Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister!

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„Welche steuerpolitischen Maßnahmen sind für das heurige Jahr noch geplant?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Finanzminister.

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Schönen guten Morgen! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, wir haben steuerpolitisch noch einiges vor. Jetzt gerade am Mittwoch haben wir das Gemein­nützigkeitspaket im Ministerrat beschlossen, womit wir das Spendenwesen in Österreich massiv weiterentwickeln.

Es werden die spendenbegünstigten Zwecke ausgeweitet, es werden auch Verfahrenserleichterungen, Verfahrensvereinfachungen entsprechend umgesetzt. Das Gemeinnützigkeitsrecht insgesamt wird reformiert, es wird mehr Rechtssicherheit geschaffen. Das ist der eine Punkt, der jetzt konkret ist.

Im Herbst müssen wir auch eine EU-Richtlinie umsetzen – nicht nur eine Richtlinie, sondern die EU-Mindeststeuern: ein großes Paket, das viele Jahre diskutiert worden ist und im Herbst umgesetzt wird, sodass multinationale Unternehmensgruppen mit weltweiten Jahresumsätzen von über 750 Millionen Euro auch einen Beitrag zum Steueraufkommen insgesamt leisten. Damit werden diese Vorteile, die eine Gewinnverlagerung in sogenannte Steueroasen mit sich gebracht haben, beseitigt und wird die Wettbewerbsfähigkeit für österreichische Unternehmen entsprechend verbessert.

Dann wird natürlich das letzte Drittel der kalten Progression angegangen werden. Das ist jedes Jahr so. Dazu erwarten wir Ende Juli den Progressions­bericht und auf Grundlage dieses Progressionsberichtes werden wir dann dieses letzte Drittel der kalten Progression entsprechend umsetzen. Das ist sozusagen ein Inflationsvolumen, das dann zielgerichtet wieder an die Bevölkerung zurück­fließen kann.

Eine weitere steuerliche Maßnahme ist auch der Beschluss des Start-up-Förderungspakets, das eine Begünstigung für Mitarbeiterbeteiligungen und Vereinfachungen bringt. Dieses Start-Up-Förderungsgesetz haben wir ja schon auf den Weg gebracht, und nach Ablauf der Begutachtungsfrist wird das dann entsprechend umgesetzt werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Ja, aber, Herr Minister, meine Zusatzfrage hätte das Gemeinnützigkeitspaket betroffen, und diesbezüglich haben Sie schon geantwortet. – Danke schön.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Minister! Sie wissen ja, immer mehr Menschen arbeiten Teilzeit. Das hat viele Gründe, unter anderen auch schlecht ausgebaute Kinderbetreuungseinrichtungen in gewissen Bereichen. Es gibt aber auch andere Gründe.

Ein Grund, den ich sogar sehr gut nachvollziehen kann, ist, dass es sich einfach nicht mehr rentiert, weil der Staat oder Sie den Menschen immer mehr aus der Geldtasche nehmen. Das verschärft zusätzlich den Arbeitskräftemangel und wird vor allem zu einem späteren Zeitpunkt ein wirklich großes Problem, nämlich wenn es dann um die Pensionen geht.

Welche steuerpolitischen Maßnahmen plant die Bundesregierung heuer noch, damit es Anreize für Arbeitnehmer:innen gibt, Vollzeit zu arbeiten?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich muss das, glaube ich, klarstellen: Wir nehmen nicht aus der Tasche, sondern wir geben zurück. Das ist, glaube ich, mit diesen unterschiedlichsten Maßnahmen, die wir gesetzt haben, offensichtlich: von der Steuerreform, im Rahmen derer die Tarifstufen gesenkt werden, über die Abschaffung der kalten Progression bis hin zur Valorisierung der Sozialleistungen. Das sind ja alles strukturelle Reformen und strukturelle Maßnahmen, mittels derer wir den Menschen mehr zum Leben lassen. Also das war, glaube ich, ein Missverständnis von Ihnen. (Heiterkeit der Abg. Seidl.) Das aber nur zur Klarstellung:

Was macht man, um die Menschen mehr in die Vollzeit zu bringen und insgesamt im Arbeitsleben zu halten? Martin Kocher verhandelt da ja ein großes Leistungspaket. Wichtig ist es, glaube ich, schon, dass insbesondere älteren Arbeitnehmern ermöglicht wird und es für sie attraktiver gestaltet wird, länger im Arbeitsmarkt zu bleiben. Das ist das eine ganze Entscheidende.

Wir haben – laut Studien – das Potenzial von circa 40 000 Menschen, die gerne länger arbeiten würden, aber das ist steuerlich nicht so ganz attraktiv, und ich glaube, da muss man einiges sowohl im Pensionsversicherungsbereich als auch im steuerlichen Bereich machen, um dieses Weiterarbeiten auch attraktiver zu gestalten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Bundesminister! Vor wenigen Tagen hat die Oesterreichische Nationalbank die neueste Auswertung vorgelegt: 335 Österreicher und Österreicherinnen – hauptsächlich leider Männer – besitzen ein Drittel des gesamten Finanzvermögens, und zwar ausschließlich aus leistungslosen Vermögenszuwächsen. (Abg. Loacker: Woher willst du das wissen?)

Welche Vorschläge gedenkt diese Bundesregierung und gedenken insbesondere Sie, Herr Bundesminister, vorzulegen, wie wir dieses Ungleichgewicht leistungsloser Akkumulation von Vermögen zugunsten jener, die nichts haben, reduzieren?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Die erste Aussage mit den Zahlen kann ich nicht nachvollziehen. Ich wüsste auch nicht, woher die Nationalbank das wissen sollte. Wenn Sie es wissen und eine Studie dazu haben, wunderbar – ich wüsste nur nicht, wo sie das herhat, aber okay. (Abg. Matznetter: Oesterreichische Nationalbank! – Abg. Michael Hammer: Vom Momen­tum-Institut!)

Was machen die österreichische Bundesregierung und das Parlament Gott sei Dank? – Sie entlasten Menschen. Unser Zugang ist, dass man die Leute nicht belastet, sondern entlastet. Ich glaube, das unterscheidet uns auch ein bisschen, aber das ist okay. Es ist auch in Ordnung, wenn man unterschiedliche Zugänge hat. Wie gesagt: Wir wollen entlasten. Das haben wir mit der Steuerreform, mit der Abschaffung der kalten Progression massiv gemacht, und wir haben dann doch ein aus meiner Sicht durchaus intelligentes Konzept bei der kalten Progression umgesetzt, nämlich dass man sich ein Drittel noch freihält, das zwar verpflichtend zurückgegeben werden muss, mit dem aber die sozial Schwächeren – die, die Steuern zahlen – noch mehr unterstützt werden können.

Ich glaube also, dass das sehr ausgewogen und fair ist. Unser unmittelbarer und prinzipieller Zugang ist aber, Menschen zu entlasten und nicht zu belasten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.