwaltung verwalten lassen. Lassen Sie Lehrerinnen und Lehrer ihren Job machen, indem Sie das Verwaltungspersonal aufstocken, sodass Lehrerinnen und Lehrer dadurch die Möglichkeit bekommen, zu unterrichten! (Abg. Michael Hammer: Jawohl, Herr Gscheit! – Abg. Salzmann: Was ist mit der Redezeit?!) – Ich habe anscheinend noch welche, es tut mir leid, also noch ist sie nicht vorbei. (Ruf bei der ÖVP: Leider!)

Herr Bildungsminister, die Medien haben Ihnen zum wiederholten Male ein Nicht genügend ausgestellt. Als Minister wissen Sie, was Schülerinnen und Schülern droht, wenn sie regelmäßig negativ beurteilt werden. Die Möglich­kei­ten gibt es für Minister aber nicht: Ganz oder gar nicht heißt es da. Nachsitzen, Klasse-Wiederholen gibt es für Minister nicht. Deswegen nützen Sie bitte den Sommer, um in die Gänge zu kommen und eine Vision für das Bildungssystem im Sinne der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Aber Misstrauensantrag gibt es keinen?! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

17.08

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.