14.17

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz im Parlament beschlossen, und ich habe schon damals darauf hingewiesen, dass ich das für eine sehr wichtige Reform halte, weil wir diesen Maßnahmenvollzug endlich ins 21. Jahrhundert bringen, weil wir endlich 50 Jahre Stillstand im Maßnahmenvollzug beenden und mit dieser Reform endlich Bewegung in das Ganze kommt. Ich halte das für richtig, ich halte das für wichtig und längst an der Zeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, die Umsetzung der Reform ist nicht einfach. Warum ist die Umsetzung der Reform nicht einfach? – Weil man sich immer, wenn es um psychisch kranke Menschen gegangen ist, auf die Justiz verlassen hat. Man hat immer psychisch kranke Menschen eingesperrt. Psychisch kranke Menschen – das wurde heute schon ein paar Mal gesagt – müssen behandelt werden. Dafür gibt es Psychi­atrien, dafür gibt es Krankenhäuser, dafür gibt es den Gesundheitsbereich.

Deswegen müssen wir im Maßnahmenvollzug einmal starten. Wir müssen das, womit uns der Menschenrechtsgerichtshof beauftragt hat, endlich auch erfüllen, nämlich tatsächlich diesen Maßnahmenvollzug reformieren und dafür sorgen, dass nur jene, die gefährlich und psychisch krank sind, im Maßnah­menvollzug eingesperrt sind, und jene, die behandelt werden sollen, woanders behandelt werden, nämlich in Psychiatrien und Krankenanstalten. (Beifall bei den Grünen.)

Genau deswegen haben wir ja in diesem Gesetzentwurf auch eine mehrmona­tige Übergangszeit vorgesehen: damit man für jene Personen, die entlassen werden sollen, tatsächlich auch ein Entlassungsmanagement vorsieht, tatsächlich auch anschaut: Was kann passieren? – Es kommt zu Sozialtrainings, man spricht mit der Bewährungshilfe, man spricht mit den Familien, es kommt zum Austausch mit Stakeholder:innen, nämlich auch den Ländern. Weil: Letzten Endes sind die Länder jene, die diese Personen übernehmen müssen.

Ja, es hat sich herausgestellt, dass Corona nicht spurlos an uns vorübergegangen ist. Es hat sich auch herausgestellt, dass die Voraussetzungen außerhalb des Maßnahmenvollzugs in den psychiatrischen Versorgungseinrichtungen nicht ausreichend gegeben sind. Und ja, da müssen wir auch Verantwortung überneh­men für jene Personen, die bereits jetzt im Maßnahmenvollzug sind. – Genau deswegen ändern wir das.

Bei jenen Personen, die im Maßnahmenvollzug drinnen sind, bei denen teilweise bereits ein Hospitalisierungseffekt eingetreten ist, schauen wir uns in Fallkon­ferenzen noch einmal an, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung gegeben sind oder nicht. Warum sage ich: bedingt? – Es kam nach der Begut­achtungsfrist die Kritik von einigen Professoren, die gesagt haben, es wäre ganz gut, wenn man nicht sofort entlässt, sondern bedingt entlässt, damit man unter Auflagen schauen kann, ob sich die Person in der Freiheit bewährt oder nicht.

Genau aus diesen Gründen gehen wir jetzt auf dieses System zurück, dass man nach einer Fallkonferenz mit all diesen Gegebenheiten, mit all den Voraus­set­zun­gen, die in der Fallkonferenz zutage gekommen sind (Abg. Hörl: Das dauert Jahrhunderte, ...!), zum Gericht geht und das Gericht noch einmal entscheidet, ob bedingt entlassen werden soll oder nicht. Ich halte das für einen sehr, sehr wichtigen Schritt.

Herr Abgeordneter Margreiter, Sie haben gesagt, das Kernstück der Reform wird jetzt zurückgenommen. – Das stimmt ja so nicht. Der Kernpunkt dieser Reform war die Anpassung der Voraussetzungen, und die Voraussetzungen, nach denen jemand in eine Maßnahme eingewiesen wird, bleiben die gleichen.

Das heißt, wir haben die Voraussetzungen für die Einweisungen nachgebessert, wesentlich nachgebessert, so wie es der Europäische Gerichtshof für Men­schenrechte auch gesagt hat, und die bleiben die gleichen; für jene Personen, die jetzt im Maßnahmenvollzug drin sind, übernehmen wir aber die Verantwor­tung. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.21