10.36

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident, würden Sie für Ruhe sorgen? – Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister, ich freue mich, dass Sie heute den Staatssekretär vertreten. Wir sind eigentlich in einer Zeit einer Revolution, einer Umwandlung in vielen Bereichen, in der Bildung, am Arbeitsmarkt und so weiter, und ich glaube schon, dass es nicht Aufgabe des Parlaments ist, die Ministerinnen und Minister oder die Staatssekretäre aufzufordern, zu hören, was das Kontrollorgan zu diesem Thema zu sagen hat. Ich finde das fadenscheinig und ich finde es wichtig, dass wir uns da als Kontrollorgan auch entsprechend zu Wort melden. (Beifall bei der SPÖ.)

Bedauerlich ist, dass die Ausschussvorsitzenden nicht anwesend sind. Wir nehmen das zur Kenntnis und machen weiter die Arbeit auch für diese Regierung mit.

Es geht heute um das Thema digitale Souveränität durch Open Source. Wie Sie wissen, ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung von Digita­lisie­rung die Rede, sie wird immer mehr durchdrungen von Digitalisierung. Digitalisierung ist kritische Infrastruktur, und der Staat ist nicht mehr handlungs­fähig, wenn sie nicht funktioniert.

Gerade aus diesem Kontext heraus ist es wichtig, dass diese Infrastruktur sicher ist, der Staat muss digitale Verwaltungsprozesse kontrollieren, verstehen, nachvollziehen und selbstständig gestalten können. Eine Studie des deutschen Innenministeriums hat 2019 aufgezeigt: Es gibt große Abhängigkeiten von wenigen Anbietern; Abhängigkeit ist besonders kritisch im Hinblick auf den Datenschutz und die Informationssicherheit; dominante Unternehmen haben Einfluss auf Preisgestaltung und Innovation; und die digitale Souveränität ist gefährdet. Eine Anfrage an den Bundeskanzler in Österreich zu diesem Thema hatte zur Antwort: Das ist vergleichbar.

Staaten und Unternehmen nutzen digitale Abhängigkeiten und Marktmacht, um Druck auszuüben. Digitale Abhängigkeit erzeugt nicht nur politische Abhän­gigkeiten, es ist auch schlecht für die Kosten, für die Ausgaben des Staates für IT-Entwicklung. Es schwächt die Innovationsfähigkeit sowie die Fähigkeit, die Infrastruktur nach eigenen Bedürfnissen und Werten aufzubauen – wieder einmal Datenschutz als Beispiel.

Der Einsatz von Microsoft- und Google-Produkten an Schulen, obwohl der Datenschutz nicht gesichert ist und die Jugendlichen zu passiven Nutzern und nicht aktiven Anwendern werden, ist ebenfalls problematisch.

Eine weitere Entwicklung bezüglich Abhängigkeit sehen wir darin, dass die Menschen, die Förderungen zum Beispiel im Sozialbereich – jetzt im Rahmen der Teuerung – beantragen möchten und müssen, nicht in der Lage sind, diesen Antrag auch zu stellen.

Es muss digital geschrieben werden, zusätzlich sind Tausende Informationen zu berücksichtigen, und gerade jene Menschen, die diese Gelder brauchen, können nicht einmal ihr Recht durchsetzen, weil sie keinen Computer haben oder nicht in der Lage sind, diese Sachen zu beantragen.

Wie wir wissen, gibt es ein Gesetz, dass man die Bürgerrechte sowohl analog als auch digital ausüben können muss, und ich würde wirklich darum bitten, diese Form der Ausgrenzung und des Verunmöglichens der Teilhabe auch bei allen notwendigen und wichtigen Komponenten und Umset­zungsmöglichkeiten der Digitalisierung mitzuberücksichtigen.

Natürlich ist es in vielen Bereichen leichter und man braucht weniger Personal, aber es gibt auch eine Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und den Bürgern, die ihr Recht so nicht durchsetzen können. Wir selbst haben probiert, da zu helfen: Wir brauchen dringend Dienstleistungen in diesem Bereich, womit sich die Menschen dieses Recht nehmen können, ohne dass sie das digital machen oder einen Computer zur Hand nehmen müssen, was für viele auch gar nicht verständlich ist.

Ich möchte auch darauf zu sprechen kommen, dass man in vielen EU-Ländern und in der Europäischen Kommission damit begonnen hat, digitale Abhän­gigkeiten zu verringern, und dabei auch auf die Vorteile von Open Source setzt. Ich freue mich, dass wir das hier debattieren und diesen Antrag, der die Stärkung der digitalen Souveränität der öffentlichen Verwaltung durch flexi­bleren und vermehrten Einsatz von Open Source zum Ziel hat, gemeinsam beschließen.

Open Source ist nicht nur wichtig für die Souveränität, sondern ist auch aus folgendem Grund wichtig: Wenn ein Staat die Nachfrage ankurbelt, dann gibt es auch positive Effekte im Wettbewerb und für österreichische IT-Unternehmen. Eine Studie der EU-Kommission hat gezeigt, dass Investitionen in Open Source ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1 : 4 und 1 : 10 haben. Open-Source-Angebote erleichtern Start-ups und KMUs den Markteinstieg und die digitale Transformation.

Damit wir die Vorteile von Open Source in der öffentlichen Verwaltung und für die Wirtschaft nutzen können, brauchen wir auch Fachkräfte und entsprechende Expert:innen. Dazu braucht es aber auch umfassende Lehrpläne für Schüler:in­nen, die die Chance bekommen müssen, frühzeitig zu lernen, wie man kreativ mit Open Source umgeht, und deshalb darf ich bitten, dass – so wie wir es im Ausschuss gemacht haben – alle diesen wichtigen Antrag unterstützen und der Jugend die Chance geben, sich jetzt schon zu überlegen, welche Open-Source-Formate sie brauchen, was sie wie einsetzen wollen, um nicht von amerika­ni­schen Großkonzernen abhängig zu werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte.