12.20

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verhandeln in diesem Tagesord­nungspunkt das Gesellschaftsrechtliche Mobilitätsgesetz, eine EU-Richtlinie, die bis Jänner 2023 hätte umgesetzt werden sollen und jetzt umgesetzt werden wird – mit Mehrheitsentscheidung von ÖVP und Grünen und möglicherweise auch anderen Parteien, jedoch ohne unsere Zustimmung. Ich möchte Ihnen auch gerne erklären, warum wir diesem Gesetz keine Zustimmung erteilen.

Ohne Frage, internationale Unternehmen, Großkonzerne, die auf mehreren Ebenen agieren, sind per se nicht zu verurteilen. Wir unterstützen das, wir brauchen eine gute, florierende Wirtschaft, und dem ist nichts entgegenzu­hal­ten. Was ich aber hier kritisiere, ist, dass Sie eine Chance, die sich mit diesem Gesetz ergibt, nicht nützen.

Wir wissen, dass in Österreich nicht weniger als über 1 000 Menschen um ihre Existenz bangen. Wir haben gehört, dass das Kika/Leiner-Insolvenzverfahren das größte der letzten zehn Jahre ist. Wir haben auch gesehen, mit welchen Gesell­schaftskonstruktionen 300 Millionen Euro aus einem gut laufenden, florierenden Unternehmen entnommen werden können, eben durch Umgründungen, durch Spaltung, und so den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Wahrheit entzogen werden und wie Vertriebsgesellschaften dann in Konkurs geschickt werden. Und dieses Gesetz hätte uns die Möglichkeit gegeben, da ein paar Punkte zu setzen. Sie, jene Parteien, die sich an die Fahnen heften, Wirtschaftskompetenz zu haben und so bürgerinnen- und bürgerfreundlich zu sein, könnten hier etwas tun, tun aber nichts – nichts, um diese missbräuchlichen und teilweise auch betrüge­rischen Absichten zu unterbinden!

Sie könnten hergehen und bei dieser grenzüberschreitenden Umstrukturierung missbräuchlichen und betrügerischen Absichten entgegenstehen, indem Sie verhindern, dass Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte umgangen werden können, weil man mit diesem Gesetz natürlich bei derartigen Gesell­schafts­formänderungen den hier gewachsenen Strukturen, nämlich Arbeitneh­mer:innen in Aufsichtsräten, die Möglichkeiten nehmen kann.

Sie könnten, was diese Unternehmen durch Umgründungen auch machen, nämlich den nationalen Staaten, in diesem Fall Österreich, Sozialver­sicherungszahlungen vorzuenthalten, einen Riegel vorschieben. Das machen Sie aber nicht!

Sie könnten auch steuerliche Aspekte einbauen. Sehr viele dieser Unternehmen haben in der Coronazeit aus dem Vollen geschöpft, Millionen haben sie sich ungeprüft und am Parlament vorbei geholt, öffentliche Gelder mitgenommen –nach Vorgaben einer privatrechtlichen Gesellschaft, die Sie – ÖVP und Grüne – ermöglicht haben! Sie könnten dem mit diesem Gesetz, das Sie heute hier beschließen, einen Riegel vorschieben.

Sie könnten aber auch das, was jetzt bei Kika/Leiner passiert ist, was durch René Benko perfektioniert wurde, verhindern, indem Sie sagen: Aha, es gibt die Verpflichtung zur Veröffentlichung, wenn solche Vorhaben geplant sind.

Dann könnten wir all das, was meine Kollegin Julia Herr im vorhergehenden Diskussionspunkt eingebracht hat, diese fünf Punkte, auch hineinnehmen, unter anderem auch, um Missbrauch von Fördergeldern zu vermeiden. Das alles tun Sie nicht und vergeben hiermit eine Chance. Daher, Frau Ministerin, werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.