14.03

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Frau Minister! Man hat bei der FPÖ das Gefühl, es ist ihr lieber, dass wir ein schlechtes Gesetz haben, damit sie sich darüber aufregen kann, als dass sie mitwirkt, ein gutes Gesetz zu erstellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Lausch: Das ist eine Überheblichkeit!)

Herr Lausch, ich komme noch zu Ihnen und auch zu den anderen Kollegen, aber ich möchte zuerst einmal erklären, worum es hier eigentlich geht: Wir haben im November 2022 auf Wunsch der Justizministerin begonnen, den Maßnah­men­vollzug zu reformieren. Das ist wichtig, und seit vielen Jahren sagen wir, dass da etwas getan werden muss. Damals wurde ein Gesetz eingeführt, das wir jetzt ändern. (Abg. Lausch: Euer Gesetz! Ein schwarzes Gesetz!)

Laut diesem Gesetz ist es so, dass ein Jugendlicher, wenn er eingesperrt wurde und dann mehr als 15 Jahre im Vollzug war, wegen einer neu eingeführten Höchstgrenze mit 1. September entlassen werden sollte. Nach vielen Gesprächen der Justizministerin mit den Ländern und den Betroffenen und den Vertretern der unterschiedlichen betreuenden Sparten ist sie zum Schluss gekommen, dass man das ändern muss und dass das mit 1.9. so nicht geht. Das beschließen wir heute. Ich sage nur in Stichworten – auch für Frau Becher interessant –: keine Höchstgrenze von 15 Jahren, diese Höchstgrenze wird mit dieser Novelle abgeschafft. (Abg. Lausch: Das ist ein Unglück!) – Nein, Entschuldigung, Herr Lausch, verstehen Sie nicht, was 15 Jahre Höchstgrenze heißt? Das heißt, dass man nicht länger als 15 Jahre im Vollzug bleiben darf, sondern dann entlassen werden muss. (Abg. Stefan: Das haben wir ja kritisiert!) Wir schaffen das ab.

Es kommt hinzu, dass regelmäßige Fallkonferenzen stattfinden müssen. Warum? – Weil wir nicht sagen können: Du bist als Jugendlicher mit einer psychischen Störung straffällig geworden, du bleibst jetzt für immer im Gefängnis! – Wir nehmen uns die Zeit, uns mit allen Experten und dem Umfeld der betreffenden Person zusammenzusetzen und zu fragen: Wie geht es dir und was sind deine Chancen? – Das ist wichtig, und für alle betroffenen Fälle sollen diese Konferenzen noch in diesem Jahr beginnen.

Weiters ändern wir, dass es für die Entlassung eine gerichtliche Anordnung braucht, was bedeutet, dass dann auch Weisungen gegeben werden können, welche Art von Nachbetreuung stattfinden soll. Auch das ist ganz wichtig. Eine weitere kleine Änderung: Nachbetreuung kann nicht nur durch Psychiater stattfinden, sondern auch durch Psychologen, weil wir nicht ausreichend Personal haben. (Abg. Lausch: Das ist ja schlimm!)

Das, Herr Lausch, ist es, was wir heute beschließen. (Abg. Lausch: Das wollen wir nicht! Wir wollen das nicht!) – Frau Becher, das ist es, was wir beschließen. Was machen Sie? – Frau Becher erzählt uns etwas zum Thema Jugendkriminalität, worum es überhaupt nicht geht, und liest uns die Rechtsmeinung einer Profes­sorin der Uni Wien vor, die sich auf die alte Rechtslage bezieht, nicht auf das, was wir hier machen. Genau diese Rede, Frau Becher, hätten Sie vor sechs Monaten halten müssen, da wäre sie ein guter Beitrag in der Diskussion gewe­sen. Frau Becher, diese Änderung, die Sie hier angesprochen haben, ist übrigens nicht schwarz-blau, sondern stammt erst von vor einem halben Jahr. Damals hat uns Ihr Beitrag gefehlt.

Herr Lausch, als Sie angefangen haben, zu reden, habe ich mich schon gefreut und mir gedacht, Sie haben vielleicht doch die Unterlagen gelesen. Im Ausschuss hatten Sie sie ja nicht gelesen, das war eindeutig. Als ich Ihnen dann weiter zugehört habe, ist mir dann aber die Hoffnung wieder geschwunden, denn Sie sagen, die Entlassungen würden einfach verschoben. Das stimmt ja gar nicht. (Abg. Lausch: Sicher!) Wir haben jetzt Fallkonferenzen, die entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen eine Entlassung geht. Wenn keine Entlassung möglich ist, dann kommt es auch nicht zu einer Entlassung. Herr Lausch, das ist nicht kompliziert, das sind eineinhalb Seiten zu lesen. (Abg. Lausch: Aber gefähr­lich! Gefährlich ist es!) Ich verstehe nicht, was Sie da nicht verstehen. Hauptsache, Sie können sich aufregen, aber Sie wollen nicht dazu beitragen, hier eine ordentliche Lösung zu finden. Was wir heute machen, ist eine ordentliche Lösung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Kollege von den NEOS wird erst sprechen, aber wir haben heute auch TOP 9, also seinen Antrag, auf der Tagesordnung, und ich möchte den NEOS kurz Folgendes sagen: Die NEOS möchten laut ihrem Antrag an den frühzeitigen Entlassungen festhalten. Damit, liebe NEOS, scheren Sie jeden Fall über einen Kamm. Die Menschen sind unterschiedlich, die Fälle sind unterschiedlich, man kann eben nicht sagen: Wir halten daran fest, dass man spätestens nach 15 Jahren entlassen werden muss! – Das geht nicht, weil die Fälle so unter­schiedlich gelagert sind. Ja, Sie haben recht, es braucht mehr Nachbetreuung. Das tun wir ja auch. Auch dafür ist heute dieser Antrag da. Zu sagen, es geht nur bis 15 Jahre, das geht sich aber nicht aus. Warum, haben die Vorredner eh gut erklärt. Hier können wir dem Antrag der NEOS also nicht folgen.

Nun haben wir aber, wenn wir beim Maßnahmenvollzug sind, diese Reform noch nicht abgeschlossen. In den letzten Wochen gab es zahlreiche Vorwürfe, auch vom Antifolterkommitee des Europarates, die sagen, in Österreich ist es noch nicht so gut, wie es sein sollte: Isolation, marode Zustände und so weiter. Die Frau Minister hat sehr deutlich gesagt, dass sie das jetzt ganz engagiert angehen wird, damit wir die Situation für alle Betroffenen verbessern können.

Jetzt kommt der Sommer, und einige Abgeordnete denken schon an Blumen­wiesen. Dieses Thema ist zu wichtig! Wir brauchen mehr Personal, wir brauchen Projekte, um mehr Personal zu finden. Wir brauchen weiterhin eine Reform des Maßnahmenvollzugs – wir müssen ihn, wie Sie, Frau Minister, selber gesagt haben, ins 21. Jahrhundert holen. Wir müssen den betroffenen Menschen im Maßnahmenvollzug Perspektiven eröffnen, aber wir dürfen sie nicht alle über einen Kamm scheren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.09

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.