13.43

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle betreffend Änderung im Maßnahmenvollzug betrifft insbesondere den Bereich der Jugend­kriminalität. Das ist ein doch sehr sensibler Bereich, sowohl in der Gesell­schaft als auch in der Politik, in dem wir hier besonders gefordert sind.

Eines ist glaube ich immer auch voranzustellen: Kein Kind, kein Mensch kommt kriminell auf die Welt. Viele junge Leute müssen das ausbaden, was ihre Um­gebung an Vernachlässigung zu verantworten hat.

Ich habe mir jüngst die Zahlen betreffend Jugendkriminalität angesehen. In Deutschland stagnieren die Zahlen. Es ist dort auch kein klarer Trend absehbar, aber interessant ist, dass sich die Zahlen in manchen Bundesländern zwischen 2012 und 2022 mehr als halbiert haben. Es gibt eben regional sehr starke Unterschiede.

In Österreich ist es so, dass seit Längerem eher eine leicht steigende Tendenz zu beobachten ist. Das betrifft vor allem die klassische Straßenkriminalität, es gibt aber auch insgesamt mehr Tatbestände, als es sie früher gegeben hat. Dazu zählen zum Beispiel das Cybermobbing, Drohungen und auch Betrug im Internet.

Bei der Jugendkriminalität hat natürlich die Prävention eine sehr große Bedeu­tung, und da müssen die Behörden auch übergreifend, gemeinsam agieren. Das geschieht sehr oft, dass Jugendamt, Jugendzentren, Schulen wie auch Sozialar­beiter zusammenarbeiten und auch in die Schulen gehen.

Eine unterschiedliche Entwicklung ist in den letzten Jahren auf Bundesebene feststellbar, zum Beispiel bei der Jugendgerichtsbarkeit. Ich erinnere daran, dass vor 20 Jahren unter Schwarz-Blau der Jugendgerichtshof aufgelöst wurde; das ist damals in Fachkreisen sehr stark kritisiert worden. Nun ist es das Ziel der Bundesregierung, bei der Unterbringung von Jugendlichen nachzubes­sern. Konkret handelt es sich bei dieser Novelle, die mit dem Maßnahmen­vollzugsanpassungsgesetz im September 2023 in Kraft tritt, um Folgendes: Beispielsweise sollen künftig bei längeren Unterbringungen – also bei solchen von über zehn Jahren – verpflichtende Fallkonferenzen stattfinden, um den Untergebrachten bei einer bedingten Entlassung den bestmöglichen Start zu ermöglichen. Solche Fallkonferenzen sollen zumindest alle drei Jahre stattfinden.

Die Nachbesserungen mögen natürlich in Ordnung sein, was aus unserer Sicht aber außer Acht gelassen wird, ist das zentralere Problem, nämlich was mit den straffälligen Jugendlichen in Österreich nach deren Entlassung passiert. Das fragen sich auch Fachleute, und ich möchte da Frau Strafrechtsprofessorin Katharina Beclin zitieren, die Folgendes sagt: „Ich sehe da große Probleme auf uns zukommen [...]. Personen, die bisher in einem geschlossenen System waren, wo ihnen komplett alles abgenommen wurde, werden von einem Tag auf den anderen auf die Straße gesetzt“. – Es sei nicht gewährleistet, dass die bei Einweisung Gefährlichen und bei der Entlassung womöglich nicht Geheilten ihre Medikamente nehmen.

Ich darf daraus politisch folgern, dass es unter Schwarz-Blau mit Verschlech­terungen beim Einsperren von Jugendlichen angefangen hat, und Schwarz-Grün führt das heute bei der Entlassung von jungen Menschen fort, das geht nahtlos weiter. (Abg. Kugler: Haben Sie die Vorlage gelesen?) – Ja! (Abg. Steinacker: Wirklich?)

Einige Kritikpunkte im Entschließungsantrag, die wir haben, wurden auch von unserem Kollegen Dr. Margreiter berücksichtigt. Dem werden wir unsere Zustimmung geben; die Novelle lehnen wir ab. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.